Scharh Nahj al-Balagha (von Ibn Abi al-Hadid)
Scharḥ Nahğ al-Balāġa (Arabisch: شرح نهج البلاغة, lit: Kommentar zur Nahj al-balagha)– ein Buch verfasst von Ibn Abi al-Hadid, einem sunnitischen Gelehrten aus dem 7. Jahrhundert n.H. - Es zählt zu den bedeutendsten Kommentaren zur Nahj al-Balagha. Einige Merkmale dieses Buches sind: Nutzung schiitischer und sunnitischer Quellen sowie Vielschichtigkeit in historischem, literarischem und theologischem Sinne.
In der Einleitung seines Kommentars zur Nahj al-Balagha führt Ibn Abi al-Hadid einige seiner Ansichten an. Seiner Meinung nach war Imam Ali (a.) den drei Kalifen überlegen, wenngleich er behauptet, es läge keine Überlieferung vom Propheten (s.) vor, in der er Ali zu seinem Nachfolger ernennt. Laut Ibn Abi al-Hadid handelt es sich bei den Charidschiten um die Gefährten von Jamal (Ashab al-Jamal) und um die Armee von Scham, die Ali (a.) bekriegten und zu den Bewohnern des Höllenfeuers gehören.
Dieses Werk enthält Inhalte, die den schiitischen Glaubenssätzen, wonach Ali (a.) als erster Imam anzusehen ist, widersprechen, woraufhin zahlreiche Bücher von Autoren, die dem Kommentar zur Nahj al-Balagha von Abi al-Hadid kritisch gegenüber standen verfasst wurden. Der Kommentar besteht aus zwanzig Abschnitten und wurde in zweibändigen, vierbändigen und zwanzigbändigen Ausgaben veröffentlicht.
Autor
Hauptartikel: Ibn Abi al-Hadid Abd al-Hamid b. Hibat Allah, bekannt als Ibn Abi al-Hadid (556-686 n.H.),[1] erblickte in al-Mada'in (Mahuza) das Licht der Welt.[2] Seine Grundschulbildung durchlief er in seiner Heimatstadt und seinen weiteren Bildungsweg setzte er in Bagdad fort.[3]
Ibn Abi al-Hadid war rechtswissentschaftlich gesehen, also in fiqh, ein Schafi'i[4] und Glaubenssätze betreffend ein Mu'tazili.[5] Hervorgebracht hat er Werke im Bereich Theologie – Kalam -, Logik, Geschichte und Poesie.[6] Sein Kommentar zur Nahj al-Balagha und zu den Qasidas Sab' 'Alawiyat sind Werke von ihm. Bekannt wurde er jedoch größtenteils aufgrund seines Kommentars zur Nahj al-Balagha.[7] Seine Erörterungen liessen umfangreiches Wissen in den Bereichen Literatur, Theologie, Grundlagen der Ethik, frühislamische Geschichte und Arabische Poesie erkennen.[8]
Allgemeine Informationen
Am Ende seines Kommentars gibt Ibn Abi Al-Hadid an, dass er vier Jahre und acht Monate brauchte, um dieses Werk zu verfassen, was genau der Dauer des Kalifats von Ali (a.) entsprach.[9] Er begann mit der Niederschrift dieses Werkes am ersten Rajab 644 n.H. und beendete es Ende Safar 649 n.H.[10] Ibn Abi al-Hadid präsentierte seinen Kommentar zur Nahj al-Balagha Ibn al-Qami (556–691 n.H.), dem abbasidischen schiitischen Wesir, und erhielt von ihm im Gegenzug teure Geschenke.[11]
Merkmale
Einige der Merkmale des Kommentars sind:
