Vers von Tayammum

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Vers von Tayammum (Arabisch: آیة التیمّم) befindet sich im letzten Teil des 6. Verses der Sure Al-Maida und im 43. Vers der Sure an-Nisa. Es ist einer der Verse des Korans, auf die sich die Rechtsgelehrten beziehen, um Rechtsurteile zu erstellen. Hier geht es um die Zulässigkeit statt ritueller Gebetswaschung und oder Ganzkörperwaschung Tayammum durchzuführen und um die Art und Weise wie es durchgeführt wird. Gemäß diesem Vers meinen muslimische Rechtsgelehrte, dass in den Fällen, in denen der Zugang zu Wasser nicht möglich ist oder Wasser aufgrund einer Krankheit nicht benutzt werden kann, Tayammum anstelle der Waschung und anstelle der Ganzkörperwaschung durchgeführt werden kann.

Unstimmigkeiten in der Bedeutung einiger Begriffe des Verses führten zu unterschiedlichen Rechtssprüchen hinsichtlich der Durchführung von Tayammum. Beispielsweise sind die meisten imamitischen Rechtsgelehrten der Ansicht, dass es ausreicht beim Tayammum nur über einen Teil des Gesichts (Stirn) zu streichen; Sunnitische Rechtsgelehrte halten es allerdings für eine Pflicht über das ganze Gesichter zu streichen.

Außerdem sind die Imamiten der Meinung, dass dem Vers zu entnehmen ist man streiche mit der Handfläche einer Hand über den Handrücken der anderen Hand, angefangen von dem Handgelenk bis zu den Fingerspitzen; Aber der Rechtsspruch einiger sunnitischen Rechtsgelehrten besagt, dass man vom Ellenbogen an bis zu den Fingerspitzen streichen soll.

Text des Verses

Der Vers von Taymmum wird an zwei Stellen im Koran erwähnt, einmal im letzten Teil von Vers 6 der Sure al-Ma'ida und einmal im letzten Teil von Vers 43 der Sure an-Nisa:

Position

Der Tayammum-Vers ist einer der Verse des Korans, aus denen muslimische Rechtsgelehrte Rechtsurteile ableiten, in diesem Fall für die Zulässigkeit anstelle der rituellen Gebetswaschung und Ganzkörperwaschung Tayammum durchzuführen, da, wo die beiden ersten genannten Praktiken nicht möglich sind.[1] Sie beziehen sich auch auf den Vers bezüglich der Modalität von Tayammum bzw. wie es durchzuführen ist [2].

In welchen Fällen ist Tayammum zulässig

Anhand des Verses listeten die Rechtsgelehrten Fälle auf, bei denen Tayammum anstelle von ritueller Gebetswaschung oder Ganzkörperwaschung durchgeführt werden soll:

  • Im Falle von Krankheit: Bezüglich des Satzes „Wenn ihr krank seid“, heißt es, wenn der Gläubige krank und für ihn das Benutzen von Wasser schädlich ist, so kann er Tayammum anstelle der rituellen Gebetswaschung und Ganzkörperwaschung durchführen.[3]
  • Kein Zugriff auf Wasser: Bezüglich des Satzes „Wenn ihr kein Wasser findet'“ heißt es, dass der Gläubige, wenn er im Hinblick auf den kleinen und großen Hadath (Urin lassen und Stuhlgang) nicht genug Wasser für die Gebetswaschung oder die Ganzkörperwaschung findet oder keinen Zugang dazu hat, soll er statt der Gebetswaschung und der Ganzkörperwaschung Tayammum ausführen[4]

Reise

Rechtsgelehrte und Kommentatoren sagen bezüglich des Satzes „Oder ihr auf der Reise seid“, dass das Reisen eigentlich nicht zu den Dingen gehört, die für den Gläubigen die Gebetswaschung oder die Ganzkörperwaschung ausser Kraft setzt, doch manchmal kommt es vor, dass eine Person, die sich auf einer Reise befindet sich keinen Zugang zum Wasser verschaffen kann oder nur wenig Wasser bei sich trägt und fürchtet, dass sein Leben in Gefahr gerät, wenn er es für die Gebetswaschung verwendet. In diesem Fall kann er Tayamumm ausführen.[5]

