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Ahl as-Sunna wa al-Jama'a: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa''' (arabisch: اَهْل‌ِ سُنَّت‌ْ وَ جَماعَت) ist die größte Gruppe (oder Religionsgemeinschaft) der Bevölkerungsmehrheit der Muslime, welche auch  „Sunnī“ (Sunnite) oder „Ahl Tassanun“ (Sunniten) genannt werden. Die Ahl as-Sunna spaltet sich in mehrere Strömungen und Richtungen auf,die der Überzeugung sind , dass hinsichtlich der Nachfolge des [[Imam]] (als [[Ḫalifa]] des [[Propheten]] (s.)) kein eindeutiger Vers und auch keine präzise Überlieferung vorliegen würde und dass die Ernennung des Kalifen und Imamen als Nachfolger des Propheten (s.) von der Entscheidung der Muslime abhängen würde. Mit Ausnahme der Länder [[Iran]], [[Irak]], [[Aserbaidschan]], [[Bahrain]] und [[Libanon]] machen die Ahl as-Sunna in allen anderen islamischen Ländern die Mehrheit aus. Angesichts der [[Kontroverstheologie]] und der [[Rechtslehre]] gehen diese islamischen Konfessionen wiederum in diverse Richtungen und Konfessionen. Bezüglich der Rechtslehre existieren folgende sunnitische Strömungen: [[Hanafiten]] (Ḥanafīya), Anhänger von Abū Ḥanīfa, [[Malikiten]] (Mālikīya, Anhänger von Mālik ibn Anas, [[Schafiiten]] (Šāfiʻya), Anhänger von Muḥammad Idrīs Šāfiʻī; [[Hanbaliten]] (Ḥanbalīya), Anhänger von Aḥmad ibn Ḥanbal. Hinsichtlich ihrer Überzeugungen gliedert sich die Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa in folgende Gruppen auf: [[Aschariten]] (Ašāʻira), Anhänger von Abulḥassan Ašʻarī; [[Ahl Ḥadīṯ]], Anhänger von Aḥmad ibn Ḥanbal (der Salafismus gehört zu diesem Zweig); [[Muʻtazila]], Anhänger von Wāṣil ibn ʻAṭā; [[Māturīdīya]], Anhänger von Abu Manṣūr Māturīdī Samarqandī.
'''Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa''' (arabisch: '''اَهْل‌ِ سُنَّت‌ْ وَ جَماعَت''') ist die größte Gruppe (oder Religionsgemeinschaft) der Bevölkerungsmehrheit der Muslime. Die Ahl as-Sunna spaltet sich in mehrere Strömungen und Richtungen auf, die der Überzeugung sind, dass hinsichtlich der Nachfolgerschaft des [[Propheten (s.)]] kein eindeutiger Vers und auch keine präzise Überlieferung vorliegen würde und dass die Ernennung des Kalifen und Imamen als Nachfolger des Propheten (s.) von der Entscheidung der Muslime abhängen würde. Mit Ausnahme der Länder [[Iran]], [[Irak]], [[Aserbaidschan]], [[Bahrain]] und [[Libanon]] machen die Ahl as-Sunna in allen anderen islamischen Ländern die Mehrheit aus. Angesichts der [[Kalam-Wissenschaft]] und der [[Rechtslehre]] (Fiqh) gehen diese islamischen Konfessionen wiederum in diverse Richtungen. Bezüglich der Rechtslehre existieren folgende sunnitische Strömungen: [[Hanafiten]] (Hanafiya), Anhänger von Abu Hanifa, [[Malikiten]] (Malikiya), Anhänger von Malik ibn Anas, [[Schafiiten]] (asch-Schafiʿiya), Anhänger von Muhammad Idris Schafiʿi; [[Hanbaliten]] (Hanbaliya), Anhänger von Ahmad ibn Hanbal. Hinsichtlich ihrer Überzeugungen gliedert sich die Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa in folgende Gruppen auf: [[Aschʿariten]] (Aschaʿira), Anhänger von Abulhassan Aschʿari; [[Ahl Hadith]], Anhänger von Ahmad ibn Hanbal; [[Muʿtazila]], Anhänger von Wasil b. ʿAta; [[Maturidiya]], Anhänger von Abu Mansur Maturidi Samarqandi.


==Der Begriff Ahl as-Sunna==
==Der Begriff Ahl as-Sunna==
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===Die wörtliche Bedeutung===
===Die wörtliche Bedeutung===


Der Begriff Ahl as-Sunna besteht aus zwei arabischen Worten. Ahl bedeutet eine Gruppe von Personen, die gemeinsame Intressen vertreten, wie  z.B. die Ahl al-Bait (a.), welche verwandschaftlich und als Ahl [[Islam]] durch den Glauben des Herzens miteinander verbunden sind.<ref>Mufradāt Rāġib, ''Mādda Ahl''</ref> Sunna bedeutet so etwas wie eine würdevolle und lobenswerte Handlungsweise.<ref>''Lisān al-ʻArab'', B. 13, Mādda Sunna </ref> Der Begriff Sunna erscheint in dem [[Qurʻān]] meistens mit einer positiven Bedeutung. Wie z.B. in der Sure [[Fāṭir]] Vers 43 heißt es „Doch wirst du keine Vertauschung finden in Gottes regelhaftem Tun und auch keine Abänderung“ (فَلَن تَجِدَ لِسُنَّتِ اللَّـهِ تَبْدِيلاً) (Sunna = Gottes regelhaftes Tun) oder in der Überlieferung „مَنْ سَنَّ سُنَّةً حَسَنَةً فَلَه أَجْرُهَا وأَجْرُ مَنْ عَمِلَ بِهَا إِلَى يَوْمِ الْقِيَامَةِ مِنْ غَيْرِ أَنْ يُنْقَصَ مِنْ أُجُورِهِمْ شَيْءٌ“<ref>Kuleinī, ''Al-Kāfī'', B. 5, S. 10 </ref>kommt Sunna auch in ihrer wortwörtlichen Bedeutung vor.
Der Begriff Ahl as-Sunna besteht aus zwei arabischen Worten ''Ahl'' (أهل) und ''as-Sunna'' (السنة). ''Ahl'' bedeutet eine Gruppe von Personen, die einer Angelegenheit Gemeinsamkeiten aufweisen, wie  z.B. die [[Ahl al-Bait]], welche verwandschaftlich und Ahl al-Islam (اهل الاسلام), die durch den Glauben miteinander verbunden sind.<ref>Mufradāt Rāġib, ''Mādda Ahl''</ref> ''as-Sunna'' bedeutet so etwas wie eine würdevolle und lobenswerte Handlungsweise.<ref>''Lisān al-ʿArab'', B. 13, Mādda Sunna</ref>


===Die idiomatische Bedeutung===
===Die idiomatische Bedeutung===
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Sunna hat verschiedene idiomatische Bedeutungen:
Sunna hat verschiedene idiomatische Bedeutungen:


# Bedeutung [[mustaḥab]] (islamisch Empfohlenes); eine Tat, für deren Verrichtung man belohnt [[(Ṯawāb)]] oder eine Tat, die wenn sie vermieden wird keine Strafe [[(Iqāb)]] nach sich zieht.
# Mit der Bedeutung [[mustahab]] (islamisch Empfohlenes); eine Tat, für deren Verrichtung man belohnt wird oder eine Tat, die wenn sie vermieden wird keine Strafe nach sich zieht.


# Eine Tat, die mit den von dem Besitzer der Šarīʻa (Gott) angeordneten Handlungen übereinstimmt . Dieser Begriff ist in diesem Sinne ein Antonym zu dem Wort Bidʻa (Neuerung in der islamischen Theologie und Jurisprudenz).
# Eine Tat, die mit den von dem Besitzer der Religion (Gott) angeordneten Handlungen übereinstimmt. Dieser Begriff ist in diesem Sinne ein Antonym zu dem Wort Bidʻa (Neuerung in der islamischen Theologie und Jurisprudenz).