- Nutzung schiitischer und sunnitischer Quellen - Beim Verfassen seines Kommentars zur Nahj al—Balagha verwendete Ibn Abi al-Hadid schiitische und sunnitische Schriften.[12] Beispielsweise führte er um die Verteidigung von Qazi Abdul Jabbar Mu'tazili pro Uthman b. Affan zu widerlegen einige Antworten von Seyyed Murtaza auf Qazi Abdul Jabbar an.[13] Da Ibn Abi al-Hadid Leiter der Bibliotheken von Bagdad war verfügte er über zahlreiche Möglichkeiten, hatte u.a. auch Zugriff auf Ibn 'Alqamis Bibliothek mit seinen zehntausend Bänden, was ihm erlaubte von Büchern zu profitieren von denen einige nicht einmal im Besitz von Muhammad b. Jarir at-Tabari waren.[14]
- Universalität: Ibn Abi al-Hadids Kommentar gilt als Enzyklopädie im Bereich Literatur, Theologie, Rechtswissenschaft, Ethik, frühe islamische Geschichte, Genealogie und arabische Populärkultur.[15] Laut Mahdawi Damghani, dem Übersetzer der Nahj al-Balagha, liefert der Kommentar diverse Angaben, während sich aber in diesem drei Aspekte besonders abzeichnen, nämlich seine literarischen, historisch-sozialen und theologischen Aspekte.[16] Dieses Buch behandelt die islamische Geschichte von der Zeit des Propheten (s.) an bis zum Jahr 623 n.H., also bis 13 Jahre vor der Eroberung Bagdads durch die Mongolen.[17] Etwa die Hälfte des Buches ist den sozialen Umständen und historischen Angelegenheiten der ersten Hälfte des ersten Jahrhundert n.H. gewidmet.[18] Geschmückt ist dieses Buch mit etwa achttausend Gedichtsversen.[19] Ibn Abi al-Hadid antwortete auf die Einwände derjenigen, die die Existenz von saj' in der Nahj al-Balagha kritisierten[20] und lehnte die Ansichten derjenigen ab, die behaupteten, dass die Nahj al-Balagha oder Teile davon irrtümlich Imam Ali (a.) zugeschrieben wurden.[21]
- Erklärung schwieriger Wörter: Ibn Abi al-Hadid führt zunächst einen Textabschnitt der Nahj al-Balaghah unter dem Titel „Asl“ (Text) an, dann liefert er unter dem Titel „Scharh“ Erklärungen [23] in Bezug auf schwierige Begriffe und erörtert den Text.[24]
- Bericht über die Zustände des Zeitalters, in dem der Autor lebte: Ibn Abi al-Hadid berichtete, da er ein Zeitgenosse der Mongolen war, [25] über den Aufstieg der Mongolen, wie sie Transoxanien, Khorasan, Irak und andere Gebiete eroberten und von ihrer Invasion in Bagdad.[26] Aus diesem Grund gilt Ibn Abi al-Hadids Kommentar zur Nahj al-Balagha auch als eine der wichtigsten historischen Quellen auf diesem Gebiet.[27]
- Biografie von Seyyed Razi: In der Einleitung des Kommentars erwähnt Ibn Abi al-Hadid die Abstammungslinie von Imam Ali (a.), die von Seyyed Razi (dem Sammler der Nahj al-Balagha) und ebenfalls eine kurze Lebensbiografie des letzteren.[28]
Ansichten des Autors in der Einleitung
In der Einleitung des Kommentars zur Nahj al-Balagha führt Ibn Abi al-Hadid Betrachtungen der Mu'tazila bezüglich des Imamats (Führungsauftrag), der
- Überlegenheit Imam Alis (a.) – gegenüber den ersten drei Kalifen-, und derjenigen, die ihn bekriegten, sowie der Charidschiten an.[29] Imam Alis (a.) Überlegenheit über die drei Kalifen: Laut Ibn Abi al-Hadid lassen sich die Ansichten der Mu'tazila über diese Angelegenheit in drei Kategorien einteilen; Einige halten Imam Ali (a.) für überlegen, andere Abu Bakr und andere waren neutral.[30] In Anlehnung an die Mu'tazila von Bagdad glaubt Ibn Abi al-Hadid, dass Imam Ali (a.) den drei Kalifen überlegen war und begründet es damit, dass seine Belohnung größer sei und er lobenswerte Eigenschaften besaß.[31] Ibn Abi al-Hadid glaubt jedoch, dass es keinen expliziten Texthinweis oder klaren Befehl seitens des Propheten (s.) für die Nachfolgeschaft Alis (a.) gab.[32]
