Abu Talib

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Grab von Abū Ṭālib

ʿAbd Manāf b. ʿAbd al-Muṭṭalib b. Ḥāšim (arabisch: عَبد مَناف بن عَبدالمُطَّلِب بن هاشِم), bekannt als Abū Ṭālib (arabisch: اَبوطالِب), war der Vater von ʿAli b. Abī Ṭālib (a.), der Onkel des Propheten (s.) und ein Adliger Mekkas aus dem Stamme der Banū Hāšim. Nachdem sein Vater ʿAbd al-Muṭṭalib (a.) gestorben war, übernahm er die Vormundschaft über Muḥammad (s.) seinen Neffen. Er unterstützte den Propheten (s.) während seiner prophetischen Mission mit all seinen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen.

Immer schon war Abū Ṭālibʿs Glaube Gegenstand schiitisch-sunnitischer Kontroversen. Es liegen zahlreiche historische sowie auf Überlieferungen stützende Argumente vor, welche dafür sprechen, dass Abū Ṭālib an den Propheten (s.) glaubte bzw. ein Muslim war. Es werden Abū Ṭālib Gedichte zugeschrieben, an denen sich sein Glaube an den Islam und an die Prophetie Muḥammadʿs als wahr erweisen lässt. Am 26 Rağab, 10 Jahre nach der Biʿṯat schloss er für immer die Augen und wurde in Mekka neben dem Grab seines Vaters ʿAbd al-Muṭṭalib auf dem al-Ḥağūn-Friedhof beigesetzt.

Abstammung

Den Genealogen nach war der Name und die Abstammung von Abū Ṭālib, ʿAbd Manāf b. ʿAbd al-Muṭṭalib b. Hāšim b. ʿAbd Manāf b. Quṣei b. Kilāb. Sein Kunya (Beiname) war Abū Ṭālib, worunter er auch am bekanntesten war.[1] Ibn ʿInaba hält jene Überlieferung, in der er ʿImrān genannt wird, als unauthentisch.[2] 35 Jahre vor der Geburt des Propheten (s.) erblickte Abū Ṭālib das Licht der Welt. Sein Vater ʿAbd al-Muṭṭalib (a.) war der Großvater des Propheten (s.), der laut Historikern von allen arabischen Stämmen als Adliger und als ein Prediger des monotheistischen Glaubens des Propheten Ibrāhīms (a.) (Abraham) angesehen wurde. Seine Mutter war Fāṭima, die Tochter von ʿAmr b. ʿAʿiḏ al-Maḫzūmī[3], welche auch die Mutter von ʿAbdullah, dem Vater des Propheten, war.[4]

Frau und Kinder

Abū Ṭālib hatte vier Söhne. Gemäß ihrer Altersreihenfolge waren es Ṭālib, ʿAqīl, Ğaʿfar und ʿAlī (a.). In den Geschichtsquellen werden auch Umm Hānī - Fāḫita - und Ğumāna als seine Töchter angeführt [5] wie auch der Name Rayṭa (Asmāʿ) für eine weitere Tochter ewähnt wird. Alle seine Kinder waren von Fāṭima bt. Asad. Es heißt aber auch, dass er noch ein Kind namens Ṭulaiq hatte, dessen Mutter ʿAlla gewesen sein soll.[6]

Sozialer Status, Beruf und Eigenschaften

Abū Ṭālib hatte kurze Zeit zwei Ämter inne, einmal als Gastgeber der Ḥadğğ-Pilger und einmal als Verantwortlicher für die Wasserversorgung der Ḥadğğ-Pilger in Mekka.[7] Er handelte aber auch mit Weizen und Parfüm.[8] Laut einer Überlieferung von Imam ʿAlī (a.), einhergehend mit dem, was Historiker über Abū Ṭālib berichteten, heißt es: Er genoss trotz seiner Mittellosigkeit im Stamme der Quraiš große Anerkennung und galt als ein charismatischer, ehrwürdiger und weiser Mann.[9] Über seine Großzügigkeit wird gesagt, dass vor dem Tag, an dem er Speisen an Bedürftige verteilte, niemand im Quraiš-Stamm so etwas getan hatte.[10] Er war der allererste, der in der vorislamischen Ğahiliyya-Zeit die Regel initiierte, das Bluträcher bei einer Zeugenaussage auch einen Schwur ablegen müssen, eine Vorschrift, welche später auch der Islam unterschrieb.[11] Gemäß einer Überlieferung von al-Ḥalabī verwehrte er, aufgrund des Verhaltens seines Vaters, auch das Trinken von Wein.[12]