# Im ersten und zweiten Jahrhundert wurde diesem Begriff eine äußerst breite Bedeutungspallette zugeschrieben, allerdings bedeutete dieser zu jener Zeit die Werke des Propheten (s.), der [[Ṣaḥāba]] und der [[Tābiʻīn]].
# Im ersten und zweiten Jahrhundert wurde diesem Begriff eine äußerst breite Bedeutungspallette zugeschrieben, allerdings bedeutete dieser zu jener Zeit die Werke des Propheten (s.), der [[Sahaba]] und der [[Tabiʿin]].


# Sunna bedeutet bei den Sunniten „das Wort, die Tat und das Schweigen des Propheten (s.) und bei den Schiiten „das Wort, die Tat und das Schweigen der Vierzehn Unfehlbaren (معصومین) ,welche die Quellen sind aus der die Scharia ihre erlassenen Urteile schöpft.
# Sunna bedeutet bei den Sunniten ''das Wort, die Tat und das Schweigen des Propheten (s.)'' und bei den Schiiten das Wort, die ''Tat und das Schweigen der Vierzehn Unfehlbaren'', welche die Quellen sind aus der die Scharia ihre erlassenen Urteile schöpft.


# Sunna bedeutet „die universalen und ewigen Wahrheiten“ oder „die ewige Weisheit“. Dieses Idiom kam erst im letzten Jahrhundert zustande und hat nichts mit der Ahl as-Sunna oder mit dem Islam zu tun.<ref>Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen, S. 35, ''Enzyklopädie der persichen Sprache'', Maṣāḥib, unter dem Kapitel Sunna</ref>
# Sunna bedeutet ''die universalen und ewigen Wahrheiten'' oder ''die ewige Weisheit''. Dieses Idiom kam erst im letzten Jahrhundert zustande und hat nichts mit der Ahl as-Sunna oder mit dem Islam zu tun.<ref>Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen, S. 35, ''Enzyklopädie der persichen Sprache'', Maṣāḥib, unter dem Kapitel Sunna</ref>


===Historischer Hintergrund der Entstehung dieses Begriffes===
===Entstehungsgeschichte der Ahl as-Sunna===


Der historische Hintergrund der Entstehung des Begriffes Ahl as-Sunna ist etwas unklar. Einer Überlieferung von [[Ġazālī]] zufolge, welche er in seinem Buch Faḍāʻiḥ al-Bāṭinīya anführt, benutzte  der [[Prophet (s.)]] hier zum ersten Mal diesen Begriff. In dieser Überlieferung wird erwähnt, dass das jüdische Volk sich in 71 Gruppen spaltete und die Gemeinde Jesu in 72. Meine Gemeinde wird sich auch in 71 Gruppen spalten, von denen, bis auf eine ,alle in die Hölle gehen. Es wurde gefragt, welche diese eine Gruppe denn wäre, die Rettung findet. Der Prophet (s.) antwortete: „Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa. Dann folgte die Frage, wer sind die Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa. Diejenigen, die meinem Weg und den meiner Gefährten (Ṣaḥāba) folgen.<ref>Ġazālī, ''Faḍāʻiḥ al-Bāṭinīya'', S. 77, 78</ref>
Im zweiten Jahrhundert n.H. stützte sich der Großteil der Ahl as-Sunna in Fiqh im Gegensatz zur ''Ahl ar-Ray'', welche auf ihre Rechtsprechung großen Wert legten, auf ''Athar'' d.h. jene Überlieferungen, welche zwar die Worte und Taten des Propheten (s.) beinhalten, aber auch die Worte und Taten der Sahaba und Tabiʿin und ''Ashab Athar'' genannt wurde.<ref>Pākatčī, ''Aṣḥāb Ḥadīṯ'', S. 114.</ref> Bis Schafiʿi, ein Rechtsgelehrter des zweiten Jahrhunderts in Fiqh eine Methodik darlegte und deren Grundlagen in seinem Buch ''ar-Risala Tahrir'' niederschrieb, wo er die damaligen Rechtsgelehrten der Ashab Athar anprangert, die Worte der Sahaba und Tabiʿin aus der Definition der Sunna ausnahm und sie auf die Überlieferungen des Propheten begrenzte. <ref>Pākatčī, ''Aṣḥāb Ḥadīṯ'', S. 118.</ref> Nach ihm leistete sein Schüler Ahmad b. Hanbal bezüglich der Frage der Erschaffung des Korans gegenüber den al-Muʿtazila Widerstand und positionierte sich als die Spitze der Ahl al-Hadith<ref> Subḥānī, Ğaʿfar, ''Ahl Sunnat'', 581.</ref>, womit er mit einer milden Abweichung den Weg Schafiʿis beschritt. Er definierte die Sunna folgendermaßen: ''Die Sunna bei uns sind die Werke des Gesandten Gottes und die Grundsätze der Sunna sind die an denen sich die Sahaba (Gefährten) des Gesandten Gottes festhielten''. Er nannte die Ansichten der Muhadithin, die Ansicht der ''Ahl as-Sunna'' und ihre Widersacher ''Ahl al-Bid ʿa'' (Neuerung). Dann verfasste er das Buch ''Usul as-Sunna'' und konnte im Lichte der Unterstützung des abbasidischen Kalifens [[al-Mutawakkil]] und aufgrund seines Wissens und seiner Enthaltsamkeit einen bemerkenswerten Eindruck auf die Ahl as-Sunna hinterlassen.<ref>Farmāniyān, ''Feraq Tasanun'', 1386 n.i.S, S.19</ref> Insoweit, dass die Ahl al-Hadith oder die Ahl as-Sunna nur in der Anhängerschaft Ibn Hanbals zusammengefasst wurde, und jeder Mutikalim (Kalamwissenschaftler) und jeder, der sich mit einer argumentativen Herangehensweise mit dem islamischen Glauben beschäftigte, aus dem Schirm der Ahl as-Sunna fiel und mit diesem Begriff ausschliesslich die Ashab al-Hadith assoziiert wurde.<ref>Subḥānī, Ğaʿfar, ''Ahl Sunnat'', 581</ref>
 
===<small>Von den Ṣaḥaba bis zu der Ahl as-Sunna</small>===
 
Die Tābiʻīn hielten die Ansichten der Ṣaḥāba für eine Quelle zur Lösung neuer Fragen und möglichen Unstimmigkeiten  wobei  für einige von der Tābiʻīn jeder einzelne der Ṣaḥāba eine Bezugsquelle war; wie  z.B [[Ibn ʻAbbās]] in [[Mekka]] oder [[Ibn Masʻūd]] in der Stadt [[Kufa]] . Die Worte der ersten Generation der Tābiʻīn zusammen mit den Worten und Fatwas der Ṣaḥāba waren für die zweite Generation der Tābiʻīn und für die folgenden Generationen von großer Wichtigkeit. Diese Worte und Fatwas wurden mit „aṯar“ bezeichnet und hatten einen hohen Rang gleich nach den Überlieferungen des Propheten (s.). Zur Zeit der zweiten Generation der Tābiʻīn behandelte dieses aṯar die Tradition des Propheten (s.) und im zweiten Jahrhundert nach der Ḥiğra waren viele der Hadīṯ-Wissenschaftler (Muḥadiṯ) unter dem Titel „Aṣḥāb Aṯar“ bzw. „Aṣḥāb Āṯār“ bekannt.<ref> ''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', B.36</ref>
 
