Hadd-Strafe für Ehebruch
Hadd-Strafe für Ehebruch bezeichnet im Islam die gesetzliche Konsequenz für außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen einem Mann und einer Frau. Je nach den jeweiligen Umständen wird die Hadd-Strafe in drei Varianten vollstreckt: Todesstrafe, Steinigung und Auspeitschung. Diese Strafen können erst dann vollzogen werden, sofern der Täter Kriterien wie Reife, geistige Gesundheit, Freiwilligkeit sowie das Bewusstsein über das Verbot von Ehebruch erfüllt. Der Nachweis über den Ehebruch, der zur Vollstreckung der Strafe führt kann durch das Geständnis des Täters oder durch religiös relevante Zeugenbeweise erbracht werden.
Die Todesstrafe wird in nur in gewissen Situationen wie bei Inzest und Vergewaltigung verhängt. Während die Steinigung bei Ehebrechern verhängt wird, erhalten jene, die keine Möglichkeit zum legalen Geschlechtsverkehr haben Auspeitschung als Strafe. Verheiratete Männer, die jedoch noch keinen Beischlaf mit ihren Ehefrauen hatten, werden zusätzlich zur Auspeitschung für ein Jahr aus der Gemeinschaft verbannt und müssen sich den Kopf rasieren. Allameh Tabatabai, ein schiitischer Gelehrter, meint, dass der Hauptzweck dieser Strafen darin besteht gesellschaftlicher Korruption entgegenzuwirken.
Laut den Meinungen schiitischer Juristen obliegt die Vollstreckung der Hadd-Strafe bei Ehebruch dem unfehlbaren Imam (a.) oder dessen Stellvertreter. Es bestehen verschiedene Ansichten über die Anwendung der Hadd-Strafen während der Abwesenheit des Imams: Einige Juristen sehen es in der Verantwortung des kompetenten Rechtsgelehrten liegend, während andere meinen, dass die Anwendung der Hadd-Strafen in dieser Zeit ausgesetzt werden muss.
Einführung und Stellung
Die Hadd-Strafe für Ehebruch stellt im Rahmen des islamischen Rechtssystems eine Maßnahme dar, die bei außerehelichem Geschlechtsverkehr zwischen einem Mann und einer Frau in Betracht gezogen wird.[1] Die Ausführungseinzelheiten dieser Strafe ist von verschiedenen Aspekten der Beziehung abhängig, die zu beachten sind.[2]
Im Koran wird die Strafe für Ehebruch in Sure al-Nur, Vers 2, thematisiert. Nach Allamah Tabatabai sollte bei der Durchsetzung der Hadd-Strafe für Ehebruch keine Gnade walten, da das Ziel der Bestrafung darin besteht Sünden zu verhindern, was durch eine strenge Ausführung erzielt wird.[3]
In Bezug auf die Hadd-Strafe für Ehebruch liegen Hadithe vor, die deren Bedeutung[4] erläutern sowie die Modalitäten[5] ihrer Ausführung. Im Werk al-Kafi teilt al-Kulayni mit, dass in 19 Kapiteln Hadithe zur Hadd-Strafe für Ehebruch zu finden sind.[6] Weitere schiitische Rechtsgelehrte behandeln die Ehebruchsbestrafung im Rahmen ihrer Diskussionen über die Hadd-Strafen für Sünden.[7]
Voraussetzungen für die Hadd-Strafe bezüglich Ehebruch
Schiitische Gelehrte betrachten die Hadd-Strafe für Ehebruch als bedingt durch die Erfüllung aller nachfolgend genannten Kriterien:
- Religiöse Reife: Der Ehebrecher muss das Alter erreicht haben, in dem er als religiös reif bzw. erwachsen gilt.[8]
- Geistige Gesundheit: Die betreffende Person darf nicht geisteskrank sein.[9]
- Freiwilligkeit: Der Akt des Ehebruchs muss ohne Zwang erfolgen.[10]
- Wissen über das Verbot: Der Täter muss sich über das Verbot seiner Handlung bewusst sein.[11]
- Prenetation: Der Geschlechtsverkehr gilt als Unzucht, wenn der männliche Penis mindestens der Länge der Vorhaut in den weiblichen Genitaltrakt eingeführt wurde.[12]
- Unerlaubter Geschlechtsverkehr: Zwischen den Beteiligten besteht keine eheliche oder sklavische Beziehung[13]
- Identitätsbewusstsein: Eine Person, die den Geschlechtsverkehr ausführt, jedoch fälschlicherweise glaubt, dass die andere Person sein Ehepartner ist kann nicht als Ehebrecher angesehen werden.[14]
Methoden zum Beweis von Ehebruch
Gestützt auf die Rechtsentscheidungen der Fachleute gibt es zwei Wege, um Ehebruch nachzuweisen: durch das Geständnis des Täters oder über religiös relevante Zeugenbeweise
- Geständnis: Um eine Strafe für Ehebruch aufgrund eines Geständnisses erwirken zu können, muss der Täter dies viermal bezeugen.[15]