Übernahme der Vormundschaft des Propheten

Auf Geheiß seines Vaters übernahm Abū Ṭālib die Vormundschaft von Muḥammad (s.), seinem achtjährigen Neffen.[13] Dementsprechend sagt Ibn Šahr Āšūb: Auf seinem Sterbebett rief ʿAbd al-Muṭṭalib (a.) Abū Ṭālib herbei und sagte zu ihm: "O mein Sohn! Du weisst, wie groß meine Liebe zu Muḥammad (s.) ist. Wie wirst du nun meinen Willen ihn bezüglich umsetzen?" Abū Ṭālib antwortete: "Du brauchst mir nicht bezüglich Muḥammad (s.) etwas empfehlen, denn er ist mein Sohn und mein Neffe!" Als ʿAbd al-Muṭṭalib (a.) starb, bevorzugte Abū Ṭālib Muḥammad (s.) in Sachen Nahrung und Kleidung vor sich selbst und seiner eigenen Familie.[14] Darüber hinaus schreibt Ibn Hāšim, Abū Ṭālib schenkte Muḥammad (s.) besondere Aufmerksamkeit und gab ihm mehr Liebe als seinen eigenen Kindern, er gab ihm das beste Essen und ein Bett gleich neben seines und er versuchte ihn immer mit sich zu nehmen.[15] Wann immer Abū Ṭālib seinen Kindern Essen geben wollte, sagte er ihnen: Wartet, bis mein Sohn (Muḥammad) kommt!.[16]

Unterstützung des Propheten (s.)

Historische Berichte deuten auf Abū Ṭālibʿs uneingeschränkte Unterstützung für den Propheten (s.) gegenüber dem Druck und der Bedrohung durch die Quraiš hin. Obwohl Abū Ṭālib zu Beginn der prophetischen Mission Muḥammadʿs 75 Jahre alt war, begleitete er ihn stets bei seiner Mission und tat während der Treffen und Gespräche mit den Oberhäuptern des Quraiš-Stammes offiziell seine Unterstützung für den Propheten (s.) kund.[17] Nach al-Yaʿqūbī ging diese Unterstützung so weit, dass Abū Ṭālib und seine Ehefrau wie Eltern für Muḥammad wurden.[18]

Die Quraiš boten Abū Ṭālib, ʿAmara b. Walīd Maḫzūmī, einen gut aussehenden und kräftigen jungen Mann als Adoptivkind an, um dann von ihm den Propheten (s.) zu übernehmen. Abū Ṭālib aber lehnte diesen Vorschlag entrüstet ab und tadelte sie.[19] Der Prophet (s.) sagte am Todestag Abū Ṭālibʿs: Solange Abū Ṭālib lebte fürchteten die Quraiš mich.[20] Scheich al-Mufid überliefert, als Abū Ṭālib starb stieg der Engel Gabriel auf den Propheten (s.) herab und sagte ihm: Verlasse Mekka, da du keine Unterstützung mehr in dieser Stadt hast.[21]

Gedichte

Hauptartikel: Gedichtsammlung von Abū Ṭālib

Seine Gedichte überschreiten 1000 Verse, die als Diwan Abū Ṭālib bekannt sind. Seine Gedichte bestätigen seine Unterstützung und seine Anerkennung der Prophetie des Propheten Muḫammads (s.). Sein berühmtestes Gedicht ist eine Ode namens Qasidat al-Lamiyya, die den Propheten lobt.[22]

Glaube

Hauptartikel: Der Glaube von Abū Ṭālib

Es gibt viele Streitigkeiten zwischen Schiiten und Sunniten über den Glauben von Abū Ṭālib. Die schiitische Denkschule glaubt, dass Abū Ṭālib ein Muslim war, wie in den Überlieferungen der Ahl al-Bait (a.)[23] berichtet wird, während sunnitische Historiker behaupten Abū Ṭālib habe den Islam nicht offiziell anerkannt und sei demnach als Polytheist gestorben.[24]

Das Friedhof von Abū Ṭālib

Ableben

Es gibt unterschiedliche Meinungen über das Datum des Todes von Abū Ṭālib. Scheich aṭ-Ṭūsī gab den 26. Rağab, im zehnten Jahr des Biʿṯat als den Tag seines Todes an.[25] al-Yaʿqūbī erwähnt den Todestag von Ḫadīğa (a.) im Monat Ramaḍān, und sagt, dass Abū Ṭālib drei Tage später im Alter 86 oder 90 verstarb.[26] Einige erwähnten den 1. Ḏu al-Qa'da und den 15. Šawwāl.[27]