Im zweiten Jahrhundert verminderte sich die Maßgeblichkeit des „Aṯar“. Šafiʻī  konnte mittels der Quellen ein methodisches System entwickeln und schrieb das Buch ar-Risāla. Er gründete eine Denkschule, welche sich überwiegend an den Überlieferungen orientierte und den Gedanken vertrat, die Überlieferungen des Propheten dienen der Interpretation der Äußerlichkeiten der Verse des Qurʻāns – nicht die der Ṣaḥāba und Tābiʻīn – und führte eine kurze Definition von der Sunna an und schloß dabei in dieser lediglich „das Wort, die Tat und das Schweigen des Propheten (s.)“ mit ein und die Worte der Ṣaḥāba und Tābiʻīn aus dieser aus. Nach dem Ereignis Miḥnat führte  er die Ansichten der Ḥadīṯ-Wissenschaftler (Muḥadiṯīn), die der „Ahl as-Sunna“  angehörten und seine Gegner waren an und bezeichnete sie  als die „Ahl Bidʻa“ (diejenigen, die Neuerungen in die Religion einführen).<ref>''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', B. 36 - 37</ref> Der Bezeichnung Ahl as-Sunna steht im Synonym zu dem Begriff Aṣḥāb Ḥadīṯ und mit der Reduzierung der von ihm angeführten Definition auf lediglich die Worte, Taten und das Schweigen des Propheten (s.) wurde allmählich der Begriff „Aṣḥāb Aṯar“ durch die Bezeichnungen „Aṣḥāb Ḥadīṯ“ und „Ahl Ḥadīṯ“ ersetzt. Die Rolle Aḥmad ibn Ḥanbals war in diesem Bereich eine noch größere. Er erklärte durch die Verfassung eines Kredos die Merkmale der Sunna. Er bezeichnete die [[Aṣḥāb Ḥadīṯ]] als die wahren Anhänger der Sunna (Handlungsweise, Tradition,...) des Propheten (s.) und die Muʻtazila, die Schiiten, die Charidschiten, die Murğiʻa und die [[Ğahmīya]] als diejenigen, die Neuerungen (welche den Grundlehren der Religion und der Sunna widersprechen) einführen. Seine Anhänger nannten sich Ahl as-Sunna, was dazu führte, dass dieser Begriff unter anderen ähnlichen Begriffen dominierte.<ref>''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'',B. 38</ref>
 
===<small>Der Begriff Ahl as-Sunna ohne Al-Ğamāʻa</small>===
 
 
Wie bisher festgestellt wurde verbreitete sich der Begriff Ahl as-Sunna ohne den Begriff Al-Ğamāʻa Anfang des zweiten Jahrhunderts und auch [[ʻUmar ibn ʻAbdulʻazīz]] verwendete diesen Begriff in seiner Schrift, die er zur Widerlegung der Qadarīya verfasst hatte. An die Qadarīya (theologische Strömung des Islam, die als Lehre des Freien Willen bekannt ist) schreibt er: „wa qad ʻalimtum anna ahl as-Sunna kānū yaqūlūn: al-ʻItiṣām bi s-Sunnati nağātu wa sayaqbaẓ al-ʻIlmu qabẓan sarīʻan: Wisst Ihr, dass die Ahl as-Sunna sagten, das Festhalten an der Sunna ist die Rettung und Wissenschaft und dergleichen soll abgeschafft werden“.


Zu Beginn des vierten Jahrhunderts sprach sich [[Abulhasan Aschaʿri]] in der Großmoschee von Basra von dem muʿtazilitischen Gedankengut los und erklärte sich als Anhänger Ahmad ibn Hanbal, er verfasste die Ansichten der von Ahmad vererbten Sunna und kam gleichzeitig mit Abu Mansur Maturidi Samarqandi im Osten der islamischen Welt mit einem ihm ähnlichen Programm auf. Diese beiden wurden als die Imame der Ahl as-Sunna wa al-Jama ʿa in der [[Kalam-Wissenschaft]] etabliert.<ref> Subḥānī, Ğaʿfar, ''Ahl Sunnat'', 581 und 582</ref>


==Die Inklusion des Begriffs Ahl as-Sunna==  
==Die Inklusion des Begriffs Ahl as-Sunna==  


   
   
Der Begriff Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa also zusammen mit dem Wort Sunna schließt die Konfessionen von der Mehrheit aus, die der Sunna widersprechende Neuerungen in die Religion einführten und mit dem Wort Ğamāʻa (die Konfessionen der Ausgetretenen) ist allerdings zu beachten, dass hier mit Sunna und Bidʻa (Neuerung) die Bedeutung gemeint ist, welche von der Mehrheit ausgelegt wurde. Innerhalb der islamischen Geschichte gibt es keine Gruppe von Muslimen, welche die Abweichung von der Sunna und die Tendenz zur Bidʻa (im Widerspruch zu der Sunna stehende Neuerungen in der Theologie und Jurisprudenz) für sich beanspruchte und für etwas gutes hielt.
Beim Begriff Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa wird mit as-Sunna jene Konfessionen, die der Sunna widersprechende Neuerungen in die Religion einführten, und mit al-Jamaʿa, die Konfessionen der Ausgetretenen, von der Mehrheit ausgeschlossen. Allerdings ist zu beachten, dass hier mit Sunna und Bidʿa (Neuerung) die Bedeutung gemeint ist, welche von der Mehrheit ausgelegt wurde. Innerhalb der islamischen Geschichte gibt es keine Gruppe von Muslimen, welche die Abweichung von der Sunna und die Tendenz zur Bidʿa für sich beanspruchte und für etwas gutes hielt. Heute sind es lediglich die Schiiten und die Ibaditen, welche als eine muslimische Gruppe aus dem Begriff Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa ausgenommen werden, aber in historischer Hinsicht sollte daran erinnert werden, dass die Mehrheit der Muslime einige kontroverstheologische (Kalam) Zweige des Islam wie die Muʿtazila und die Murjiʿa ebenfalls nicht zu der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa zählen.
 
 
===<small>Die Ausschließung der Schia und Ibaditen</small>===
 
Heute sind es lediglich die Schia und die Ibaditen, welche als eine muslimische Gruppe aus dem Begriff Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa ausgenommen werden, aber in historischer Hinsicht sollte daran erinnert werden, dass die Mehrheit der Muslime einige kontroverstheologische Zweige des Islam wie die Muʻtazila und die Murğiʻa ebenfalls nicht zu der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa zählen.
 
 
==Der Unterschied der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa bezüglich der Legimitation des Kalifats==
Bei einer Bestimmung der historischen Grenzen zwischen der Ahl as-Sunna und anderen konfessionellen Gruppen müssen viele Punkte beachtet werden, vorallem, wenn man diese Gruppen in der Gegenwart voneinander unterscheiden möchte , so müsste man zuerst die Ansichten der verschiedenen Konfessionen  bezüglich der ersten Kalifen kennenlernen. Trotz der unterschiedlichen  Zweige innerhalb des Spektrums der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa sind sich alle hinsichtlich der Legitimation des Kalifats der ersten vier Kalifen einig. Währenddessen die Schiiten – insbesondere die [[Imamiten]] und [[Ismailiten]] – [[Imam ʻAlī]] (a.) als den unmittelbaren Nachfolger des Propheten (s.) ansehen und die Ibaditen das Kalifat des ʻUṯmān und von ʻAlī (a.) anfechten. Die [[Zaiditen]] sind ein weiterer Zweig der Schia, die sich mehr als alle anderen dieser Konfession angehörigen Gruppen, der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa annäherten, auch wenn sich einige aufgrund ihrer Ansichten bezüglich des Imāma von den Sunniten unterscheiden.


Bei einer Bestimmung der historischen Grenzen zwischen der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa und anderen konfessionellen Gruppen müssen viele Punkte beachtet werden, vorallem, wenn man diese Gruppen in der Gegenwart voneinander unterscheiden möchte, so müsste man zuerst die Ansichten der verschiedenen Konfessionen  bezüglich der ersten Kalifen kennenlernen. Trotz der unterschiedlichen  Zweige innerhalb des Spektrums der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa sind sich alle hinsichtlich der Legitimation des Kalifats der ersten vier Kalifen einig. Währenddessen die Schiiten – insbesondere die [[Imamiten]] und [[Ismailiten]] – [[Imam ʿAli (a.)]] als den unmittelbaren Nachfolger des Propheten (s.) ansehen und die Ibaditen das Kalifat des ʿUthman und von [[ʿAli (a.)]] anfechten. Die [[Zaiditen]] sind ein weiterer Zweig der Schia, die sich mehr als alle anderen dieser Konfession angehörigen Gruppen, der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa annäherten, auch wenn sich einige aufgrund ihrer Ansichten bezüglich des Imamat von den Sunniten unterscheiden.<ref>''Ahl Sunat wa Jamaʿa'', S.474 und 475</ref>