- Religiös relevanter Zeugenbeweis: Um Ehebruch gerichtlich zu belegen sind Zeugenaussagen von vier Männern erforderlich; falls nicht vorhanden genügen, laut der bekanntesten Ansicht, drei Männer und zwei Frauen.[16] Mit einer Zeugenaussage von zwei Männern und vier Frauen ist lediglich eine Auspeitschung bewiesen, nicht jedoch die Steinigung.[17] Die Zeugenaussagen sind nur dann gültig, wenn die Erfüllung aller Anforderungen an die Hadd-Strafe, wie die vollständige Penetration und das Wissen um die Identität des Gegenübers, erkennbar ist. Andernfalls wird den Zeugen aufgrund Verleumdung die Qazf Strafe auferlegt.[18]
Laut rechtlichen Fatwas sollte den Zeugen vor ihrer Aussage empfohlen werden, sich davon zurückzuhalten. Es wird ferner nahegelegt, dass die Richter durch subtile Hinweise und Sarkasmus die Zeugen motivieren sollten von ihrer Aussage abzulassen.[19]
Varianten der Hadd-Strafe für Ehebruch
Im Rahmen der schiitischen Jurisprudenz wurden auf Basis der Eigenschaften von Ehebrechern drei weitere Kriterien der Hadd-Strafe für Ehebruch definiert:
Hinrichtung
- Siehe auch: Hinrichtung
In bestimmten Fällen wird Ehebruch mit der Todesstrafe geahndet:
- Ehebruch mit einem Verwandten (z. B. Mutter und Tochter).[20] Einige glauben, dass dieses Urteil sowohl für die Bluts-Verwandten, als auch für jene gilt, die durch Eheschliessung zur Verwandtschaft zählen und auch für die Milchverwandten;[21]
- Ehebruch eines dhimmi Ungläubigen mit einer muslimischen Frau;[22]
- Vergewaltigung;[23]
- Ehebruch eines Mannes mit der Frau seines Vaters;[24]
- Ein freier Mann oder Frau, die die Bedingungen des ihssan nicht erfüllen und mehrfach Ehebruch begingen, vorausgesetzt, sie wurden jedes Mal bestraft.[25]
Steinigung
- Siehe auch: Steinigung und Ehebruch
Sind sowohl der Mann als auch die Frau, die Ehebruch begangen haben, muhsin, d.h. sie haben Zugang zu erlaubtem Geschlechtsverkehr, so wird ihnen die Strafe der Steinigung auferlegt.[26] Bei einem Mann oder einer Frau, die keine muhssin sind, wird eine andere Strafe verhängt.[27]
Auspeitschen, Verbannung und Rasieren des Kopfes
- Siehe auch: Peitsche
Ein erwachsener und geistig gesunder Mann oder eine Frau, die nicht in der Lage sind erlaubten Geschlechtsverkehr zu haben, erhalten bei Ehebruch hundert Peitschenhiebe.[28] Sklaven erhalten, unabhängig davon ob sie muhssin sind oder nicht, fünfzig Peitschenhiebe.[29]
Im Falle von verheirateten reifen und geistig gesunden Männern, die keinen Geschlechtsverkehr mit ihren Ehefrauen hatten, gilt eine strengere Strafe. Man sagt, dass solche Personen sich nach der Auspeitschung den Kopf rasieren müssen und für ein Jahr verbannt werden.[30] Laut einem verbreiteten Rechtsspruch gibt es für Frauen keine Verbannung und sie müssen auch nicht rasiert werden.[31]
Wer trägt die Verantwortung für die Durchsetzung der Hadd-Strafe?
Gemäß der schiitischen Rechtsprechung obliegt die Durchsetzung der Hadd-Strafen, einschließlich der Hadd-Strafe für Ehebruch, dem unfehlbaren Imam (a.) oder einer von ihm zur Ausführung ernannten Person.[32] In Bezug auf die Ära der Verborgenheit gibt es unterschiedliche Meinungen: Einige vertreten die Auffassung, dass ein kompetenter Jurist die Hadd-Strafen auf religiöser Basis durchsetzen soll.[33] Einige sind der Meinung, dass die Ausführung der Hadd-Strafen dem unfehlbaren Imam (a.) vorbehalten ist, sodass Juristen in der Zeit der Verborgenheit nicht befugt sind diese Strafen zu vollstrecken.[34] Einige Rechtsgelehrte geben diesbezüglich jedoch keine definitive Meinung ab.[35]
Die Richtlinien für die Durchführung der Hadd-Strafe bei Ehebruch
In den juristischen Texten findet man bestimmte Richtlinien zur Umsetzung der Hadd-Strafe für Ehebruch:
- Der Körper eines Mannes, abgesehen von den Genitalien, sollte während der Auspeitschung oder Steinigung nackt sein.[36]
- Die Kleidung der Frau sollte so gestaltet sein, dass sie während der Strafe nicht entblößt wird.[37]