Am Tage seines Todes befahl der Prophet (s.), während er sehr traurig und in Tränen aufgelöst war, Imam ʿAlī (a.), ihn zu baden, zu verhüllen und um Gnade für ihn zu bitten.[28][29] Und als er seine Grabstätte erreichte, sagte er: Ich werde so für dich um Vergebung bitten und Fürsprache einlegen, dass sich die Dschinn und die Menschen überrascht werden.[30] Sein Leichnam wurde in Mekka neben dem Grab seines Vaters ʿAbd al-Muṭṭalib auf dem al-Ḥağūn-Friedhof begraben.[31] Der Prophet (s.) nannte das Todesjahr von Abū Ṭālib und Ḫadīğa ʿAm al-Ḥuzn (Jahr der Trauer).[32]


Fußnoten

  1. Bilāḏuriī, Ansāb al-Ašrāf, 1420 n.H., B.2, S.288; Ibn Saʿd, aṭ-Ṭabaqāt al-Kubrā, 1968, B.1, S.121.
  2. Ibn ʿAnaba, ʿUmda al-Ṭālib, 1380 n.H., S.20.
  3. aṭ-Ṭabarī, Tārīḫ aṭ-Ṭabarī, 1403 n.H., B.2, S.2; Yaʿqūbī, Tārīḫ al-Yaʿqūbī, 1384 n.H., B.2, S.111.
  4. Ibn Saʿd, aṭ-Ṭabaqāt al-Kubrā, 1968, B.1, S.93.
  5. Ibn Ğawzī, Taḏkarat al-Ḫawāṣ, 1426 n.H., S.158-167.
  6. Ibn Saʿd, aṭ-Ṭabaqāt al-Kubrā, 1968, B.1, S.121 und 122.
  7. al-Yaʿqūbī, Tārīḫ al-Yaʿqūbī, 1384 n.H., B.2, S.13.
  8. Ibn Qutaiba, al-Maʿārif, Dār al-Maʿārif, 575.
  9. al-Yaʿqūbī, Tārīḫ al-Yaʿqūbī, 1384 n.H., B.2, S.14.
  10. al-Balāḏuriī, Ansāb al-Ašrāf, 1420 n.H., B.2, S.288.
  11. an-Nasāʿī, as-Sunan an-Nasāʿī, 1384 n.H., B.8, S.2-4.
  12. Ḥalabī, as-Sīrat al-Ḥalabiya, 1400 n.H., B.1, S.184.
  13. Ibn Hišām, as-Sīrat an-Nabawiyya, 1383 n.H., B.1, S.116; Baihaqī, Dalāʿil an-Nubuwwa, 1405 n.H., B.2, S.22.
  14. Ibn Šahr Āšūb, Manāqib, 1379 n.H., B.1, S.36.
  15. Ibn Saʿd, aṭ-Ṭabaqāt al-Kubrā, 1968, B.1, S.119.
  16. Ibn Šahr Āšūb, Manāqib, 1379 n.H., B.1, S.37.
  17. Ibn Hišām, as-Sīrat an-Nabawiyya, 1383 n.H., B.1, S.172 und 173.
  18. al-Yaʿqūbī, Tārīḫ al-Yaʿqūbī, 1384 n.H., B.2, S.14.
  19. Ibn Hišām, as-Sīrat an-Nabawiyya, 1383 n.H., B.1, S.267; aṭ-Ṭabarī, Tārīḫ aṭ-Ṭabarī, 1403 n.H., B.2, S.327.
  20. Ibn ʿAsākir, Tārīḫ Madīnat Dimašq, 1415 n.H., B.66, S.339; Ibn Aṯīr, al-Bidāya wa an-Nihāya, 1408 n.H., B.3, S.164.
  21. al-Mufīd, Imān Abī Ṭālib, 1414 n.H., S.24.
  22. al-Mufīd, Imān Abī Ṭālib, 1414 n.H., S.18.
  23. aṭ-Ṭūsī, at-Tibyān, 1409 n.H., B.8, S.164; aṭ-Ṭabarsī, Mağmaʿ al-Bayān, 1415 n.H., B.4, S.31; Fatāl Neyšābūrī, Rawḍat al-Wāʿiẓīn, 1423 n.H., S.138.
  24. al-Ġafārī, Kabīr aṣ-Ṣaḥābat Abū Ṭālib (a), S.166; Ḥasan, Abū Ṭālib Ṭawd al-Imān ar-Rāsiḫ, S.166.
  25. Yūsefī Ġirawī, Mawsuʿat at-Tārīḫ al-Islāmī, 1417 n.H., B.1, S.640 zitiert von Scheich aṭ-Ṭūsī, al-Miṣbāḥ, S.566.
  26. al-Yaʿqūbī, Tārīḫ al-Yaʿqūbī (al-Aʿlamī), 1384 n.H., B.1, S.354.
  27. al-Maqrīzī, Imtāʿ al-Asmāʿ, 1420 n.H., B.1, S.45.
  28. al-Mağlisī, Biḥār al-Anwār, 1403 n.H., B.35, S.163.
  29. Ibn Ğawzī, Taḏkarat al-Ḫawāṣ, 1426 n.H., S.145.
  30. Ibn Abī al-Ḥadīd, Šarḥ Nahğ al-Balāġa, 1378 n.H, B.14, S.76.
  31. al-Balāḏuriī, Ansāb al-Ašrāf, 1420 n.H., B.1, S.29.
  32. al-Maqrīzī, Imtāʿ al-Asmāʿ, 1420 n.H., B.1, S.45.