==Die sunnitischen Rechtsschulen==
==Die sunnitischen Rechtsschulen==


Unter den verschiedenen Konfessionen der Ahl as-Sunna war die hanafitische, die malikitische, die schafiʿitische und die hanbalitische in der islamischen Geschichte am bedeutendsten und erreichten bis heute eine große Anhängerschaft unter der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa. Die Awzaʿi, Sufiyan Thuri, Abuthur und Zahiri sind weitere Konfessionen, von denen jedoch nur noch wenige Schriften übrig geblieben sind und die jetzt der Vergangenheit angehören. Die Konfession Zahiri zieht heute nur sehr wenig Aufmerksamkeit auf sich. Mehr Beachtung sollten die reformierenden Bewegungen in der sunnitischen Rechtslehre finden, die eine direkte Auslegung der Textquellen für die Erläuterung der islamischen Gesetze anstreben und eine Zugehörigkeit zu den vier Rechtsschulen zurückweisen.<ref> ''Ahl Sunnat wa Jamaʿa'', 475</ref>


===Die Quellen der islamischen Rechstwissenschaft===
===Hanafiten===
 
* [[Qurʻān]] (Koran)
* [[Sunna]]
* [[Analogieschluss]] (Qiyās)
* [[Istiḥsān]] (Gutdünken, Für-Gut-Halten)
* Konsensus [[(Iğmāʻ)]]
* [[Maṣāliḥ Mursala]]
* [[Sad Ḏarāyiʻ]]
* [[Fatḥ Ḏarāyiʻ]]
 
 
Unter den verschiedenen Konfessionen der Ahl as-Sunna war die  hanafitische, die mālikītische, die schafiitische und die ḥanbalitische in der islamischen Geschichte bedeutender und haben heute eine große Anhängerschaft unter der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa. Die Awzāʻī, Sufīyān Ṯūrī, Abūṯūr und Ẓāhirī sind weitere Konfessionen, von denen jedoch nur noch wenige Schriften übrig geblieben sind und die jetzt der Vergangenheit angehören. Die Konfession Ẓāhirī zieht heute nur sehr wenig Aufmerksamkeit auf sich. Mehr Beachtung sollten die reformierenden Bewegungen in der sunnitischen Rechtslehre finden, die eine direkte Auslegung der Textquellen für die Erläuterung der islamischen Gesetze anstreben und eine Zugehörigkeit zu den vier Rechtsschulen zurückweisen.


Es ist die größte Konfession des Islam. Der Imam dieser Religion ist [[Abu Hanifa Nuʿman ibn Thabit]]. Abu Hanifa gründete seine Rechtsschule auf den Quellen des Koran, der prophetischen Tradition (as-Sunnah), den Aussagen der Gefährten, [[Qiyas]] (Analogieschluss), [[Istihsan]], [[Ijmaʿ]] (Konsens) und auf der Sitte. Einige begründen den Zugriff Abu Hanifas auf den Qiyas im Fiqh mit seinem mangelnden Zugriff auf authentische Überlieferungen.<ref>''Tārīḫ Baġdād'', B.13, S.368.</ref>) Das, was bezüglich des Qiyas Abu Hanifa von anderen unterscheidet, ist das Maß des Gebrauchs wie die Herangehensweise bei Widerspruchsfällen zwischen dem Qiyas und schwachen Überlieferungsargumenten wie [[al-Khabar al-Wahid]] und bei einigen Äußerlichkeiten. Dieser Punkt führte dazu, dass einige Ahl Hadith und Zeitgenossen von Abu Hanifa, wie Malik, der selbst in der Rechtsprechung den Qiyas verwendete, seine Analogie tadelte.<ref>Pākatčī, ''Abū Ḥanīfa'', S.398.</ref>


===Malikiten===
===Malikiten===




Die Malikiten gehören einer der sunnitischen Rechtsschulen an und befolgen [[Abū ʻAbullah Mālik ibn Anas]]. Er wurde in den Jahren zwischen 90 bis 95 n.H in der Stadt Medina geboren und starb in den Jahren zwischen 174 und 179 n.H. Er wurde auch Imam Dār-ul-Huğra oder Imam al-Madīna genannt. Die malikitische Rechtsschule entstand in [[Medina]] und zwar in ḥadīṯīscher Richtung im Gegensatz zu der Ahl Raʻy.
Die Anhänger von Malik ibn Anas werden Malikiten (Malikiya) genannt. Malik hat ein Buch bezüglich Hadithen namens ''Al-Mawta''. In seinem ''Ijtihad'' stützte er sich auf den Heiligen Koran und den Hadith, und wenn er keinen Hadith finden konnte, bezog er sich auf den ''Qiayas''. Die malikitische Rechtsschule hat ihren Ursprung in Medina und verbreitete sich in Hijaz. Damals wurde sie in Marokko und in Andalusien Akzeptanz fand. Heute wird sie in Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten, Sudan, Bahrain und Kuwait praktiziert. Ihre Anhänger sind etwa fünfzig Millionen Muslime.<ref>Maškūr, ''Farhang-e Firaq Eslāmī'', 1372 n.i.S, S.384.</ref> Zu den Grundsätzen der malikitischen Rechtsschule gehören der Koran, die Sunna der Propheten, die Praxis des Volkes von Medina, die Worte der Gefährten (falls keine Überlieferungen des Propheten vorliegen), Masalih Mursala, Qiyas, Sadd Zarayiʿ, Ijmaʿ, ʿUrf wa ʿAdat, Istihsan und Istihsab.<ref>Madkūr, ''Manāhiğ al-Iğtihād fī al-Islām'', 1977, S.613-616.</ref>
 
 
===<small>Gelehrte</small>===
 
 
ʻAbdullah ibn Hurmuz Aʻrağ, Nāfiʻ Mawlā ʻAbdullah ibn ʻUmar, Muḥammad ibn Muslim ibn Šahāb Zahrī, Rabīʻa ibn ʻAbdūrraḥmān, Muḥammad ibn Munkadir, Abūlzinād ʻAbdūllah ibn Zakwān, ʻAbdūrraḥmān ibn Qāsim, Ayūb Saḫarīyānī, Muḥammad ibn ʻAbdūrraḥmān ibn Nūfil Madanī, Yaḥyā ibn Saʻīd Anṣārī, Zeyd ibn Aslam zählen zu den großen Gelehrten der malikitischen Rechtsschule.<ref> ''Al-Maḏāhib al-Islāmīya al-Ḫamsa'', S. 376</ref>Die Grundprinzipien dieser Konfession sind folgende: Qurʻān, die Sunna des Propheten (s.), Worte der Ṣaḥāba – bei fehlender Überlieferung des Propheten (s.), Maṣāliḥ Mursala, Analogieschluss (Qiyās), Sad Ḏarāyiʻ, Iğmāʻ (Konsensus), ʻUrf (Gewohnheitsrecht), Istiḥsān (Gutdünken, Für-Gut-Halten) und Iistiṣḥāb. <ref>''Manāhiğ al-Iğtihād fī al-Islām'', S. 613 616</ref>
 
===<small>Werke</small>===
 
 
Al-Muwaṭṭa ist das wichtigste Werk von Mālik ibn Anas, welches Überlieferungen und Themen der islamischen Rechtslehre zum Inhalt hat und die erstwichtigste Quelle der Malikiten ist. Ein Großteil der malikitischen Schriften sind im Grunde genommen Erklärungen zu Al-Muwaṭṭa, einige Beispiele: At-Tamhīd limā fī Al-Muwaṭṭa min al-Maʻānī wa al-Asānīd von Ibn ʻAbdūlbir Andilūsī, Al-Istiḏkār al-Ğāmiʻ li Mazāhib Fuqahāʻ al-Miṣār fīmā Taḍminhu Al-Muwaṭṭa min Maʻānī ar-Ray wa al-Āṯār von Ibn ʻAbdūlbir, Al-Muntaqī von ibn al-Walīd Bāğī, Tanwīr Al-Ḥawālik ʻalā Muwaṭṭa Mālik von Ğalāl-ud-Dīn Suyūṭī, Erklärung von Az-Zarqānī zu Al-Muwaṭṭa Al-Imām Mālik Muḥammad ibn ʻAbdūlbāqī Zarqānī. Unter den anderen bedeutenden Büchern der Malikiten, welche im 3. Jahrhundert n.H verfasst wurden ist die Uṣūl wa Ummahāt bekannt;  wobei Al-Wāḍiḥa von ʻAbdulmalik ibn Ḥabīb, Al-Mustaḫriğat Al-ʻAtībat ʻalā Al-Muwaṭṭa Muḥammad ʻAtabī, Al-Muwāzinat von Ibn Al-Mawāz ebenfalls einige dieser Schriften sind.
Lapidare Werke wie die Monografie des Ibn Abī Zeyd Al-Qīrawānī, die Zusammenfassung von Šaiḫ Ḫalīl wurden in Bezug auf die malikitische Rechtslehre geschrieben. Dazu gab es auch viele Kommentare , darunter der Kommentar von Aḥmad ʻĪsā Barzūq zu der Monografie von Qirwānī, der Kommentar von Aš-Šarḥ al-Kabīr  zu der Zusammenfassung von Sayyidī Ḫalīl von Dardīd und der Kommentar von Dasūqī zu Aš-Šarḥ al-Kabīr. <ref> Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen, S. 196; Über die Verbreitung der malikitischen Konfession siehe: Abūzuhra, Mālīk Ḥayātihi wa ʻAṣrihi, Ārāʻuhu wa Fiqhuhu, ab Seite 364</ref>


