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Scheich at-Tusi: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Muḥammad b. al-Ḥasan b. ʿAlī b. al-Ḥasan''' (Arabisch: محمد بن الحسن بن علي بن الحسن) (385 – 460 n.H.), wohlbekannt unter '''Scheich aṭ-Ṭūsī''' (auch unter dem Namen Scheich aṭ-Ṭāʿifa (Oberhaupt der Schia), war einer der größten [[Muhaddithin]] (Hadith-Wissenschaftler) und [[Rechtsgelehrten]] der schiitischen Glaubensrichtung. ''[[At-Tahzib]]'' und ''[[al-Istibsar]]'', zwei von den vier wichtigsten Quellen ([[Die Vier Bücher]]) der Schiiten wurden von ihm verfasst. Mit 23 Jahren wanderte er in den [[Irak]] aus, wo er sein Wissen durch einige große schiitische Gelehrte wie [[Scheich al-Mufid]] und [[Sayyid al-Murtaza]] bereichern konnte. Der derzeitige abbasidische Kalif übergab Scheich at-Tusi den Lehrsitz für Kalam-Wissenschaft in Bagdad. Als [[die Schapur-Bibliothek]] verbrannt wurde, musste er die Stadt notgedrungen verlassen und ging nach [[Najaf]], wo er später die [[Hawza]] gründete. Nach dem Ableben von [[Sayyid al-Murtaza]] übernahm er die Führung und die höchste juristische Instanz der [[Schiiten]].
'''Muḥammad b. al-Ḥasan b. ʿAlī b. al-Ḥasan''' (Arabisch: {{Arabic|محمد بن الحسن بن علي بن الحسن}}) (385 – 460 n.H.), wohlbekannt unter '''Scheich aṭ-Ṭūsī''' (auch unter dem Namen Scheich aṭ-Ṭāʿifa (Oberhaupt der Schia)), war einer der größten [[Muhaddith|Muhaddithin]] (Hadith-Wissenschaftler) und [[Rechtsgelehrten]] der schiitischen Glaubensrichtung. ''[[Tahzib al-Ahkam (Buch)|At-Tahzib]]'' und ''[[al-Istibsar (Buch)|al-Istibsar]]'', zwei von den vier wichtigsten Quellen ([[Die Vier Bücher]]) der Schiiten wurden von ihm verfasst. Mit 23 Jahren wanderte er in den [[Irak]] aus, wo er sein Wissen durch einige große schiitische Gelehrte wie [[Scheich al-Mufid]] und [[Sayyid al-Murtaza]] bereichern konnte. Der derzeitige abbasidische Kalif übergab Scheich at-Tusi den Lehrsitz für [[Islamische Theologie|Kalam-Wissenschaft]] in [[Bagdad]]. Als [[die Schapur-Bibliothek]] verbrannt wurde, musste er die Stadt notgedrungen verlassen und ging nach [[Najaf]], wo er später die [[Hawza]] gründete. Nach dem Ableben von Sayyid al-Murtaza übernahm er die Führung und die höchste juristische Instanz der [[Schiiten]].


Seine Ansichten und Schriften im Bereich der schiitischen Rechtslehre wie beispielsweise ''Nihaya'', ''[[al-Khilaf]]'' und ''Mabsut'' gelten als die wichtigsten Quellen, worauf sich so gut wie alle schiitischen Rechtsgelehrten beziehen. ''[[At-Tibyan]]'' ist das wichtigste von Scheich at-Tusi verfasste Buch im Bereich der [[Koranexegese]] (Tafsir). Aber auch in anderen islamwissenschaftlichen Zweigen wie [[Rijal]], [[Kalam]] und [[Usul al-Fiqh]] waren und sind seine Ansichten maßgebend. Seine Schriften zählen zu den Nachschlagewerken der schiitischen islamischen Religionswissenschaft. Erst durch ihn kam es zu einer Entwicklung beim [[schiitischen Ijtihad]] und zwar indem er seinen Rahmen erweiterte und diesem Unabhängigkeit von dem sunnitisch definierten [[Ijtihad]] verlieh. Sein berühmtester Schüler war [[Abu as-Salah al-Halabi]].
Seine Ansichten und Schriften im Bereich der schiitischen Rechtslehre wie beispielsweise ''Nihaya'', ''[[al-Khilaf]]'' und ''[[Al-Mabsut]]'' gelten als die wichtigsten Quellen, worauf sich so gut wie alle schiitischen Rechtsgelehrten beziehen. ''[[Al-Tibyan fi Tafsir al-Qur'an (Buch)|At-Tibyan]]'' ist das wichtigste von Scheich at-Tusi verfasste Buch im Bereich der [[Koranexegese]] (Tafsir). Aber auch in anderen islamwissenschaftlichen Zweigen wie [[Rijal]], [[Kalam]] und [[Usul al-Fiqh]] waren und sind seine Ansichten maßgebend. Seine Schriften zählen zu den Nachschlagewerken der schiitischen islamischen Religionswissenschaft. Erst durch ihn kam es zu einer Entwicklung beim schiitischen [[Ijtihad]] und zwar indem er seinen Rahmen erweiterte und diesem Unabhängigkeit von dem [[Ahl as-Sunna wa al-Jama'a|sunnitisch]] definierten Ijtihad verlieh. Sein berühmtester Schüler war [[Abu as-Salah al-Halabi]].


