An-Nafs al-Mutma'inna Vers

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An-Nafs al-Mutma'inna Vers (Arabisch: آية النَفْس المُطمئِنّة) (die Ruhe gefundene Seele) oder die Nafs al-Mutma'inna Verse sind die ersten vier Verse der Sure al-Fajr, in denen die Eigenschaften der sicheren Seele erwähnt werden und ihrem Besitzer der Eintritt ins Paradies versprochen wird.

Muslimische Gelehrte verbinden "die Ruhe gefundene Seele" mit einem Menschen, der im Glauben an Gott Gewissheit und Ruhe gefunden hat und keine Zuneigung zur Sünde mehr verspürt. Razia (zufrieden) wa Marzia (mit Wohlgefallen) sind zwei Eigenschaften solch einer Seele: razia, ihre Zufriedenheit mit den göttlichen Belohnungen oder mit der göttlichen Bestimmung, marzia, die Zufriedenheit Gottes mit der Ruhe gefundenen Seele.

Verschiedenen Überlieferungen zufolge sind Imam Ali (a.), Imam al-Hasan (a.) und Imam al-Husain (a.) ein Beispiel für die Ruhe gefundene Seele.

Text und Übersetzung

﴾يَا أَيَّتُهَا النَّفْسُ الْمُطْمَئِنَّةُ ﴿٢٧﴾ ارْجِعِي إِلَىٰ رَبِّكِ رَاضِيَةً مَّرْضِيَّةً ﴿٢٨﴾ فَادْخُلِي فِي عِبَادِي ﴿٢٩﴾ وَادْخُلِي جَنَّتِي ﴿٣٠

O du Seele, die du Ruhe gefunden hast, (28) kehre zu deinem Herrn zufrieden und mit Wohlgefallen zurück. (29) Tritt ein unter Meine Diener, (30) und tritt ein in Meinen (Paradies) garten.

Definition

Hauptartikel: an-Nafs al-Mutma'inna

Nafs Mutma'inna wird als ein Zustand der Seele definiert, in dem der Mensch Ruhe verspürt, dahingehend, dass er nicht der Sünde zugeneigt ist.[1] Muslimische Gelehrte geben für die Seele Ränge und Zustände an, der unterste ist an-Nafs al-Ammara, ein Zustand bei dem der Mensch der Sünde zugeneigt ist. Eine Stufe höher ist an-Nafs al-Lawwamah, die Seele, die wenn sie eine schlechte Tat begeht, bereut und sich tadelt. Die höchste Stufe der Seele ist an-Nafs al-Mutma'ina.[2]

Interpretation

Exegeten verbinden an-Nafs al-Mutma'ina im Vers 25 der Sure al-Fajr mit Gläubigen, die Gewissheit und Ruhe erlangt haben und in deren Glauben kein Zweifel mehr Eingang findet.[3] Allamah Tabatabai betrachtet an-Nafs al-Mutma'ina als eine Person, die mit Unterstützung Gottes Ruhe gefunden hat und zufrieden ist mit der Zufriedenheit Gottes und das Hoch und Tief des Lebens keine Auswirkung auf ihn hat. Solch eine Person ist im Gottesdienst vollkommen und weicht nicht vom geraden Weg ab.[4]

Im Tafsir Majma' al-Bayan wird die Ruhe gefundene Seele, als eine Seele bezeichnet, die im Lichte des Glaubens Ruhe gefunden hat, die den Rang der Gewissheit erlangt hat, die Belohnung und das Auferstehen am Qiyama bestätigt sieht und dies als die Wahrheit des Glaubens weiss.[5] at-Tabrisi deutet in seinem Majma' al-Bayan razia (zufrieden) und marzia (mit Wohlgefallen) wie folgt: Der Besitzer der Ruhe gefundenen Seele ist zufrieden mit der Belohnung Gottes und Gott ist zufrieden mit seinen Taten.[6] Allamah Tabatabai meint, dass die Ruhe gefundene Seele deshalb mit "zufrieden" und "mit Wohlgefallen" bezeichnet wird, da die Zusicherung Gottes über die Zufriedenheit der Seele mit der göttlichen Bestimmung (qaza und qadar) einhergeht. Aus diesem Grund trifft ihn kein unglückliches Ereignis und er beschmutzt sich nicht mit der Sünde. Demnach ist diese Seele "marzia" also von der Zufriedenheit Gottes umgeben, denn Gottes Zorn trifft nur jemanden, wenn dieser aus dem Gottesdienst tritt.[7]