===Schafiʿiten===


===Hanafiten===
Abu ʿAbdullah Muhammad Idris asch-Schafiʿi ist der Gründer dieser Rechtsschule. Er wurde in den Jahren zwischen 146 bis 150 n.H. in Gaza geboren und starb 204 n.H. Er eignete sich die Kenntnisse von Malik ibn Anas und seinem Schüler Muhammad b. Hassan Scheybani an. Die Prinzipien, auf der die schafiʿitische Konfession beruht sind der Koran und die Sunna des Propheten (s.), Ijmaʿ und Qiyās.<ref>Über die Prinzipien der schafiitischen Konfession, siehe: ʿAbdūssalām, ''al-Imām Šāfiʻī'', S. 207-242</ref> Mit der Kombination der hanafitischen Konfession im Zusammenhang mit der malikitischen etablierte er eine neue Form, in welche auch Überlieferungen mit herangezogen werden. Schafiʿi schrieb in der Regierungszeit des Kalifen [[Amin ʿAbbasi]] im Irak ein Buch mit dem Titel ''Hujjat'', was jetzt schon sehr alt ist. Einige Jahre später veröffentlichte er in Ägypten seine neuen Ansichten in einer Schrift, welche unter dem Namen ''Qawl Jadid'' bekannt wurde. Alle seine Ansichten wurden in dem Buch ''al-Umma'' zusammengestellt. Als [[Salah ud-Din Ayyubi]] Ägypten eroberte, verbreitete sich dort die schafiitische Rechtslehre.<ref>''Einleitung des Ibn Ḫaldūn'', S. 415</ref>
 
 
Es ist die größte islamische Konfession. Der Imam dieser Glaubensrichtung ist [[Abū Ḥanīfa Nuʻmān ibn Ṯābit]]. Er gründete seine Rechtsschule auf der Basis des Qurʻān, der Sunna des Propheten (s.), die Worte der Ṣaḥāba, des Qiyās (Analogieschluss), des Istiḥsān (Gutdünken, Für-Gut-Halten) und Iğmāʻ (Konsensus) sowie ʻUrf (Gewohnheitsrecht). Einige glauben, er klammere sich an Qiyās , weil er nicht genug authentische Überlieferungen besäße. <ref>''Tārīḫ Baġdād'', B. 13, S. 368</ref>
 
===<small>Werke</small>===
 
 
Die Bücher von Muḥammad ibn Ḥasan Šeybānī (geboren 189 n.H.) gelten als die wichtigste Quelle der hanfitischen Rechtslehre. Wobei Al-Mabsūṭ Abūbakr Saraḫsī, Tuḥfat al-Fuqahāʻ ʻAlāʻ ad-Dīn Samarqandī, Bidāyaʻ aš-Šarāyiʻ Kāšānī, Muḫtaṣar al-Qadūrī Abūlāassan Qadūrī, Al-Wiqāyaʻ li Burhān aš-Šarīʻat Muḥammad ibn Aḥmad, Al-Muḫjār Abūlfaḍl Mūṣilī, Mağmaʻ al-Baḥrain ibn Sāʻātī, Kanz ad-Daqāyiq Nasafī zu den wichtigsten Büchern bezüglich der hanafitischen Rechtslehre gehören.<ref>Einblick in sunnitische Glaubensrichtungen, S. 194 </ref>
 
 
===Schafiiten===
 
 
Abū ʻAbdullah Muḥammad Idrīs aš-Šāfiʻī ist der Gründer dieser Rechtsschule. Er wurde in den Jahren zwischen 146 bis 150 n.H. in Gaza geboren und starb 204 n.H. Er eignete sich die Kenntnisse von Mālik ibn Anas und seinem Schüler Muḥammad ibn Ḥassan Šeybānī an. Die Prinzipien, auf der die schafiitische Konfession beruht sind der Qurʻān und die Sunna des Propheten (s.), Iğmāʻ und Qiyās.<ref>Über die Prinzipien der schafiitischen Konfession, siehe: ʻAbdūssalām, ''Al-Imām Šāfiʻī'', S. 207 - 242</ref> Mit der Kombination der hanafitischen Konfession im Zusammenhang mit der malikitischen etablierte er eine neue Form, in welche auch Überlieferungen mit herangezogen werden. Šāfiʻī schrieb in der Regierungszeit des Kalifen [[Amīn ʻAbbāsī]] im Irak ein Buch mit dem Titel „Ḥuğğat“, was jetzt schon sehr alt ist. Einige Jahre später veröffentlichte er in Ägypten seine neuen Ansichten in einer Schrift, welche unter dem Namen „Qawl Ğadīd“ bekannt wurde. Alle seine Ansichten wurden in dem Buch „Al-Umma“ zusammengestellt. Als [[Ṣalāḥ-ud-Dīn Ayūbī]] Ägypten eroberte, verbreitete sich dort die schafiitische Rechtslehre.<ref>''Einleitung des Ibn Ḫaldūn'', S. 415</ref>
 
===<small>Werke</small>===
 
 
Das Buch Al-Umm ist das wichtigste Buch im Bereich der schafiitischen Rechtslehre, welches alle Themen dieser Disziplin umfasst. Die Zusammenfassung von Mazanī abī Ibrāhīm Ismāʻīl Mazanī, Al-Muhazab von Abī Isḥāq Ibrāhīm ibn ʻAlī Šīrāzī, Al-Mağmūʻ von Nawawī als Kommentar zu dem Buch Al-Muhazab, At-Tanbīh fī Furūʻ aš-Šāfiʻīya und viele dazu geschriebene Kommentare, Nahāya al-Maṭlab fī Dirāya al-Maḏhab von ʻAbdūlmalik al-Ğuwīnī, Al-Basīṭ fī Furūʻ al-Fiqh von Abī Ḥāmid Ġazālī, Al-Wağīz fī Fiqh al-Imām aš-Šāfiʻī, Al-Muḥrar Abī Qāsim ʻAbdulkarīm Rāfiʻī und viele dazu verfasste Kommentare wie z.B. Kašf Ad-Durar als Kommentar zu dem Buch Al-Muḥrar von Šahāb ad-Dīn Ḥaṣafkī und noch weitere andere zählen zu den wichtigen Werken der schafiitischen Rechtslehre.<ref>Naḥrāwī, ''Al-Imām aš-Šāfiʻī fī Mazhabīya al-Qadīm wa al-Ğadīd'', S. 703 – 6217, ausführliche Bibliografie der islamischen Konfessionen, S. 89 - 113</ref>


===Hanbaliten===
===Hanbaliten===


[[Ahmad b. Muhammad ibn Hanbal]] (164 – 241 n.H.) gründete diese Rechtsschule wobei er zu den großen Hadithwissenschaftlern der Ahl as-Sunna gehörte. Umstritten ist jedoch, ob er nach seinem eigenen Verständnis genau wie ein Mujtahid eine Fatwa erlassen konnte oder es vermied und nur gemäß der Überlieferungen handelte und dass es seine Schüler waren, die seine Ansichten verbreiteten.<ref>Abū Ḥabīb, ''Aḥmad ibn Ḥanbal as-Sīrat wa al-Maḏhab'', S. 57 – 69; ''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 199</ref>