==Biografie==
==Biografie==
Scheich at-Tusi erblickte im Monat [[Ramadan]] des Jahres 385 n.H., vier Jahre nach dem Tode von [[Scheich as-Saduq]] in [[Tus]], einer der wichtigsten Städte [[Khorasans]] das Licht der Welt.<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.161.</ref> Sein [[Beiname]] war Abu Jaʿfar, während er angesichts dessen, dass [[Scheich al-Kulaini]] und [[Scheich as-Saduq]] auch beide diesen Beinamen trugen, er als der dritte Abu Jaʿfar genannt wurde.
Scheich at-Tusi erblickte im Monat [[Ramazan|Ramadan]] des Jahres 385 n.H., vier Jahre nach dem Tode von [[Scheich as-Saduq]] in [[Tus]], einer der wichtigsten Städte [[Khorasan|Khorasans]] das Licht der Welt.<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.161.</ref> Sein [[Beiname]] war Abu Jaʿfar, während er angesichts dessen, dass [[Muhammad ibn Ya'qub al-Kulaini|Scheich al-Kulaini]] und Scheich as-Saduq auch beide diesen Beinamen trugen, er als der dritte Abu Jaʿfar genannt wurde.


Im Jahre 408 n.H. im Alter von 23 Jahren, begab er sich auf den Weg in den Irak, wo er für fünf Jahre der Schüler von [[Scheich al-Mufid]] (gest. 413 n.H.) und drei Jahre der von [[Ibn al-Ghadaʿiri]] (gest. 411 n.H.), [[Ibn Haschir Bazaz]], [[Ibn Abi Jayid]] und [[Ibn as-Salt]] war. Er erlebte auch noch [[Sayyid al-Murtaza]] (geb. 436).<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.161.</ref>
Im Jahre 408 n.H. im Alter von 23 Jahren, begab er sich auf den Weg in den Irak, wo er für fünf Jahre der Schüler von [[Scheich al-Mufid]] (gest. 413 n.H.) und drei Jahre der von [[Ibn al-Ghaza'iri]] (gest. 411 n.H.), [[Ibn Haschir Bazaz]], [[Ibn Abi Jayid]] und [[Ibn as-Salt]] war. Er erlebte auch noch [[Sayyid al-Murtaza]] (geb. 436).<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.161.</ref>


Der abbasidische Kalif [[al-Qaʿim bi-amri ʿllah]] übergab ihm den Lehrsitz für die Kalam-Wissenschaft in [[Bagdad]]. Unter seinen Schülern waren 300 Gelehrte. Er besaß diese Position solange bis Bagdad durch die [[Seldschucken]] zu Fall kam, Tuqrul im Jahre 447 in die Stadt einzog und gleich zu Beginn seines zerstörerischen Vorgehens die [[Schapur-Bibliothek]] in Brand steckte.
Der abbasidische Kalif [[al-Qa'im bi-amri-llah]] übergab ihm den Lehrsitz für die [[Islamische Theologie|Kalam-Wissenschaft]] in [[Bagdad]]. Unter seinen Schülern waren 300 Gelehrte. Er besaß diese Position solange bis Bagdad durch die [[Seldschucken]] zu Fall kam, Tuqrul im Jahre 447 in die Stadt einzog und gleich zu Beginn seines zerstörerischen Vorgehens die [[Schapur-Bibliothek]] in Brand steckte.


