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Vers der Konsultation

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Vers der Konsultation (Arabisch: آية المُشاوِرة‎) (‎Al-i 'Imran‎: 159) beschreibt die Rolle des Propheten (s.‎) bei der Mobilisierung von Muslimen und befiehlt ihm, er möge sich mit den Menschen beraten. Der Offenbarungsanlass dieses Verses besteht darin, das Verhalten des Propheten (s.) in Abstimmung mit seinen Gefährten während der Schlacht von Uhud zu bestätigen.

Die Exegeten führten in Bezug auf den Vers der Konsultation Vorteile für Beratung auf, wie z.B. die Förderung des Intellekts der Menschen sowie die Förderung ihres Verantwortungsgefühls bezüglich gesellschaftlicher Angelegenheiten, Auswahl der besten Meinung, Reformierung der Menschen und ihre Anerkennung.

Laut Koran-Exegeten bezieht sich die Beratung des Propheten (s.) mit den Menschen auf allgemeine und exekutive Angelegenheiten der Gesellschaft sowie darauf, wie die Gebote Gottes umzusetzen sind. Es handelt sich nicht um die Gebote und Verbote Gottes, da diese aus der Offenbarung entspringen, die vom Koran und der Sunnah abgleitet werden.

Die Lehren des Korans im Hinblick auf Beratung werden aus der Perspektive einiger islamischer Denker als die geeignetste Methode zur Etablierung einer islamischen Regierung angesehen.


Einleitung, Text und Übersetzung

Vers 159 der Sure Al-i Imran gilt als Vers der Konsultation.‎[1]‎ Koran-Exegeten untersuchten zudem in Bezug auf diesen Vers‎[2]‎ auch Vers 38 der Sure asch-Schura und stellten dabei die Bedeutung der Beratung in den Mittelpunkt.‎[3]‎ Im Vers der Konsultation wird nicht nur an die vorbildlichen Eigenschaften des Propheten (s.) erinnert, sondern es werden auch drei allgemeine Gebote erteilt: Amnestie, Beratung mit den Menschen und Vertrauen auf Gott.[4]‎ Die Empfehlung zur Konsultation wird auch in eine Reihe von moralischen Grundsätzen miteinbezogen. Laut Ayatollah Makarem Schirazi bezieht sich Gott im Vers der Beratung auf die Sanftmut des Propheten (s.), welche die Muslime anzog und fordert ihn auf den Verfehlern in der Schlacht von Uhud zu vergeben und um Vergebung für die im Krieg Gefallenen zu bitten, und sich in seinen Angelegenheiten mit den Muslimen zu beraten.[5]

Religionsforscher sind der Auffassung, dass der Vers der Konsultation zu einer Ausweitung der Beratungspraktiken in der Gesellschaft führte und dass alle Menschen aktiv am Entscheidungsprozess beteiligt wurden. Ihnen zufolge adressiert dieser Vers den Regierungsaspekt des Propheten (s.) und nicht seinen prophetischen Aspekt, da der Gesandte in einer unmittelbaren Beziehung zu Gott stand und die Menschen nicht benötigte; während die Beratung jedoch eine positive Regierungseigenschaft darstellt, selbst wenn sie von einer unfehlbaren Person geführt wird.‎[6]

"Durch das Erbarmen von Allah bist du mild zu ihnen gewesen; wärest du aber schroff und hartherzig, so würden sie wahrlich rings um dich auseinanderlaufen. So verzeihe ihnen, bitte für sie um Vergebung und ziehe sie in den Angelegenheiten zu Rate. Und wenn du dich entschlossen hast, dann verlasse dich auf Allah! Gewiß, Allah liebt die sich (auf Ihn) Verlassenden." (Sure Al-i Imran, Vers 159)

Herabsendungsgrund

Die Offenbarung des Verses 159 der Sure Al-i Imran bezieht sich auf die Niederlage der Muslime in der Schlacht von Uhud.[7] Laut Tafsir Nemuneh waren der Prophet (s.) und eine Gruppe von Muslimen vor der Schlacht von Uhud der Meinung, die Schlacht in Medina erfolgen zu lassen, der Prophet ( s.) respektierte die Meinung der Mehrheit und ging außerhalb der Stadt gegen die Polytheisten vor. Nach der Niederlage gingen einige davon aus, dass die Nichtbefolgung der Ansicht des Propheten die Niederlage verursachte und dass er sich fortan nicht mehr mit den Muslimen über Fragen beraten solle. Aus diesem Grund wurde der Vers offenbart, also als Reaktion auf diese Denkweise und als Anweisung an den Propheten (s), sich mit ihnen in ihren Angelegenheiten zu beraten.[8]

Die Sanftmut des Propheten (s.) als Grund für die Anziehungskraft des Islam

Laut 'Allama Tabatabai richtete sich Gott an alle Muslime, als er den Propheten (s.) ansprach und Er darauf hinwies, dass die Sanftmut des Propheten (s.) im Umgang mit den Menschen und seine Vergebung ihrer Fehler eine Barmherzigkeit Gottes für die Muslime darstellt, denn Gott ist derjenige, der den Propheten (s.) sanftmütig und gutmütig erschuf.[9] Laut Fazl b. al-Hasan at-Tabrisi zog der Prophet (s.) die Menschen mit seiner Milde zum Islam, hätte er hartherzig gehandelt, hätten sich die Menschen um ihn herum zerstreut.[10]