[[Aḥmad ibn Muḥammad ibn Ḥanbal]] (164 – 241 n.H.) gründete diese Konfession wobei er zu den großen Ḥadīṯwissenschaftlern der Ahl as-Sunna gehörte. Umstritten ist jedoch, ob er nach seinem eigenen Verständnis genau wie ein Muğtahid eine Fatwa erlassen konnte oder es vermied und nur gemäß der Überlieferungen handelte und dass es seine Schüler waren, die seine Ansichten verbreiteten.<ref>Abū Ḥabīb, Aḥmad ibn Āanbal as-Sīrat wa al-Mazhab, S. 57 – 69; ''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 199</ref>
[[Ibn Qayim Jawziya]], ein Anhänger von Ahmad b. Hanbal, fasste die Prinzipien und die Quellen der hanbalitischen Rechtslehre in fünf Kategorien zusammen: die Textquellen, die Fatwas der Gefährten, das Bevorzugen der Fatwa, welche bei einer Unstimmigkeit zwischen den anderen Fatwas mit dem Koran und der Sunna mehr übereinstimmt, die Bezugnahme auf Überlieferungen die ''mursal'' (unvöllständig bezüglich der Überliefererkette) oder ''zaʿif'' (schwach, zweifelhafte Authentizität) sind aber nur im Falle es liegt keine authentische und korrekte Überlieferung vor, die Anwendung des Analogieschlusses (Qiyās) bei fehlender Überlieferung und dem Nichtvorhandensein der Äußerungen der Gefährten. Bei diesen fünf Prinzipien zeigt die Folge der Aufzählung die Vorrangigkeit dieser.<ref>Aʿlām al-Muqiʿīn, B. 1, S. 33; ''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 200</ref> Einige seiner Zeitgenossen behauptete, dass er sich bei der Auslegung auf acht Quellen beziehe: der Koran, die Sunna, die Fatwas der Sahaba, Ijmaʿ, Qiyas, Istishab, Masalih Mursala und Sadd Tharayiʿ.<ref>Aḥmad Firāğ Ḥusain, ''Tārīḫ al-Figh al-Islāmīya'', S. 38</ref>


==Theologische Konfessionen der Ahl as-Sunna==


[[Ibn Qayim Ğūzīya]], ein Anhänger Aḥmad ibn Ḥanbalʻs, fasste die Prinzipien und die Quellen der hanbalitischen Rechtslehre in fünf Kategorien zusammen: die Textquellen, die Fatawas... der Ṣaḥāba, das Bevorzugen der Fatwa, welche bei einer Unstimmigkeit zwischen den anderen Fatāwas mit dem Qurʻān und der Sunna mehr übereinstimmt, die Bezugnahme auf Überlieferungen die mursal (unvöllständig bezüglich der Überliefererkette) oder ḍaʻīf (schwach, zweifelhafte Authentizität)sind aber nur im Falle es liegt keine authentische und korrekte Überlieferung vor, die Anwendung des Analogieschlusses (Qiyās) bei  fehlender Überlieferung und dem Nichtvorhandensein der Äußerungen der Ṣaḥāba. Bei diesen fünf Prinzipien zeigt die Folge der Aufzählung die Vorrangigkeit dieser .<ref>Aʻlām al-Muqiʻīn, B. 1, S. 33; ''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 200</ref> Einige seiner Zeitgenossen behauptete, dass er sich bei der Auslegung auf acht Quellen beziehe: der Qurʻān, die Sunna, die Fatāwā der Ṣaḥāba, Iğmāʻ, Qiyās, Istiṣḥāb, Maṣāliḥ Mursala und Sad Ḏarāyiʻ.<ref>Aḥmad Firāğ Ḥussein, ''Tārīḫ al-Figh al-Islāmīya'', S. 38</ref>


===<small>Werke</small>===
Hinsichtlich der Glaubensprinzipien verteilt sich die Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa mit ihren Formunterschieden in einem Spektrum hinreichend von [[Aschʿariya]] bis [[Salafiya]]. Diese Unterschiede kamen deswegen zustande, weil ein Teil der Gelehrten hinsichtlich der Glaubensdiskurse einen kontroverstheologischen und argumentativen Weg einschlagen wollte, während andere zugrunde legten, dass das Gelangen an den wahrhaftigen Glauben davon abhängt, die Textquellen zu akzeptieren und der Praxis der Salaf (die Sahaba und die Tabiʿin) zu folgen, in dem kontroverstheologische Diskussionen vermieden werden. Eine spezielle Art der Glaubensrichtung der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa, welche in der Geschichte im Osten des Islamischen Reiches lange existierte, war die hanafitische Schule der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa und ihre kontroverstheologische Form, die Konfession der [[Maturidiya]].


===Ahl al-Hadith===


Das Buch [[Al-Musnad]] von Aḥmad ibn Ḥanbal gehört zu den wichtigsten Büchern unter den Hanbaliten. Er besitzt kein spezielles Buch im Bereich der islamischen Rechtslehre. Seine Schüler und die hanbalitischen Rechtsgelehrten entnahmen seine Ansichten aus seinen Werken und stellten sie zusammen. Die Zusammenfassung von Ḫurfī abī al-Qāsim unter dem Titel ʻUmar Ḫurfī ist das erste Buch, welches im Bereich der hanbalitischen Rechtslehre geschrieben wurde und zu dem es viele Kommentare gibt, davon ist der Kommentar von Muġnī ibn Qidāma der wichtigste. At-Taḏkara von Abī al-Wafāʻ Baġdādī, Al-Hidāya von Abī Al-Ḫaṭāb Kulūḏānī, Al-Mustawʻī von Muḥammad ibn ʻAbdullah Sāmirī, Al-Muḥrar Mağd-ud-Dīn abī al-Barakāt ibn Teymīya und viele dazu gehörige Kommentare und die Al-Fatāwī Ibn Teymīya etc. zählen zu den wichtigen Werken der hanbalitischen Rechtslehre.<ref>''Manāhiğ al-Iğtihād fī al-Islām'', S. 787; ausführliche Bibliogafie der islamischen Konfessionen, S. 113 - 137</ref>
Hauptartikel: [[Ashab al-Hadith]]


==Theologische Konfessionen==
Die Ahl al-Hadith nimmt ihre Rechtsgesetze und Glaubensprinzipien aus den Überlieferungen. Sie tun sich mit der Kalamwissenschaft, Logik, Qiyas und im Allgemeinen mit der rationalen und argumentativen Herangehensweise schwer.<ref>''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 91 </ref> Die Rechtsgelehrten von Hijaz wie Malik b. Anas und  Schafiʿi sowie Rechtsgelehrte anderer Gebiete wie Sufiyan Thuri, Ahmad b. Hanbal, Bukhari etc. zählen jeweils hinsichtlich eines Aspektes zu der Ashab al-Hadith. Sie beschäftigten sich gewöhnlich nicht mit kontroverstheologischen Thematiken. [[Ahmad b. Hanbal]] verfasste im Bereich der Glaubensartikel einige Prinzipien.<ref>''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 92 </ref> Eine Gruppe und Strömung unter den Sunniten, die für das Sammeln, Lehren und Verbreiten von Hadithen verantwortlich waren und mit Bezugnahme auf das Äußerliche bzw. die Wortwörtlichkeit der Überlieferungen in Glaubensfragen und Fiqh-Angelegenheiten ihr Urteile bildeten und Anwender rationaler Argumentationsmethoden auf dem Gebiet der Rechtsprechung und Theologie kritisierten.<ref>Raḍawī, ''Ahl Ḥadīṯ'', S.563.</ref> [[Malik b. Anas]], [[Schafiʿi]], [[Ahmad b. Hanbal]] und [[Dawud b. Ali Isfahani]], das Oberhaupt der Dawudiyya-Konfession, gelten als die großen Gelehrten auf dem Gebiet der Rechtsprechung.<ref>Raḍawī, ''Ahl Ḥadīṯ'', S.565.</ref> Während des Konflikts zwischen den Ahl al-Hadith und der Kalamwissenschaftler übernahm Ahmad b. Hanbal aufgrund seines Widerstands gegen den Druck von Maʿmun und Muʿtasim Abbasi, die Anhänger der Muʿtaziliten waren, die Führung der Ahl al-Hadith, bestand auf das Nichterschaffensein des Koran und regulierte mit der Verfassung des Buches ''Usul as-Sunna'' die Ansichten der Ahl al-Hadith in Glaubensfragen.<ref>Raḍawī, ''Ahl Ḥadīṯ'', S.565.</ref> Die Ahl al-Hadith nehmen diejenigen Attribute Gottes im Koran, welche menschenähnlich sind wortwörtlich und sagen, dass die Gläubigen Gott im Jenseits sehen werden<ref>Raḍawī, ''Ahl Ḥadīṯ'', S.566.</ref> Zu Beginn des vierten Jahrhunderts mit der Gegenüberstellung der Muʿtaziliten gegen der formalistischen Methodik der Ahl al-Hadith versuchten Personen wie Aschʿari und Maturidi, um es um es zu verteidigen, diese zu rationalisieren. Und etablierten die nächsten sunnitischen theologischen Denkschulen.<ref>Raḍawī, ''Ahl Ḥadīṯ'', S.567.</ref>