Im Jahre 448 n.H. entfachte ein Streit zwischen den [[Schiiten]] und [[Sunniten]]. [[Ibn al-Jawzi]] erzählt von den grausamen Ereignissen dieses Jahres, von der Flucht Scheich at-Tusis und von der Ausplünderung seines Hauses im Jahre 449 n.H., wonach Scheich at-Tusi nach Nağaf auswanderte und die Grundlage zur Errichtung der [[Hawza von Najaf]] legte, obwohl diese angeblich schon vor ihm gegründet worden sein soll.<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.161-162.</ref> Scheich at-Tusi verbrachte seine letzten zwölf Lebensjahre in Najaf.<ref>Dawānī, ''Ein Einblick in das Leben von Scheich at-Tusi'', 1389 n.i.S., S.20.</ref>  
Im Jahre 448 n.H. entfachte ein Streit zwischen den [[Die Schia|Schiiten]] und [[Ahl as-Sunna wa al-Jama'a|Sunniten]]. [[Ibn al-Jawzi]] erzählt von den grausamen Ereignissen dieses Jahres, von der Flucht Scheich at-Tusis und von der Ausplünderung seines Hauses im Jahre 449 n.H., wonach Scheich at-Tusi nach [[Najaf|Nağaf]] auswanderte und die Grundlage zur Errichtung der [[Hawza von Najaf]] legte, obwohl diese angeblich schon vor ihm gegründet worden sein soll.<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.161-162.</ref> Scheich at-Tusi verbrachte seine letzten zwölf Lebensjahre in Najaf.<ref>Dawānī, ''Ein Einblick in das Leben von Scheich at-Tusi'', 1389 n.i.S., S.20.</ref>  


===Familie===
===Familie===
 
Scheich at-Tusi hatte einen Sohn namens Hasan, der nach dem Tod seines Vaters in Najaf blieb und den Status eines [[Großayatollah]] (Marja') erreichte. Scheich at-Tusi hatte auch einen Enkelsohn von Hasan, der Muhammad hieß und dessen Beiname Abul-Hasan war. Dieser war ebenfalls ein Großayatollah in Najaf. Er starb im Jahre 540 n.H.<ref> Amīn, ''Aʿyān aš-Šīʿa'', 1406 n.H., B.9, S.160.</ref>
Scheich at-Tusi hatte einen Sohn namens Hasan, der nach dem Tod seines Vaters in [[Najaf]] blieb und den Status eines [[Großayatollah]] (Marjaʿ) erreichte. Scheich at-Tusi hatte auch einen Enkelsohn von Hasan, der Muhammad hieß und dessen Beiname Abu l-Hasan war. Dieser war ebenfalls ein Großayatollah in Najaf. Er starb im Jahre 540 n.H.<ref> Amīn, ''Aʿyān aš-Šīʿa'', 1406 n.H., B.9, S.160.</ref>


===Tod===
===Tod===
Scheich at-Tusi lebte zwölf Jahre in Najaf und starb in der Nacht auf den Montag des 22. Muharram 460 n.H. Einige seiner Schüler führten die rituelle islamische Totenwaschung (Qusl al-Mayyit) an ihm durch und begruben ihn in seinem Haus.<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.162.</ref>
Scheich at-Tusi lebte zwölf Jahre in Najaf und starb in der Nacht auf den Montag des 22. [[Muharram al-Haram|Muharram]] 460 n.H. Einige seiner Schüler führten die rituelle islamische [[Totenwaschung]] (Qusl al-Mayyit) an ihm durch und begruben ihn in seinem Haus.<ref> Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.162.</ref>


Gemäß seines letzten Willens wurde sein Haus in eine Moschee umgebaut. Die Scheich at-Tusi Moschee – welche auch Jamiʿ ''asch-Scheich at-Tusi'' genannt wird – ist heute eine der bekanntesten Moscheen von [[Najaf]]. Sie befindet sich in dem Stadtteil Mischraq und wurde bisher mehrmals restauriert.<ref>ʿAlawī, ''Ilustrierter Reiseführer für die Wallfahrtsorte im Irak'', 1389 n.i.S.,S.150</ref>
Gemäß seines letzten Willens wurde sein Haus in eine [[Moschee]] umgebaut. Die [[Scheich at-Tusi Moschee]] – welche auch «Jami' asch-Scheich at-Tusi» genannt wird – ist heute eine der bekanntesten Moscheen von Najaf. Sie befindet sich in dem Stadtteil Mischraq und wurde bisher mehrmals restauriert.<ref>ʿAlawī, ''Ilustrierter Reiseführer für die Wallfahrtsorte im Irak'', 1389 n.i.S.,S.150</ref>