Wichtigkeit der Beratung

Koran-Exegeten, die sich mit dem Vers zur Konsultation befassten heben Vorteile dafür hervor, wie Förderung des Denkvermögens und des Verantwortungsbewusstseins der Menschen, die beste Meinung auswählen zu können, Anspornen zur Teilnahme an gesellschaftlichen Angelegenheiten, Reformierung des Volkes und die Förderung positiver Charaktereigenschaften.[11]

Der Koran betont die Regelung der Angelegenheiten durch Konsultation, da selbst ein intellektuell starkes Individuum bei der Lösung von Problemen immer nur einige Aspekte in Betracht zieht, während es andere möglicherweise übersieht. In den Versen über die Konsultation wird auch darauf hingewiesen, dass diese Praxis als kontinuierlicher Prozess der Entscheidungsfindung verstanden wird, so dass selbst der Prophet (s.) sich in administrativen Belangen mit den Muslimen beriet, trotz seiner Verbindung zur Offenbarung, und dass gelegentlich die Meinungen der Muslime Vorzug vor seinen eigenen hatten.[12]

'Allama Tabataba'i interpretiert Vers 159 der Sure Al-i Imran als Bestätigung für das Verhalten des Propheten (s) und als Ausdruck dessen, dass seine Handlungen auf Gottes Anweisung basierten und Gott mit seinem Werk zufrieden ist.[13]

Umfang der Beratung des Propheten (s.)

Exegeten beschränken die Beratung des Propheten (s.) mit den Menschen auf öffentliche und exekutive Angelegenheiten, die das Schicksal der Gesellschaft, das öffentliche Interesse und die Umsetzung der Gebote Gottes betreffen, und stellten fest, dass die Beratung nicht Dinge betrifft, die als erlaubt oder verboten gelten und religiöse Angelegenheiten anbelangen, da diese Regeln aus der Offenbarung und aus dem Koran und der Sunna abgeleitet sind und sich auf Gottes gesetzgebende Autorität beziehen.[18] Exegeten wie Sadeghi Tehrani und Makarem Schirazi halten die Konsultation in Bezug auf die Frage des Kalifats für ungültig, da sie der Meinung sind, dass in dieser Angelegenheit ein spezifisches göttliches Dekret offenbart wurde. Ebenso sagen sie, mit der Ernennung des Nachfolgers und Kalifen des Propheten (s.) durch die Offenbarung bestehe kein Raum mehr für eine Beratung.‎[19]‎ Einige sunnitische Exegeten, wie Zamakhschari, weisen die Frage des Kalifats hingegen dem Bereich der Schura bzw. der Konsultation zu, beruhend auf der Aussage von 'Umar b. al-Khattab, dass das Kalifat eine Frage der Beratung wäre.[20]

Befolgung des Ergebnisses der Konsultation durch den Propheten ( s.) in der endgültigen Entscheidungsfindung

‎Einige vertreten die Auffassung, dass der Prophet (s.) zum Respekt der Muslime zur Konsultation aufgerufen wurde und glauben, der endgültige Entscheidungsträger, wie im Vers angegeben, ist der Prophet des Islam und er ist nicht verpflichtet dem Ergebnis der Konsultation zu folgen. Andererseits wurde argumentiert, dass der Prophet (s.) am Ende des Verses als endgültiger Entscheidungsträger dargestellt wird, was aber nicht bedeutet er beriete sich mit den Menschen und ignoriert dann ihre Meinung; dies würde dem Zweck des Verses wiedersprechen und könnte Respektlosigkeit gegenüber der öffentlichen Meinung sowie Ressentiments gegen die Muslime hervorrufen. In der Biographie des Propheten ( s.) lässt sich zudem feststellen, dass er, obwohl er in bestimmten Angelegenheiten anderer Meinung war, dennoch die Meinung der Öffentlichkeit berücksichtigte, um das Prinzip der Beratung zu stärken.[21]

Laut Seyyed Mahmud Taleghani, einem der zeitgenössischen Koran-Exegeten, obliegt die endgültige Entscheidung dem Herrscher, nachdem er sich beraten und die Meinungen anderer eingeholt hat. Er erklärt, dass der Herrscher bemüht sein sollte bei der Prüfung verschiedener Aspekte sozialer Fragen mit anderen kollektiv einen gemeinsamen Nenner zu finden, wenn er jedoch in der Entscheidungsphase zögert und keine klare Entscheidung trifft führt dies zu Chaos.‎[22]

‎==Bildung einer Regierung auf der Grundlage der Lehren bezüglich der Beratung im Koran== ‎Einige islamische Denker, wie Sayyid Mahmud Taleghani und Raschid Reza, betrachten die Lehren des Korans in Bezug auf Beratung als die geeignetsten für die Gründung einer modernen islamischen Regierung, die allen Krisen der islamischen Gesellschaft entgegenwirken kann.[23]‎ Taleghani zieht die Verse 159 der Sure Al-i 'Imran, 38 der Sure asch-Schura und 233 der Sure al-Baqara heran und argumentiert, dass, wenn der Koran Beratung als Prinzip in kleinen familiären Angelegenheiten betrachtet, jedes Haus das Zentrum der Beratung sein kann, was auf die Verwaltung der Gesellschaft oder des Landes ausgeweitet werden sollte.‎[24]‎ Laut Taleghani lehnt das Rätesystem einerseits die Tyrannei ab und steht andererseits im Einklang mit demokratischen Prinzipien. Darüber hinaus wird angenommen, dass die Demokratie lediglich materielle Aspekte betont, während das islamische Rätesystem, da es für die Menschen, die als Statthalter Gottes betrachtet werden, große Ideale im Lichte der Offenbarung vorsieht.[25]