Laut Tafsir Nemuneh zeigt der Begriff „razia“ an, dass diese (Seelen) alle die Verheißungen Gottes als verwirklicht sehen und damit zufrieden sind und der Rang der Zufriedenheit deutet auf vollkommene Ergebung hin, eine Position, in der man auf dem Wege Gottes alles opfert. „marzia“ impliziert also, dass jene von Gottes Zufriedenheit umgeben sind.[8] Einige sagen, dass die Worte Gottes bezüglich der "Ruhe gefundenen Seele" und „Kehre zu deinem Herren zurück“ den Tag der Auferstehung betreffen, wenn die Gläubigen ins Paradies eintreten wollen. Andere wiederum vertreten die Ansicht, dass diese Anrede beim Sterben erfolgt.[9] Allamah Tabatabai akzeptiert die zweite Meinung.[10] Ebenso heißt es bei ihm, dass „tritt unter Meine Diener“ zeigt, dass die Ruhe gefundene Seele den Rang des vollkommenen Gottesdienstes erlangt hat, d.h. eine Position, wo sie lediglich nur noch das anstrebt was Gott verlangt.[11] Laut ihm beinhaltet der Satz „tritt ein in meinen (Paradies) garten“ eine gewisse Ehrung, denn das ist die einzige Stelle im Koran, wo Gott sich das Paradies zuschreibt.[12]

Imam Khomeini betrachtet den Menschen als ein Wesen, das von Natur aus nach absoluter Macht, Vollkommenheit und Wissen strebt und da die absolute Macht nur bei Gott zu finden ist, so strebt er aus seiner natürlichen Veranlagerung heraus dieses Recht an, ist sich aber dessen nicht bewusst, solange er nicht mit dem Meer der absoluten Vollkommenheit Anschluss gefunden hat und in ihm verschmelzt und solange das nicht geschieht gelangt er nicht zu Sicherheit und Gewissheit. "Sicherlich, im Gedenken Allahs finden die Herzen Ruhe", aus seiner Sicht betrifft dies die Ruhe gefundene Seele, also jene, die keine Gelüste mehr hat, denn Gelüste sind ein Zeichen für eine nicht Ruhe gefundene Seele. Wenn die ganze Welt in einem Bissen zusammengefasst und ihm gegeben wird, er dann darüber nachdenkt und es als mangelhaft ansieht, dieser wird nach etwas anderem streben. Ihm nach findet die Seele erst dann Ruhe, wenn sie zur absoluten Vollkommenheit gelangt. Deren absolute Vollkommenheit ergibt sich erst dann, wenn für sie nur Gott im Mittelpunkt steht, die Aufmerksamkeit also nicht auf Präsidentschaft, auf Herrschaft, auf die materielle Welt, auf andere Welten etc. besteht. Gedacht wird nur Gottes.[13]

In den Überlieferungen

In den exegetischen Überlieferungsbüchern und anderen Überlieferungsquellen werden Beispiele für die Ruhe gefundene Seele erwähnt. Laut einer Überlieferung von Imam as-Sadiq (a.), festgehalten im Tafsir Furat Kufi [14] und Schawahid at-Tanzil,[15] ist Imam Ali (a.) mit diesem Vers gemeint. Gemäß des Tafsirs von al-Qummi und einer Überlieferung von Imam as-Sadiq (a.), betrifft die Ruhe gefundene Seele, Imam al-Husain (a.).[16] In Bihar al-Anwar heißt es, die Sure al-Fajr ist die Sure al-Husains, denn er besaß eine Ruhe gefundene Seele. In dieser Überlieferung werden auch die Gefährten Imam al-Husains als die razia und marzia Seelen präsentiert, denn am Tag der Auferstehung sind sie mit Gott zufrieden und Gott mit ihnen.[17]

In dem Buch al-Kafi von al-Kulaini wird überliefert, wie Imam as-Sadiq (a.) die letzen vier Verse der Sure al-Fajr wie folgt interpretiert: „O Seele, die du Gewissheit über Muhammad (s.) und seine Familie hast, kehre zu deinem Herrn zurück, während du zufrieden bist mit der Wilaya der Ahl al-Bait (a.) und mit der göttlichen Belohnung. So trete unter meinen Dienern, also mit Muhammad und seiner Familie, ins Paradies ein“.[18]