Uneinigkeit über die Bedeutung der Worte des Verses

Es gibt Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung einiger Wörter in diesem Vers, die zu unterschiedlichen juristischen Meinungen führten:

„Lamastum“ (berührt habt)

Das Wort „Lamastum“, das von dem Substantiv „lams“ abgeleitet wird, bedeutet laut den Kommentatoren und Juristen der Imamiyyah (Zwölferschia) nicht einfach nur das Berühren der Frau; Vielmehr ist der Geschlechtsverkehr damit gemeint, der die Ganzkörperwaschung zur Pflicht macht.[6]

Einige, wie Fazil Miqdad im Buch Kanz al-Irfan und Raschid Reza in Tafsir al-Manar, schrieben Schafi'i die Ansicht zu, dass der bloße körperliche Kontakt zwischen einem fremden Mann und einer fremden Frau die Waschung ungültig mache.[7] Dies ist auch die Fatwa (Rechtsspruch) von Malik Ibn Anas, einem der Gründer der vier sunnitischen Rechtsschulen. Wenn körperliche Berührung mit einer fremden Person (nicht-mahram) mit Lust einhergeht, macht dies die Gebetswaschung ungültig.[8]

„sa'id“

Die Meinungsverschiedenheit unter den Rechtsgelehrten über Tayammum ist auf die Bedeutung des Wortes „sa'id“ zurückzuführen.[9] Schiitische Juristen glauben, dass das Wort „sa'id“ alles umfasst was mit Erde zu tun hat, wie Steine, Erdklumpen etc..[10] Einige, wie Jawhari, der Lexikograph, deuten es nur mit Erde.[11]

In Bezug auf die Beschreibung des Wortes „sa'id“ mit „tayyib“ in der Phrase „sa'ida tayyiban“ (guter Erdboden) sagte Tabatabai in seinem al-Mizan, dies bedeute, dass die Erde, sei es Erde oder Stein, in ihrem natürlichen Zustand sein muss, nicht wie Gips, Kalk oder dergleichen, was erhitzt wurde und dadurch seinen ursprünglichen und natürlichen Zustand verloren hat.[12] Einige Leute sind der Ansicht das Wort „tayyib“ bedeute „rein“ und meinen, dass der Erdboden mit dem Tayammum praktiziert wird nicht unrein sein darf.[13]

Die Bedeutung von Tayammum

Einige sind der Meinung das Wort „Tayamumm“ im besagten Vers bedeute „Absicht“ und verwenden es in der wortwörtlichen Bedeutung.[14] Manch andere jedoch sind der Ansicht, es gehe um die religionsgesetzliche Bedeutung[15] und zwar insofern, dass man die Hände auf die Erde legt und mit denselben über das Gesicht und die Handrücken streicht.[16]

Wie Tayammum ausgeführt wird

Hauptartikel: Tayammum

Muslimische Juristen beschäftigten sich bezüglich des Versteils: „und streicht euch damit über das Gesicht und die Hände“. mit der Modalität von Tayammum, also wie es auszuführen ist.[17] Die meisten zwölferschiitischen Rechtsgelehrten sind der Meinung, dass der Buchstabe „ba“ in „bawujuhakum“ „einige “ bedeutet, und es somit bei Tayamumm ausreichen würde nur über einen Teil des Gesichts zu streichen.[18] Sie sind auch der Meinung, dass dieser Teil des Gesichts die Stirn beträfe und es obligatorisch ist mit beiden Händen vom Scheitel bis zu den Augenbrauen und dann weiter über die Nase zu streichen, sie berufen sich dabei auf die Sunnah (Tradition) des Propheten (s.) und der Unfehlbaren Imame (a.). Außerdem ist es laut der Imamiten (Zwölferschiiten) nach dem Überstreichen der Stirn obligatorisch mit der Handfläche über den Handrücken zu streichen, vom Handgelenk bis zu den Fingerspitzen.[19]