==Lehrer und Schüler==
==Lehrer und Schüler==
===Lehrer===
===Lehrer===
Scheich at-Tusi hatte unzählige Lehrer. Mirzā Ḥusein Nūrī führt in seinem Buch Mustadrak Wasāʿil aš-Šīʿa<ref>''Mustadrak al-Wasāʿil'', B.3, S.509.</ref>37 Namen an, von 5 dieser Personen überlieferte er zumeist:<ref> Scheich Ṭūsī, ''Nihāya'', Quds-Verlag, S.31 – 32.</ref>
Scheich at-Tusi hatte unzählige Lehrer. [[Mirza Hussein Nuri]] führt in seinem Buch [[Mustadrak Wasa'il al-Schia]]<ref>''Mustadrak al-Wasāʿil'', B.3, S.509.</ref>37 Namen an, von 5 dieser Personen überlieferte er zumeist:<ref> Scheich Ṭūsī, ''Nihāya'', Quds-Verlag, S.31 – 32.</ref>
* Ahmad b. ʿAbd al-Wahid b. Ahmad Bazaz, auch bekannt unter dem Namen [[Ibn Haschir]] sowie Ibn ʿAbdun (gest. 423 n.H.)
* Ahmad b. Abd al-Wahid b. Ahmad Bazaz, auch bekannt unter dem Namen [[Ibn Haschir]] sowie Ibn ʿAbdun (gest. 423 n.H.)
* Ahmad b. Muhammad b. Musa. Man nannte ihn auch [[Ibn Salt al-Ahwazi]] (gest. 408 n.H.)
* Ahmad b. Muhammad b. Musa. Man nannte ihn auch [[Ibn Salt al-Ahwazi]] (gest. 408 n.H.)
* Husain b. ʿUbaidullah b. Ghadaʿiri (gest. 411 n.H.)
* Husain b. Ubaidullah b. Ghaza'iri (gest. 411 n.H.)
* Scheich ʿAbu l-Husain ʿAli b. Ahmad b. Muhammad b. Abi Jayd (gest. Nach dem Jahr 408 n.H.)
* Scheich Abul-Husain ʿAli b. Ahmad b. Muhammad b. Abi Jayd (gest. Nach dem Jahr 408 n.H.)
* [[Scheich al-Mufid]] (gest.413 n.H.)
* [[Scheich al-Mufid]] (gest.413 n.H.)


===Schüler===
===Schüler===
Über 300 schiitische und sunnitische Mujtahids waren Scheich at-Tusis Schüler. Darunter sind folgende Persönlichkeiten zu verzeichnen:<ref>Scheich Ṭūsī, ''Nihāya'', Quds-Verlag, S.36 – 39.</ref>  
Über 300 [[Die Schia|schiitische]] und [[Ahl as-Sunna wa al-Jama'a|sunnitische]] Mujtahids waren Scheich at-Tusis Schüler. Darunter sind folgende Persönlichkeiten zu verzeichnen:<ref>Scheich Ṭūsī, ''Nihāya'', Quds-Verlag, S.36 – 39.</ref>  


* [[Abu ʿAli at-Tusi]], der Sohn von Scheich at-Tusi
* [[Abu Ali at-Tusi]], der Sohn von Scheich at-Tusi
* [[Abusalah Taqi b. Najm ud-Dīn al-Halabi]]
* [[Abusalah Taqi b. Najm ud-Din al-Halabi]]
* [[Scheich Muhammad b. ʿAli]], Verfasser der Werke ''[[Maʿalim al-ʿUlama]]ʿ'' und ''[[al-Manaqib]]''
* Schar Aschub Mazandarani, der Großvater von [[Scheich Muhammad b. Ali]], Verfasser der Werke ''[[Ma'alim al-Ulama]]ʿ'' und ''[[al-Manaqib]]''
* [[Muhammad b. al-Hasan Fattal an-Naischaburi]], Autor des Buches [[''Rauda al-Waʿizin'']]
* [[Muhammad b. al-Hasan Fattal an-Naischaburi]], Autor des Buches ''[[Rauda al-Waʿizin]]''
* [[Abu l-Fath Muhammad b. ʿAli Karajaki]]
* [[Abul-Fath Muhammad b. Ali Karajaki]]