- Für die Steinigung ist es erforderlich, dass eine Vertiefung gegraben wird, in der der Verurteilte sich aufhalten muss.[38]
- Bei der Auspeitschung sollten die anwesenden Zeugen die Hadd-Strafe vollstrecken.[39]
- Der Mann soll stehend und die Frau sitzend bestraft werden.[40]
- Die Peitschenhiebe sollten an verschiedenen Körperstellen, mit Ausnahme des Kopfes, des Gesichts und der Intimbereiche, verabreicht werden.[41]
- Eine Gruppe von Muslimen sollte als Zeugen bei der Vollstreckung der Hadd-Strafe anwesend sein.[42]
- Im Falle einer Steinigung - sollte diese durch Zeugenaussagen belegt sein, müssen zuerst die Zeugen die Steine werfen.[43]
Fußnoten
- ↑ Haschimi Schahrudi, Farhang Fiqh, B.4, S.294
- ↑ Haschimi Schahrudi, Farhang Fiqh, B.4, S.294
- ↑ Tabatabaee, Al-Mizan, B.15, S.78
- ↑ Sehen Sie: Kulaini, Al-Kafi, B.7, S.175-176; Horr Amili, Wasail al-Shia, B.28, S.67
- ↑ Sehen Sie: Qommi, Tafsir Qommi, B.2, S.96; Ibn Hayun, Da'aim al-Islam, B.2, S.451-452
- ↑ Kulaini, Al-Kafi, B.7, S.176-198
- ↑ Sehen Sie: Majlisi, Hudud wa Qisas wa Diyat, S.13-20; Khuie, Mausuat al-Imam al-Khuie, B.41, S.203-277; Golpayegani, Ad-Dorr al-Manzud, B.1, S.26-498
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.137; Mohaqqiq Hilli, Al-Mokhtasar an-Nafi, B.1, S.213; Hilli, Qawaid al-Ahkam, B.3, S.521
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Al-Mokhtasar an-Nafi, B.1, S.213; Hilli, Qawaid al-Ahkam, B.3, S.521
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.137; Mohaqqiq Hilli, Al-Mokhtasar an-Nafi, B.1, S.213; Hilli, Qawaid al-Ahkam, B.3, S.521
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.137; Mohaqqiq Hilli, Al-Mokhtasar an-Nafi, B.1, S.213; Hilli, Qawaid al-Ahkam, B.3, S.521
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.136; Mohaqqiq Hilli, Al-Mokhtasar an-Nafi, B.1, S.213; Hilli, Qawaid al-Ahkam, B.3, S.521
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.136; Mohaqqiq Hilli, Al-Mokhtasar an-Nafi, B.1, S.213; Hilli, Qawaid al-Ahkam, B.3, S.521
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.136; Mohaqqiq Hilli, Al-Mokhtasar an-Nafi, B.1, S.213; Hilli, Qawaid al-Ahkam, B.3, S.521
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.138-139; Khomeini, Tahrir al-Wasila, B.2, S.459
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.139
- ↑ Mohaqqiq Hilli, Sharaye al-Islam, B.4, S.139
- ↑ Khomeini, Tahrir al-Wasila, B.2, S.461
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.307
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.309
- ↑ Khuie, Mausuat al-Imam al-Khuie, B.41, S.233
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.313; Khuie, Mausuat al-Imam al-Khuie, B.41, S.234
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.315; Khuie, Mausuat al-Imam al-Khuie, B.41, S.235
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.316
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.331-332
- ↑ Tabrizi, Usas al-Hudud wa at-Ta'zirat, S.107
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.318-322
- ↑ Sobhani, Al-Hudud wa at-Ta'zirat fi al-Schari'at al-Islamiyyat al-Qarra, S.112
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.329
- ↑ Golpayegani, Ad-Dorr al-Manzud, B.1, S.299-300
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.41, S.328-329; Sobhani, Al-Hudud wa at-Ta'zirat fi al-Schari'at al-Islamiyyat al-Qarra, S.118
- ↑ Najafi, Jawahir al-Kalam, B.21, S.386
- ↑ Mofid, Al-Moqni', S.810; Schahdi Awwal, Al-Lom'at ad-Damishqiyya, S.46; Khomeini, Tahrir al-Wasila, B.1, S.482; Khamenei, Ajwabat al-Istifta'at, B.1, S.25
- ↑ Ibn Zohreh, Qaniyyat an-Nuzu, S.425; Ibn Idris, As-Sarair, B.2, S.25; Khansari, Jame al-Madarik, B.5, S.411-412
- ↑ Hilli, Montaha al-Matalib, B.2, S.994; Mirzaye Qommi, Jame al-Shattat, B.1, S.395
- ↑ Halabi, Al-Kafi fi al-Fiqh, S.407
- ↑ Halabi, Al-Kafi fi al-Fiqh, S.407
- ↑ Halabi, Al-Kafi fi al-Fiqh, S.407
- ↑ Halabi, Al-Kafi fi al-Fiqh, S.407
- ↑ Halabi, Al-Kafi fi al-Fiqh, S.407
- ↑ Tusi, Al-Khilaf, B.5, S.374
- ↑ Tusi, Al-Khilaf, B.5, S.374
- ↑ Halabi, Al-Kafi fi al-Fiqh, S.407; Tusi, Al-Khilaf, B.5, S.374