Laut Mohammad Javad Mughniyya glauben die vier sunnitischen Rechtsschulen und Scheich Saduq von der Imamiyyah, dass mit Gesicht im Vers das ganze Gesicht und nicht nur ein Teil davon gemeint ist und daher wäre es obligatorisch beim Tayammum über das ganze Gesicht zu streichen, auch über den Bart.[20] Die Schafi'iten und Hanafiten sind der Meinung, dass die Bedeutung von „Hand“ in dem Vers ist, vom Ellenbogen bis zu den Fingerspitzen zu streichen; genauso wie es bei der Gebetswaschung obligatorisch ist.[21] Malikiten und Hanbaliten glauben, dass das Überstreichen der Hand vom Bereich des Handgelenks bis zu den Fingerspitzen verpflichtend ist und ab dem Ellenbogen empfohlen wird.[22]

Fußnoten

  1. Fazil Miqdad, Kanz al-Irfan fi Fiqh al-Quran, 1373 n.iS., B.1, S.27; Irawani, Durus Tamhidiya fi Tafsir Ayat al-Ahkam, 1428 n.H., B.1, S.76.
  2. Fazil Jawad, Masalik al-Afham ila Ayat al-Ahkam, 1365 n.i.S., B.1, S.66-67; Bahrani, Hada’iq an-Nazira, 1363 n.i.S., B.4, S.243-244.
  3. Fakhr Razi, at-Tafsir al-Kabir, 1420 n.H., B.11, S.309; Fazil Jawad, Masalik al-Afham ila Ayat al-Ahkam, 1365 n.i.S., B.1, S.63.
  4. Fazil Miqdad, Kanz al-Irfan, 1373 n.i.S., B.1, S.26.
  5. Muhaqiq Ardibili, Zubdat al-Bayan, al-Maktabat al-Murtazawiya li Ihya’ al-Athar al-Ja’fariya, S.19; Fakhr Razi, at-Tafsir al-Kabir, 1420 n.H., B.11, S.310; Tabatabai, al-Mizan, 1363 n.i.S., B.5, S.226.
  6. Fazil Miqdad, Kanz al-Irfan fi Fiqh al-Quran, 1373 n.iS., B.1, S.25; Fazil Jawad, Masalik al-Afham ila Ayat al-Ahkam, 1365 n.i.S., B.1, S.63.
  7. Fazil Miqdad, Kanz al-Irfan, 1373 n.i.S., B.1, S.25; Raschid Reza, Tafsir al-Manar, 1990, B.5, S.97.
  8. Alusi, Tafsir Rawh al-Ma’ani, 1415 n.H., B.3, S.41; Fazil Miqdad, Kanz al-Irfan, 1373 n.i.S., B.1, s.25.
  9. Najafi, Jawahir al-Kalam, 1362 n.i.S., B.5, S.120.
  10. Najafi, Jawahir al-Kalam, 1362 n.i.S., B.5, S.118; Sabzewari, Muhazzab al-Ahkam, Dar at-Tafsir, B.4, S.377.
  11. Jawhari, Sahah al-Luqqa, 1407 n.H., unter dem Wort „sa’id“.
  12. Tabatabai, al-Mizan fi Tafsir al-Quran, 1417 n.H., B.5, S.229.
  13. Muhaqiq Ardibili, Zubdat al-Bayan, al-Maktabat al-Murtazawiya li Ihya’ al-Athar al-Ja’faria, S.19; Fazil Jawad, Masalik al-Afham ila Ayat al-Ahkam, 1365 n.i.S., B.1, S.66.
  14. Siehe: Muhaqiq Ardibili, Zubdat al-Bayan, al-Maktabat al-Murtazawiya li Ihya’ Athar al-Ja’fariya, S.19; Raschid Reza, Tafsir al-Manar, 1990, B.5, S.100.
  15. Tabarsi, Majma’ al-Bayan, 1415 n.H., B.3, S.91; Bahrani, al-Hada’iq an-Nazira, 1363 n.i.S., B.4, S.244.
  16. Amili, Madarik al-Ahkam, 1429 n.H., B.2, S.175.
  17. Muhaqiq Ardibili, Zubdat al-Bayan, al-Maktabat al-Murtazawiya li Ihya’ al-Athar al-Ja’fariyam S.19; Fakhr Razi, at-Tafsir al-Kabir, 1420 n.H., B.11, S.313.
  18. Fazil Miqdad, Kanz al-Irfan, 1373 n.i.S., B.1, S.27; Fazil Jawad, Masalik al-Afham ila Ayat al-Ahkam, 1365 n.i.S., B.1, S.66.
  19. Fazil Miqdad, Kanz al-Irfan, 1373 n.i.S., B.1, S.27; Mughniya, al-Fiqh ala al-Mazahib al-Khamsa, 1421 n.H., S.71.
  20. Mughniya, al-Fiqh ala al-Mazahib al-Khamsa, 1421 n.H., S.70.
  21. Mughniya, al-Fiqh ala al-Mazahib al-Khamsa, 1421 n.H., S.70.
  22. Jaziri, al-Fiqh ala al-Mazahib al-Arba’a, 1419 n.H., B.1, S.248; Mughniya, al-Fiqh ala al-Mazahib al-Khamsa, 1421 n.H., S.70.