===Werke===
===Werke===
Hauptartikel: [[Werke von Scheich at-Tusi]]
{{Hauptartikel|Werke von Scheich at-Tusi}}
Scheich at-Tusi verfasste viele Bücher im Bereich der islamischen Religionswissenschaft wie [[Islamische Jurisprudenz|Fiqh]], [[Islamische Theologie|Kalam]], [[Tafsir]], [[Rijal]] und dergleichen. Einige seiner Werke gingen jedoch leider verloren. [[Aqa Bozorg Tehrani]] führt in seinem Buch [[Nihaya]] eine Liste von Scheich at-Tusis Schriften an.<ref>Scheich Ṭūsī, ''Nihāya'', Quds-Verlag, S.17 – 31.</ref>


Scheich at-Tusi verfasste viele Bücher im Bereich der islamischen Religionswissenschaft wie [[al-Fiqh]], [[Kalam]], [[Tafsir]], [[ar-Rijal]] und dergleichen. Einige seiner Werke gingen jedoch leider verloren. [[Aqa Bozorg Tehrani]] führt in seinem Buch [[Nihaya]] eine Liste von Scheich at-Tusis Schriften an.<ref>Scheich Ṭūsī, ''Nihāya'', Quds-Verlag, S.17 – 31.</ref>
==Ansichten und gedankliche wie religiöse Stellungnahme==
Scheich at-Tusi gehörte zur Elite der [[Theologische Schule Bagdad|rationalen Denkschule Bagdads]]. Er setzte nicht nur die von seinen Scheichs [[Sayyid Murtaza]] und [[Scheich al-Mufid|Scheich Mufid]] praktizierten Methoden fort sondern er vervollständigte sie auch. Er verfasste viele Schriften in den unterschiedlichsten Bereichen der Religionswissenschaft und konnte durch seinen Einfluss auf die [[Die Schia|schiitische]] wissenschaftliche Gemeinschaft und mit der Erziehung unzähliger Schüler eine fortdauernde Auswirkung auf die Denkweise der Gelehrten in der schiitischen Welt erreichen. Durch seine Bemühungen etablierte sich die Rechtsfindung ([[Ijtihad|Iğtihād]]), die Rationalität im Fiqh-Bereich und die schiitischen Überzeugungsgrundlagen als gängige Lehrrichtung bei den Schiiten, wodurch er die mehrere Jahrhunderte andauernde Dominanz der [[Akhbari]]-Orientierung beendete.


==Ansichten und gedankliche wie religiöse Stellungnahme==
==Gründung der Hawza Ilmiyya von Najaf==
Scheich at-Tusi gehörte zur Elite der rationalen Denkschule Bagdads. Er setzte nicht nur die von seinen Scheichs Sayyid Murtaḍā und Scheich Mufīd praktizierten Methoden fort sondern er vervollständigte sie auch. Er verfasste viele Schriften in den unterschiedlichsten Bereichen der Religionswissenschaft und konnte durch seinen Einfluss auf die schiitische wissenschaftliche Gemeinschaft und mit der Erziehung unzähliger Schüler eine fortdauernde Auswirkung auf die Denkweise der Gelehrten in der schiitischen Welt erreichen. Durch seine Bemühungen etablierte sich die Rechtsfindung (Iğtihād), die Rationalität im Fiqh-Bereich und die schiitischen Überzeugungsgrundlagen als gängige Lehrrichtung bei den Schiiten, wodurch er die mehrere Jahrhunderte andauernde Dominanz der Aḫbārī-Orientierung beendete.
{{Hauptartikel|Hawza Ilmiyya Najaf}}
==Gründung der Ḥawza ʿIlmīyya von Najaf==
Nach dem Angriff der [[seldschukischen]] Türken auf Bagdad und den darauffolgenden Ereignissen wie der Brand der [[Schapur Bibliothek]] und das Entfachen [[Ahl as-Sunna wa al-Jama'a|sunnitisch]]-[[Die Schia|schiitischer]] Konflikte in [[Bagdad]] wanderte Scheich at-Tusi nach [[Najaf|Nağaf]] aus, wo er seine wissenschaftlichen Aktivitäten sofort wieder aufnahm. Die Ḥawza ʿIlmīyya in Nağaf wurde durch seine Anstrengungen gegründet. Ihm gelang es, der verwirrten und abstrusen wissenschaftlichen Lage in Nağaf Ordnung zu verleihen und Lehrveranstaltungen zu organisieren. Zuerst schlossen sich Scheich at-Tusi nur einige von denen an, die ihn bei seiner Auswanderung von Bagdad nach Najaf begeleitet oder von seinem wissenschaftlichen Rang gehört hatten. Doch schon nach kurzer Zeit verwandelte sich die Stadt Najaf in das wissenschaftliche Zentrum der Schia. Allerdings gehen einige davon aus, dass schon bereits vor dem Eintritt des Scheichs in diese Stadt in Najaf wissenschaftliche Kreise entstanden waren und die Rolle des Scheichs hinsichtlich der Ḥawza ʿIlmīyya eigentlich nur eine stabilisierende und ordnungschaffende war.
Hauptartikel: Ḥawza ʿIlmīyya Najaf
Nach dem Angriff der seldschukischen Türken auf Bagdad und den darauffolgenden Ereignissen wie der Brand der Šāpūr Bibliothek und das Entfachen sunnitisch-schiitischer Konflikte in Bagdad wanderte Scheich at-Tusi nach Nağaf aus, wo er seine wissenschaftlichen Aktivitäten sofort wieder aufnahm. Die Ḥawza ʿIlmīyya in Nağaf wurde durch seine Anstrengungen gegründet. Ihm gelang es, der verwirrten und abstrusen wissenschaftlichen Lage in Nağaf Ordnung zu verleihen und Lehrveranstaltungen zu organisieren. Zuerst schlossen sich Scheich at-Tusi nur einige von denen an, die ihn bei seiner Auswanderung von Bagdad nach [[Najaf]] begeleitet oder von seinem wissenschaftlichen Rang gehört hatten. Doch schon nach kurzer Zeit verwandelte sich die Stadt Najaf in das wissenschaftliche Zentrum der Schia. Allerdings gehen einige davon aus, dass schon bereits vor dem Eintritt des Scheichs in diese Stadt in Najaf wissenschaftliche Kreise entstanden waren und die Rolle des Scheichs hinsichtlich der Ḥawza ʿIlmīyya eigentlich nur eine stabilisierende und ordnungschaffende war.