Quellenverzeichnis

  • Baihaqī, Abū Bakr, Dalāʾil al-Nubuwwa, Beirut: Dār al-Kutub al-ʿIlmīyya, 1405 n.H.
  • al-Balāḏurī, Aḥmad b. Yaḥyā, Ansāb al-Ašrāf, Beirut: Dār al-Fikr, 1420 n.H.
  • al-Ḥalabī, ʿAlī b. Ibrāhīm, as-Sīra al-Ḥalabīyya, Beirut: Dār al-Maʿrifa, 1400 n.H.
  • Ibn Abī al-Ḥadīd, Šarḥ Nahğ al-Balāġa, editiert von Muḥammad Abū l-Faḍl Ibrāhīm: Dār Iḥyāʾ al-Kutub al-ʿArabīyya, 1378 n.H.
  • Ibn al-Ğawzī, Yūsuf, Taḏkarat al-Ḫawāṣ, Qom: Mağmaʿ Ğahānī-ie Ahl-e Bait, 1426 n.H.
  • Ibn Kaṯīr, Ismāʿīl b. ʿUmar, al-Bidāya wa an-Nihāya, Beirut: Dār Iḥyāʾ at-Turāth al-ʿArabī, 1408 n.H.
  • Ibn Hishām, Muḥammad b. ʿAbd al-Malik, as-Sīra an-Nabawīyya, editiert von Muḥyī ad-Dīn ʿAbd al-Ḥamīd, Kairo: Maktabat aṣ-Ṣabīḥ, 1383 n.H.
  • Ibn Qutaiba, Muḥammad, al-Maʿārif, Kairo: Dār al-Maʿārif.
  • Ibn Saʿd, Muḥammad b. Manīʿ al-Baṣrī, aṭ-Ṭabaqāt al-Kubrā, Beirut: Dār aṣ-Ṣādir, 1968.
  • Ibn Šahrāshūb, Muḥammad b. ʿAlī, Manāqib Āl Abī Ṭālib, Qom: Našr-e ʿAllāmeh, 1379 n.H.
  • al-Mağlisī, Muḥammad Bāqir, Biḥār al-Anwār, 2. Auflage, Beirut: Muʾassisat al-Wafāʾ, 1403 n.H.
  • al-Maqrīzī, Aḥmad b. ʿAlī, Imtāʿ al-Asmāʾ, editiert von ʿAbd al-Ḥamīd al-Namīsī, Beirut: Dār al-Kutub, 1420 n.H.
  • al-Mufīd, Muḥammad b. Muḥammad, Īmān Abī Ṭālib, Beirut: Dār al-Mufīd, 1414 n.H.
  • an-Nasāʾī, Aḥmad b. Šuʿaib, as-Sunan an-Nasāʾī, Beirut: Dār al-Fikr, 1348 n.H.
  • Qummī, Scheich ʿAbbās, al-Kinā wa al-Alqāb, Teheran: Maktabat al-Ṣadr.
  • aṭ-Ṭabarī, Muḥammad b. Ğarīr, Tārīkh al-Umam wa al-Mulūk, Beirut: Muʾassisat al-Aʿlamī li-l-Maṭbūʿāt, 1403 n.H.
  • aṭ-Ṭabarsī, Faḍl b. al-Ḥasan, Mağmaʿ al-Bayān, Beirut: Muʾassisat al-Aʿlamī, 1415 n.H.
  • aṭ-Ṭūsī, Muḥammad b. al-Ḥasan, at-Tibyān fī Tafsīr al-Qurʾān, Qom: Maktab al-Aʿlām al-Islāmī, 1409 n.H.
  • al-Yaʿqūbī, Muḥammad b. Yaʿqūb, Tārīḫ al-Yaʿqūbī, Nağaf: al-Maktaba al-Ḥaidarīyya, 1384 n.H.