Quellenverzeichnis

  • Alusi, Mahmud b. Abdullah, Tafsir Rawh al-Ma'ani, Beirut, Dar al-Kutub al-Ilmiya, 1415 n.H.
  • Bahrani, Yusuf, Hada'iq an-Nazira, Qum, Mu'asisa al-Fikr al-Islami, 1363 n.i.S.
  • Irawani, Muhammad Baqir, Durus Tamhidiya fi Tafsir Ayat al-Ahkam, Qum, Dar al-Fiqh lil Taba'a wa an-Naschr, 3. Auflg., 1428 n.H.
  • Jawhari, Abu Nasr Isma'il b. Hammad, as-Sahah Taj al-Lugha wa Sahah al-Arabiya, Beirut, Dar al-Ilm lil Maliyin, 4. Auflg., 1407 n.H.
  • Raschid Reza, Muhammad, Tafsir al-Manar, Ägypten, al-Hai'at al-Misriya al-Amma lil Kitab, 1990.
  • Sabzewari, Seyyed Abdula'la, Muhazzab al-Ahkam, Qum, Dar at-Tafsir, o.D.
  • Suyuti, Jalal ad-Din, ad-Durr al-Manthur, Beirut, Dar al-Fikr, o.D.
  • Tabatabai, Seyyed Muhammad Hosain, al-Mizan fi at-Tafsir al-Quran, Qum, Ismailian Verlag, 1363 n.i.S.
  • Tabarsi, Fazl b. Hasan, Majma' al-Bayan, Beirut, Mu'asisa al-A'lami lil Matbu'at, 1415 n.H.
  • Fazil Jawad, Jawad b. Sa'id, Masalik al-Afham ila Ayat al-Ahkam, Teheran, Murtazawi Verlag, 1365 n.i.s.
  • Fazil Miqdad, Miqdad b. Abdullah, Kanz al-Irfan fi Fiqh al-Quran, Teheran, Murtazawi Verlag, 1373 n.i.S.
  • Fakhr Razi, Muhammad b. Umar, at-Tafsir al-Kabir, Beirut, Dar Ihya' at-Turath al-Arabi, 1420 n.H.
  • Muhaqiq Ardibili, Ahmad b. Muhammad, Zubdat al-Bayan fi Ahkam al-Quran, Teheran, al-Maktabat al-Murtazawiya li Ihya' al-Athar al-Ja'fariya, o.D.
  • Mughniya, Muhammad Jawad, al-Fiqh ala al-Mazahib al-Khamsa, Beirut, Dar at-Tiyar al-Jadid, 1421 n.H.
  • Najafi, Muhammad Hasan, Jawahir al-Kalam, Beirut, Dar Ihya' at-Turath al-Arabi, 1362 n.i.S.