Fußnoten

  1. Misbah Yazdi, Ain-e Parwaz, 1399 n.i.S., S.27.
  2. Misbah Yazdi, Ain-e Parwaz, 1399 n.i.S., S.26-27; Motahhari, Majmu’eh Athar, 1389 n.i.S., B.3, S.595-596.
  3. Siehe: at-Tabrisi, Majma’ al-Bayan, 1372 n.i.S., B.10, S.742; Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1374 n.i.S., B.26, S.475-477.
  4. Tabatabai, al-Mizan, 1417 n.H., B.20, S.285.
  5. at-Tabrisi, Majma’ al-Bayan, 1372 n.i.S., B.10, S.742.
  6. at-Tabrisi, Majma’ al-Bayan, 1372 n.i.S., B.10, S.742.
  7. Tabatabai, al-Mizan, 1417 n.H., B.20, S.285.
  8. Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1374 n.i.S., B.26, S.475-477.
  9. at-Tabrisi, Majma’ al-Bayan, 1372 n.i.S., B.10, S.742.
  10. Tabatabai, al-Mizan, 1417 n.H., B.20, S.285.
  11. Tabatabai, al-Mizan, 1417 n.H., B.20, S.285-286.
  12. Tabatabai, al-Mizan, 1417 n.H., B.20, S.286.
  13. پرتال امام خمینیhttp://www.imam-khomeini.ir/fa/C207_43342/_%DA%A9%D9%85%D8%A7%D9%84_%D9%85%D8%B7%D9%84%D9%82%E2%80%8F
  14. Furat al-Kufi, Tafsir Furat al-Kafi, 1410 n.H., S.555.
  15. al-Hasakani, Schawahid at-Tanzil, 1411 n.H., B.2, S.429.
  16. al-Qummi, Tafsir al-Qummi, 1404 n.H., B.2, S.422.
  17. al-Majlisi, Bihar al-Anwar, 1403 n.H., B.24, S.93.
  18. al-Kulaini, al-Kafi, 1407 n.H., B.3, S.127-128.

Quellenverzeichnis

  • Imam Khomeini, Seyyed Ruhullah, Sahife-ie Nur, Teheran, Mo'asese-ie Tanzim wa Naschr Athar-e Imam Khomeini, 1378 n.i.S.
  • al-Hasakani, Ubaidullah b. Abdullah, Schawahid at-Tanzil li Qawa'id at-Tafzil, Forschung und Korrektur: Mohammad Baqer Mahmudi, Teheran, Majma' Ihya-ie Farhang-e Islami wabaste be Wezarat Farhang wa Irschad Islami, 1. Auflg., 1411 n.H.
  • Tabatabai, Sayyid Muhammad Husain, al—izan fi Tafsir al-Quran, Qom, Daftar-e Entescharat-e Islami, 5. Auflg., 1417 n.H.
  • at-Tabrisi, Tafsir Majma' al-Bayan, Dar al-Ma'rifa BiJa BiTa
  • Furat al-Kufi, Furat b. Ibrahim, Tafsir Furat al-Kufi, Forschung und Korrektur Muhammad Kazim, Teheran, Mo'asese-ie Chap wa Naschr Wezarat-e Farhang wa Irschad Islami, 1. Auflg., 1410 n.H.
  • al-Qummi, Ali b. Ibrahim, Tafsir al-Qummi, Forschung und Korrektur Tayyib Musawi Jazairi, Qom, Dar al-Kitab, 3. Auflg., 1404 n.H.
  • al-Kulaini, Muhammad b. Ya'qub, al-Kafi, Forschung und Korrektur Ali Akbar Ghafari und Muhammad Akhundi, Teheran, Dar al-Kitab al-Islamiya, 4. Auflg., 1407 n.H.
  • al-Majlisi, Muhammad Baqir, Bihar al-Anwar al-Jami'ah li Durar Akhbar A'ima al-Athar, Beirut, Dar Ihya' at-Turath al-'Arabi, 2. Auflg., 1403 n.H.
  • Misbah Yazdi, Muhammad Taqi, Ain-e Parwaz, Zusammenfassung Jawad Muhaddithi, Qom, Entescharat-e Amuzeschi wa Pajuheschi Imam Khomeini, 9. Auflg., 1399 n.i.S.
  • Mutahhari, Murtaza, Majmu'eh Athar, Teheran, Sadra Verlag, 1389 n.i.S.