==Scheich at-Tusis Rolle bei der Vervollkomnung der schiitischen Rechtslehre==
==Scheich at-Tusis Rolle bei der Vervollkomnung der schiitischen Rechtslehre==
Die Einführung der rationalistischen und argumentativen Methodik bei der Rechtsfindung wird meistens als die prominenteste Errungenschaft Scheich at-Tusis innerhalb der Geschichte der schiitischen Rechtslehre definiert. Vor Scheich at-Tusi herrschte in der schiitischen Rechtslehre die Aḫbārīyya Lehrrichtung. Er jedoch, stützend auf die Uṣūl-Disziplin und unter Anwendung des Iğtihāds betrieb er die Urteilsfindung aus den Überlieferungen. Seine von ihm etablierte Methode bei der Normenfindung (Fiqh) bewirkte eine tiefgehende Auswirkung auf den geschichtlichen Verlauf der schiitischen Rechtslehre, eine, die konkurrenslos war und von den schiitischen Gelehrten genutzt wurde. <ref> Reḍāzādeh ʿAskarī, ''Die Rolle von Scheich Ṭūsī bei der Enstehung der wissenschaftlichen Bewegung'', S.242</ref> Auch nach seinem Tod blieben seine rechtslehrerischen Ansichten anerkannt, niemand wagte sich diesen zu widersprechen, bis Ibn Idrīs (gest. 597 n.H.) sich gegen seine Ansichten auflehnte.<ref>Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.162.</ref>
Die Einführung der rationalistischen und argumentativen Methodik bei der Rechtsfindung wird meistens als die prominenteste Errungenschaft Scheich at-Tusis innerhalb der Geschichte der schiitischen Rechtslehre definiert. Vor Scheich at-Tusi herrschte in der schiitischen Rechtslehre die [[Akhbariyya]] Lehrrichtung. Er jedoch, stützend auf die Uṣūl-Disziplin und unter Anwendung des Iğtihāds betrieb er die Urteilsfindung aus den [[Überlieferungen]]. Seine von ihm etablierte Methode bei der Normenfindung (Fiqh) bewirkte eine tiefgehende Auswirkung auf den geschichtlichen Verlauf der schiitischen Rechtslehre, eine, die konkurrenslos war und von den schiitischen Gelehrten genutzt wurde.<ref> Reḍāzādeh ʿAskarī, ''Die Rolle von Scheich Ṭūsī bei der Enstehung der wissenschaftlichen Bewegung'', S.242</ref> Auch nach seinem Tod blieben seine rechtslehrerischen Ansichten anerkannt, niemand wagte sich diesen zu widersprechen, bis [[Ibn Idris]] (gest. 597 n.H.) sich gegen seine Ansichten auflehnte.<ref>Āqā Bozorg, ''Ṭabaqāt Aʿlām aš-Šīʿa'', Ismāʿīlīyān, S.162.</ref>
Eine der hauptsächlich gedanklichen Beschäftigungen Scheich at-Tusis waren die zwischen den von den Imamen überlieferten Ḥadīṯen vorhandenen Widersprüche. Er stellte in seinen Büchern Tahḏīb al-Aḥkām und al-Istibṣār die widersprüchlichen Überlieferungen zusammen und begann diese per Auslegung wie eine Aufgabe zu lösen, er erstellte dembezüglich sogar eine Methode. Die vergleichende Rechtslehre gilt als eine der Besonderheiten von Scheich at-Tusis gedanklichen Grundlagen im Bereich des Fiqhs. Sein wichtiges Buch dembezüglich heißt ''al-Ḫalāf fī al-Aḥkām''.
Eine der hauptsächlich gedanklichen Beschäftigungen Scheich at-Tusis waren die zwischen den von den Imamen überlieferten Ḥadīṯen vorhandenen Widersprüche. Er stellte in seinen Büchern [[Tahzib al-Ahkam (Buch)|Tahḏīb al-Aḥkām]] und [[al-Istibsar|al-Istibṣār]] die widersprüchlichen Überlieferungen zusammen und begann diese per Auslegung wie eine Aufgabe zu lösen, er erstellte dembezüglich sogar eine Methode. Die vergleichende Rechtslehre gilt als eine der Besonderheiten von Scheich at-Tusis gedanklichen Grundlagen im Bereich des Fiqhs. Sein wichtiges Buch dembezüglich heißt ''[[al-khilaf fi al-Ahkam]]''.
 