===Muʿtazila===


Hinsichtlich der Glaubensprinzipien verteilt sich die Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa mit ihren Formunterschieden in einem Spektrum hinreichend  von  Ašʻarīya bis Salafīya. Diese Unterschiede kamen deswegen zustande , weil ein Teil der Gelehrten hinsichtlich der Glaubensdiskurse einen kontroverstheologischen und argumentativen Weg einschlagen wollte, während andere zugrunde legten, dass das Gelangen an den wahrhaftigen Glauben davon abhängt, die Textquellen zu akzeptieren und der Praxis der Salaf (die Ṣaḥāba und die Tābiʻīn) zu folgen, in dem kontroverstheologische Diskussionen vermieden werden. Eine spezielle Art der Glaubensrichtung der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa, welche in der Geschichte im Osten des Islamischen Reiches lange existierte, war die hanafitische Schule der Ahl as-Sunna wa al-Ğamāʻa und ihre kontroverstheologische Form, die Konfession der Māturīdīa.
Hauptartikel: [[Muʿtazila]]


Die Muʿtaziliten sind eine Denkströmung innerhalb der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa, die den Rationalismus zur Grundlage ihrer Ideologie machten und bereiteten durch die Akzeptanz der Autorität der Vernunft, ihr ein weites Feld im Bereich des Denkens und Handelns.<ref>Siehe: Ṭāleqānī wa Malik Makān, ''Čīstī ʿAql dar ʿAqlgarāī Moʿtazeleh'', S.129-142.</ref> Der erste Führer dieser Gruppe war [[Wasil ibn ʿAtaʿ]] (110 n.H). Er legte die Theorie vor, dass derjenige, der große Sünden begeht, weder ein Ungläubiger noch ein Gläubiger ist, sondern sich zwischen zwei Stufen des Unglaubens und des Glaubens befindet. Während des Unterrichts mit seinem Lehrer al-Hasan al-Basri zog er sich zurück und verliess die Moschee, wonach er und seine Anhänger Muʿtazila (die Zurückgezogenen) genannt wurden.<ref>Maškūr, ''Farhang-e Firaq Eslāmī'', 1372 n.i.S, S.416.</ref> Die Muʿtaziliten waren gegen die Theorie des Nichterschaffenseins des Koran's, sie glaubten an die Erschaffung des Koran's und betrachteten die ewigen Eigenschaften Gottes als identisch mit seinem Wesen.<ref>Maškūr, ''Farhang-e Firaq Eslāmī'', 1372 n.i.S, S.416.</ref> Einer ihrer Grundsätze ist die Gerechtigkeit. Sie glaubten an die Fähigkeit der Vernunft, das Schlechte und das Gute zu unterscheiden und waren im Lichte dessen der Überzeugung, dass seitens Gott keine Handlung, welche der Verstand als böse ansieht, erfolgt.<ref>Anwārī, Muḥammad Ğawād, ''Uṣūl Ḫamsa'', S.280.</ref> Die Grundprinzipien der Muʿtazila sind als die fünf Prinzipien bekannt. Diese sind: Die Einzigkeit Gottes in seinen Attributen, die Gerechtigkeit, Warnung und Verheißung (Gewissheit der göttlichen Belohnung und Bestrafung), ein Status zwischen zwei Status, sowie das Gute gebieten und das Böse verwehren.<ref>Maškūr, ''Farhang-e Firaq Eslāmī'', 1372 n.i.S, S.417.</ref>


===Māturīdīya===
===Maturidiya===


Hauptartikel: [[Māturīdīya]]
Hauptartikel: [[Maturidiya]]


Die Anhänger von [[Abū Manṣūr Māturīdī]], welche im Bereich der Rechtslehre [[Abū Ḥanīfa]] folgen, wurden bezüglich ihrer kontroverstheologischen Ansichten von ihm beinflußt. Māturīdīya startete  im Grunde genommen einen Versuch, Muʻtazila und Ahl al-Ḥadīṯ aneinanderzufügen, wobei bei kontroverstheologischen Argumentationen Wert auf den Verstand gelegt wird.Er bedient sich aber auch durch den Qurʻān und durch die Überlieferungen. Seine theologische Sichtweise basiert auf das Bestreiten jeder Art von Unvollständigkeit und die  Abhängigkeit von Gott. Einige sehen keinen Unterschied zwischen der Māturīdīya und der Ašāʻira, während andere Forscher die Ansichten und die kontroverstheologische Methodik der beiden von einander trennen. Abūzuhra sagt: „Bei der ašʻaritischen Methode hat der Verstand eine ganz bedeutende dominierende Stellung. Die Ašāʻira jedoch halten sich an die Schriften und bestätigen ihre Inhalte verstandesgemäß. Ašāʻira steht zwischen der Ahl al-Ḥadīṯ und der Muʻtazila und die Māturīdīya zwischen der Ašāʻira und der Muʻtazila.
Gleichzeitig mit Abu al-Hasan al-Aschʿari, der in Irak sich als Freund und Helfer von Ahmad b. Hanbal erklärte, erhob sich Abu Mansur as-Samarqandi al-Maturidi (250-333 n.H.) im Osten der islamischen Welt und ergriff für die Ahl al-Hadith Partei. Natürlich, ohne dass sich die beiden kannten.<ref>Subḥānī, ''Buḥūṯ fī Al-Milal wa an-Naḥl'', Muʿasisa Imām Ṣādiq, B.3, S.11.</ref> Maturidi übernahm  viele theologische Ansichten von Abu Hanifa. Darüber hinaus befolgen die Anhänger von Maturidi auch in der Rechtsprechung Abu Hanifa.<ref>Subḥānī, ''Buḥūṯ fī Al-Milal wa an-Naḥl'', Muʿasisa Imām Ṣādiq, B.3, S.13-14.</ref> Die Maturidiya war ein Versuch die Muʿtazilitin und die Ahl al-Hadith miteinander zu versöhnen, wobei bei theologischen Argumenten Wert auf die Vernunft gelegt wurde. Er bezieht sich auch auf Überlieferungen.(Ğalālī, ''Pajūhešī dar Bāb Māturidiya'', S.98) Seine Sicht in der Theologie ist tanzihi.<ref>Ğalālī, ''Pajūhešī dar Bāb Māturidiya'', S.104.</ref> Einige sehen keinen signifikanten Unterschied zwischen den Maturidiya's und den Aschʿariten. Aber die meisten Gelehrten trennen die theologischen Ansichten und Methoden der Maturidiya's von denen der Aschʿariten. [[Abu Zuhra]] sagt: ''Bei der maturidischen Methode dominiert der Intellekt sehr stark. Doch die Aschʿariten halten sich an die in den Textquellen gerichtete Herangehensweise und bestätigen sie mit der Vernunft. Die Aschʿariya's sind in der Linie zwischen den Ahl al-Hadith und den Muʿtazilla's, während die Maturidiya's sich zwischen den Aschʿariten und den Muʿtazilla's befinden''.<ref>Ğalālī, ''Pajūhešī dar Bāb Māturidiya'', S.98-99.</ref>