- Gefährten von Jamal (Ashab al-Jamal) sind Höllenbewohner: Laut Ibn Abi al-Hadid sind die Initiatoren der Schlacht von Jamal Höllenbewohner mit Ausnahme von Aisha, Talha und Zubair, die bereuten.[33] Auch das Heer von Scham in der Siffin-Schlacht und die Charidschiten sind Höllenbewohner, da sie ihre rebellierenden Unternehmungen nicht unterliessen.[34]
- Imam Alis (a.) Meinung war stets die solideste und seine Planung die korrekteste: Ibn Abi al-Hadid zufolge beriet Imam Ali (a.) Umar b. al-Khattab, als er gegen die Römer und Perser in die Schlacht zog und Krieg führte. [35] Oft genug gab er ihm Empfehlungen, hätte Umar sie beherzigt wären ihm gewisse Ereignisse nicht widerfahren.[36]
- Imam Ali, ein wahrer Praktizierender der Religion: Aus Sicht Abi al-Hadids war Imam Ali (a.) ein wahrer Praktizierender der Religion und handelte immer ihr entsprechend, während die anderen Kalifen nach ihren eigenen Interessen agierten, ob es der Scharia (dem Religionsgesetz) entsprach oder nicht. Ibn Abi al-Hadid meinte, jemand, der gemäß seiner persönlichen Rechtsfindung (ijtihads) handelt und sich nicht durch gewisse Limits, die ihm zum Nachteil gereichen eingrenzen lässt, bringt bessere weltliche Pläne zustande.[37]
Bücher
Über den Kommentar zur Nahj al-Balagha von Ibn Abi al-Hadid wurden kritische Bücher verfasst, auch Zusammenfassungen und Übersetzungen. Laut Reza Ostadi gibt es 20 Bücher, darunter auch Kommentare zum Kommentar von Abi al-Hadid, Übersetzungen der Kommentare, Randbemerkungen und auch Widerlegungen.[38]
Widerlegungen
Schiitische Gelehrte verfassten Widerlegungen zu Ibn Abi al-Hadids Kommentar und äußerten Kritikpunkte, da dieses Werk Inhalte aufweist, die den schiitischen Glaubenssätzen punkto Imamat und den damit verbundenen historischen Fragen widersprechen.[39] Einige davon sind folgende:
- Salasil al-hadid li-taqyid Ibn Abi l-Hadid verfasst von Yusuf al-Bahrani (1186 n.H./1772),[40]
- Ar-Ruh fi l-Naqd ma abramahu Ibn Abi l-Hadid von Sayyid Ahmad b. Tawus al-Hilli (673 n.H./1274),
- Ar-Radd 'ala Ibn Abi l-Hadid von Ali b. Hasan al-Biladi al-Bahrani (1340n.H./1922)
- Salasil al-Hadid fi l-Radd 'ala Ibn Abi l-Hadid von Schaikh Yusuf al-Kufi
- Al-Naqd as-Sadid li-Scharh Khutba al-Schiqshiqiyya li-Ibn Abi l-Hadid.[40]
Zusammenfassungen
Der Kommentar von Ibn Abi l-Hadid zur Nahj al-Balagha wurde in folgenden Werken zusammengefasst:
- Al-'Aqd al-nadid al-mustakhrij min sharh Ibn Abi l-Hadid von Fakhr al-Din Abd Allah al-Mu'ayyid bi-Allah[44];
- Sultan Mahmud Tabasi schrieb auch eine Zusammenfassung und Muhammad Qanbar Ali Kazimi entnahm das Buch Iltiqat al-durar al-muntakhab aus dieser Zusammenfassung.[45]
- al-'Udhayq al-nadid bi-masadir Ibn Abi l-Hadid fi Scharh Nahj al-Balagha von Ahmad Rabi'i, über Quellen, die Ibn Abi al-Hadid für sein Buch verwendete, die Anzahl der Quellen von Ibn Abi al-Hadid wird mit 222 angegeben.[47]