===Innovation bei der Exegesenverfassung===
===Innovation bei der Exegesenverfassung===
Hauptartikel: at-Tibīyān fī Tafsīr al-Qurʿān
{{Hauptartikel|Al-Tibyan fi Tafsir al-Qur'an (Buch)}}
Zu Scheich at-Tusi gehört auch das Buch ''at-Tibiyan fi Tafsir al-Quran''. Vielen später verfassten schiitischen Exegesen lag dieses Buch zugrunde. At-Tibiyān ist das erste vollständige Tafsir , welches von einem Schiiten verfasst wurde und alle Suren des Korans umfasst. Scheich at-Tusis Aufmerksamkeit lag hauptsächlich auf den Ansichten schiitischer sowie sunnitischer Gelehrten, die Überprüfung exegetischer Meinungen andere Exegeten, Anwendung arabischer literarischer Texte stammend aus der vorislamischen Zeit und die Darlegung von Informationen über die im Koran vorhandenen Fremdwörter sowie über die Rezitationsunterschiede, aber auch über Themen im Bereich Fiqh, Kalām und Eloquenz hinsichtlich der Koranverse zählen zu einigen der Besonderheiten dieses Buches, doch sehr im Gegensatz zu den vorherigen Tafsirs, denn in den schiitischen Exegesen vor Scheich at-Tusi begrenzt man sich ausschliesslich auf die Anführung von Überlieferungen bei der Interpretation der Koranverse.<ref> Ġolāmī, ''Ein Einblick in das erste umfassende und vollständige Tafsir der schiitischen Welt'', S.85 - 86</ref>
Zu Scheich at-Tusi gehört auch das Buch ''at-Tibiyan fi Tafsir al-Quran''. Vielen später verfassten schiitischen Exegesen lag dieses Buch zugrunde. At-Tibiyān ist das erste vollständige Tafsir, welches von einem Schiiten verfasst wurde und alle [[Sure|Suren]] des [[Qur'an|Korans]] umfasst. Scheich at-Tusis Aufmerksamkeit lag hauptsächlich auf den Ansichten [[Die Schia|schiitischer]] sowie [[Ahl as-Sunna wa al-Jama'a|sunnitischer]] Gelehrten, die Überprüfung exegetischer Meinungen andere Exegeten, Anwendung arabischer literarischer Texte stammend aus der vorislamischen Zeit und die Darlegung von Informationen über die im Koran vorhandenen Fremdwörter sowie über die Rezitationsunterschiede, aber auch über Themen im Bereich [[Islamische Jurisprudenz|Fiqh]], [[Islamische Theologie|Kalām]] und Eloquenz hinsichtlich der Koranverse zählen zu einigen der Besonderheiten dieses Buches, doch sehr im Gegensatz zu den vorherigen [[Tafsir|Tafsirs]], denn in den schiitischen Exegesen vor Scheich at-Tusi begrenzt man sich ausschliesslich auf die Anführung von Überlieferungen bei der Interpretation der Koranverse.<ref> Ġolāmī, ''Ein Einblick in das erste umfassende und vollständige Tafsir der schiitischen Welt'', S.85 - 86</ref>
Die wichtigste Eigenschaft der Interpretationsmethode von Scheich at-Tusi ist ein rationalistischer und mit dem Ijtihad verbundener Approach bei der Koranegese im Verhältnis zu den Tafsirs, die lediglich auf Überlieferungen gestützt sind. Scheich at-Tusi bezeichnet unter Bezugsnahme auf die Koranverse den Koran als ein für den Menschenverstand verständlichen Text und lehnt diejenigen Überlieferungen ab, in denen der einzige Weg zum Verstehen des Koran durch die Überlieferungen gekennzeichnet ist.<ref>Ġolāmī, ''Ein Einblick in das erste umfassende und vollständige Tafsir der schiitischen Welt'', S.85 - 86</ref>
Die wichtigste Eigenschaft der Interpretationsmethode von Scheich at-Tusi ist ein rationalistischer und mit dem Ijtihad verbundener Approach bei der Koranegese im Verhältnis zu den Tafsirs, die lediglich auf Überlieferungen gestützt sind. Scheich at-Tusi bezeichnet unter Bezugsnahme auf die [[vers|Koranverse]] den Koran als ein für den Menschenverstand verständlichen Text und lehnt diejenigen Überlieferungen ab, in denen der einzige Weg zum Verstehen des Koran durch die Überlieferungen gekennzeichnet ist.<ref>Ġolāmī, ''Ein Einblick in das erste umfassende und vollständige Tafsir der schiitischen Welt'', S.85 - 86</ref>