===Aschʿariya===


Hauptartikel: [[Aschʿari]]


===Ašʻarī===
Die Anhänger der theologischen Schule von Abu al-Hasan Ali b. Ismail al-Aschʿari (260-330 n.H.). Er selbst war ein Schüler von Abu Ali Jubaʿi, einem Muʿtazilitin Gelehrten, aber im Alter von vierzig Jahren sprach er sich von den Muʿtazilitin los und verbrachte den Rest seines Lebens damit, gegen sie zu kämpfen. Ausserdem schrieb er viele Bücher, um seine Methode zu beweisen.<ref>Ḫātamī, ''Farhang-e ʿElm-e Kalām'', 1370 n.i.S, S.48.</ref> Abu al-Hasan al-Aschʿari folgte in den Zweigen (Furuʿ) der Rechtsprechung (Fiqh) die Rechtschule von Imam asch-Schafiʿi, aber in der Beweisführung bezüglich der Glaubensüberzeugungen bediente er sich trotz des Verbots der Ashab al-Hadith theologischer Argumente. Er passte seine Prinzipien an die Überzeugungen der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa an und gründete die aschʿaritische Konfession. Die Asch'aritin betrachten die Attribute Gottes als etwas außerhalb seines Wesens<ref>Taftāzānī, ''Šarḥ al-ʿAqaāʿid an-Nasafīya'', 1407 n.H, S.36.</ref>  und betrachten das Wort Gottes als unerschaffen.<ref>Taftāzānī, ''Šarḥ al-ʿAqaāʿid an-Nasafīya'', 1407 n.H, S.45.</ref>
 
Hauptartikel: [[Ašāʻira]]
 
Einige der Ahl as-Sunna lehnen das Imāma ab und versuchen  den Traditionalismus der Ahl al-Ḥadīṯ und den Rationalismus der Muʻtazila zu vereinen – sie tendieren selbst mehr in Richtung des Traditionalismus da sie glauben,dass Gottes Eigenschaften außerhalb seines Wesens bestehen und es seine Worte seit eh und je gab.  
 
 
===Ahl al-Ḥadīṯ===
 
Hauptartikel: [[Aṣḥāb al-Ḥadīṯ]]
 
Die Ahl al-Ḥadīṯ nimmt ihre Rechtsgesetze und Glaubensprinzipien aus den Überlieferungen. Sie tun sich mit der Kontroverstheologie, Logik, Qiyās, Raʻy und im Allgemeinen mit der Rationalität schwer.<ref>''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 91 </ref> Die Rechtsgelehrten von Ḥiğāz wie Mālik ibn Anas und Šāfiʻī  sowie Rechtsgelehrte anderer Gebiete wie Sufīyān Ṯūrī, Aḥmad ibn Ḥanbal, Buḫārī etc. zählen jeweils hinsichtlich eines Aspektes zu der Aṣḥāb al-Ḥadīṯ. Sie beschäftigten sich gewöhnlich nicht mit kontroverstheologischen Thematiken. [[Aḥmad ibn Ḥanbal]] verfasste im Bereich der Glaubensartikel einige Prinzipien.<ref>''Einblick in die sunnitischen Glaubensrichtungen'', S. 92 </ref>
 
===Muʻtazila===
 
Hauptartikel: [[Muʻtazila]]
 
Die Muʻtazila gehört zu den Hauptströmungen der sunnitschen Kontroverstheologie. Im Gegensatz zu der Ahl al-Ḥadīṯ, welche sowie vertrauliche Überlieferungen des Propheten (s.) und der [[Ṣaḥāba]] als auch gefälschte in Betracht zieht, sehen die Muʻtazila den Verstand alleine für die Befolgung des wahren Islam als genügend an. Manchmal vermischten sie philosophische Ansichten mit der Religion. Später kamen die Ašāʻira auf und ersetzten die Ahl al-Ḥadīṯ. [[Ašāʻira]] könnte man als die Vereinigung der Muʻtazila und der Ahl al-Ḥadīṯ betrachten, obwohl sie die Glaubensprinzipien der Muʻtazila ablehnen.
 
Die Muʻtazila fokussierten dermaßen auf die Rationalität, dass sie entgegen vieler Rechtsgelehrten, welche die Überlieferungen als absolut ansehen, glaubten, bei einer Nichtübereinstimmung zwischen der Überlieferung und dem Verstand, der Verstand den Vorrang habe. Die Verhaltensweisen und Äußerungen der Ṣaḥāba galten für sie als nicht absolut und verpflichtend. Aber die wesentlichste und gleichzeitig umstrittenste Stellungnahme der Muʻtazila war diesbezüglich die Frage, ist der Qurʻān ein Geschöpf oder nicht.
 


===Wahhabismus===
===Wahhabismus===
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Hauptartikel: [[Wahhabismus]]
Hauptartikel: [[Wahhabismus]]


Die Wahhabiten sind die Anhänger des Muḥammad ibn ʻAbdūl al-Wahāb, welcher Ende des zwölften Jahrhunderts n.H. das Gedankengut  des Ibn Teymīya verbreitete. Die Glaubensprinzipien der Wahhabiten lassen sich in folgende zusammenfassen:
Die Wahhabiten sind Anhänger von [[Muhammad b. ʿAbd ul-Wahhab]], der im späten zwölften Jahrhundert n.H. die Ansichten von Ibn Taymiyya förderte<ref>Amīn, Sayyid Muḥsin, ''Kašf al-Irtiyā''b, Dār al-Kutub al-Islāmī, S.10)</ref>, welcher glaubte, dass einige muslimische Überzeugungen und Praktiken mit dem Tawhid unvereinbar sind .(Siehe: Ibn Taymiyya, Mağmūʿat al-Wasāʿil wa al-Masāʿil, Li Ğannat at-Turāṯ al-ʿArabī, S.1-3, 20, 21, 42-43.) Sie wären mit Häresie und Polytheismus gleichzusetzen.<ref> al-Muġniya, ''Hāḏihi hiya al-Wahābiya'', Munaḍamat al-Aʿlām al-Islāmī, S.74-76.</ref>
* Die Überzeugung, dass die Mittlerschaft zwischen einem Geschöpf und seinem Gott mit der Einheit Gottes in seiner Gottheit nicht übereinstimmt.
 
* Die Mušrikīn zur  Zeit des Propheten (s.) waren betreffend der Gottheit Gottes keine Polytheisten. Obwohl die Götzenanbeter eine Nähe zu Gott suchten und ihre Götzen als Mittlerschaft  zu Gott  ansahen, betrachtete der Qurʻān ihre Handlung als širk, also eine Beigesellung Gottes durch andere Gottheiten .
Die Konferenz mit dem Titel ''Wer sind die Sunniten und ihre Gemeinde?'' fand vom 25. bis 27. August 2016 in Anwesenheit von Imam Akbar al-Azhar und 200 sunnitischen Gelehrten in der tschetschenischen Hauptstadt statt. Hier wurde die Wahhabiya von den Glaubenskonfessionen der Ahl as-Sunna wa al-Jamaʿa ausgeschlossen, eingeschlossen wurden nur die Aschʿariya, Maturidiya und Ahl al-Hadith.<ref>اعلام برائت اهل سنت از وهابیت، شبکه العالم، تاریخ خبر: ۸ شهريور ۱۳۹۵ - همچنین رجوع کنید به وبگاه رسمی این کنفرانس و بیانیه اختتامیه آن</ref>
* Jede Handlung, welche den Handlungen der Mušrikīn zur Zeit des Propheten (s.) ähnelt, wie [[Istiġāṯa]] (Anflehen) und die Hilfesuche bei anderen Wesen außer Gott und das Bitten um eine Mittlerschaft von Wesen außer Gott ist eine Beigeselligung.
* Die Schiiten sind Abtrünnige.
* Die Širk der Muslime ist größer als der Širk der Ungläubigen zur Zeit des Propheten (s.).


==Fußnoten==
==Fußnoten==
Anonymer Benutzer