==Siehe auch==
==Siehe auch==
* [[Sayyid Murtaḍā]]   
{{cb|2}}
* [[Scheich Mufīd]]
* [[Sayyid Murtaza]]   
==Quellen==
* [[Scheich al-Mufid]]
{{end}}
 
==Fußnoten==
{{Fußnoten}}
 
==Quellenverzeichnis==
{{Quellenverzeichnis}}
* Amīn, Sayyid Muḥsin, ''Aʿzān aš-Šīʿa'', Forschung: Ḥasan al-Amīn, Beirut, 1406 n.H./1986
* Amīn, Sayyid Muḥsin, ''Aʿzān aš-Šīʿa'', Forschung: Ḥasan al-Amīn, Beirut, 1406 n.H./1986
* Dawānī, ʿAlī, ''Ein Einblick in das Leben von Scheich Ṭūsī'', Heyāreh Scheich Ṭūsī, Teheran, Amīr Kabīr Verlag, 1362 Sh.
* Dawānī, ʿAlī, ''Ein Einblick in das Leben von Scheich Ṭūsī'', Heyāreh Scheich Ṭūsī, Teheran, Amīr Kabīr Verlag, 1362 Sh.
Zeile 70: Zeile 77:
* Ġolāmī, Ṭāhereh, ''ein Einblick in das erste umfassende und vollständige Tafsir der schiitischen Welt; ein Einblick in das Buch von Scheich Ṭūsī Tibīyān'', Magazine Ketab –e Māh-e Dīn, Ausgabe 176, Khordad 1391 Sh.
* Ġolāmī, Ṭāhereh, ''ein Einblick in das erste umfassende und vollständige Tafsir der schiitischen Welt; ein Einblick in das Buch von Scheich Ṭūsī Tibīyān'', Magazine Ketab –e Māh-e Dīn, Ausgabe 176, Khordad 1391 Sh.
* Gorğī, Abūlqāsim, ''die Geschichte der Fiqh und der Fuqahā'', Teheran, Samt, 1385 Sh.
* Gorğī, Abūlqāsim, ''die Geschichte der Fiqh und der Fuqahā'', Teheran, Samt, 1385 Sh.
==Fußnoten==
{{Fußnoten}}
confirmed, eliminator, movedable, protected, Administratoren, templateeditor
2.146

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