Mekkanische und medinensische Suren

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Mekkanische und medinensische Suren des Korans - Diese Einteilung bezieht sich auf den Offenbarungszeitpunkt, d. h. wurden sie vor oder nach der Auswanderung des Propheten (s.) offenbart. Zu wissen, welche Sure mekkanisch und welche medinensisch ist, ist wichtig für die Bereiche Koran-Exegetik, Rechtsprechung (fiqh) und Theologie (bzw. Kalam), denn auf diese Weise können wir die Phasen der Einladung des Propheten (s.) und den Verlauf der politischen und sozialen Fragen der frühislamischen Zeit verstehen. Die Kenntnis über die aufhebenden und aufgehobenen Verse (bzw. Abrogation), über die Entwicklung der islamischen Gesetzgebung sowie über die Offenbarungsanlässe der Koranverse gehört zu den weiteren Vorteilen über das Wissen, ob es sich um eine mekkanische oder medinensische Sure handelt.

Korangelehrte meinen, einige mekkanische Suren beinhalten medinensische Verse oder umgekehrt. Bezeichnet werden diese Verse als „ausgenommene Verse“. Ihrer Meinung nach sind im Koran 20 Suren definitiv medinensisch und 82 Suren mekkanisch, wobei es über den Rest der Suren (12 Suren) Meinungsverschiedenheiten gibt.

Der Stil und der Kontext der mekkanischen und medinensischen Suren sind unterschiedlich, was einem die Möglichkeit gibt solche gut voneinander zu unterscheiden. Zu den Merkmalen der mekkanischen Suren zählen unter anderem die Berufung auf die Grundsätze des Glaubens, die Kürze der Suren und der Verse, sowie ein scharfer Ton. Einige der Merkmale der medinensischen Suren sind: Wiedergabe des Religionsgesetzes, Thematisierung der Frage rundum die Heuchler, das Thema Djihad und dessen Regeln.

Auch die Orientalisten erkannten die Wichtigkeit über den Unterschied zwischen mekkanischen und medinensischen Suren, aber sie gingen andere Wege als muslimische Korangelehrte.

ِBedeutung von mekkanischen und medinensischen Suren für die islamischen Wissenschaften

Zu wissen welche Suren mekkanisch und welche medinensisch sind, ist für Kommentatoren (Koranexegeten) bei der Auslegung des Korans und für Juristen (Rechtsgelehrten) bei der Ableitung von Rechtsurteilen[1] und für Theologen bei der Bestätigung oder Widerlegung theologischer Fragen sehr nützlich,[2] dazu liefert es Erkenntnisse über das Datum der Ereignisse und über den Zeitpunkt der Gesetzgebung von Rechtsurteilen.[3] Von einigen Gelehrten im Bereich der Koranwissenschaft wird zitiert, wer mekkanische und medinensische Suren nicht voneinander unterscheiden kann dürfe den Koran nicht interpretieren.[4]

Mohammad Husain Tabatabai, der Verfasser des Tafsirs al-Mizan, ist der Ansicht, dass die Kenntnis über die mekkanischen und medinensischen Suren und dazu die Kenntnis über die Offenbarungsreihenfolge der Suren eine große Rolle bei den Diskussionen im Zusammenhang mit der Mission des Propheten des Islam (s.), dem spirituellen, politischen und gesellschaftlichen Verlauf seiner Zeit und bei der Analyse des prophetischen Lebens spielt.[5] Das Wissen um Abrogation,[6] das Wissen um die Offenbarungsanlässe,[7] darüber, wie der Koran offenbart wurde,[8] und die Kenntnis über den Zweck und das Ziel der Suren gehört zu den weiteren Vorteilen.[9]

Kriterien für das Erkennen

Es gibt drei Meinungen über die Kriterien zur Unterscheidung von mekkanischen oder medinensischen Versen des Korans:

  1. Zeitkriterium: Was vor der Auswanderung des Propheten (s.) nach Medina offenbart wurde ist mekkanisch, und was nach der Ankunft des Propheten in Medina offenbart wurde ist medinensisch. Deshalb, wenn eine Sure oder ein Vers nach der Auswanderung offenbart wurde, so wird sie bzw. er medinensisch sein, auch wenn sie bzw. er in der Stadt Mekka oder während einer Reise des Propheten (s.) herabgesandt wurde; Wie die Verse, die bei der Eroberung von Mekka oder bei der Abschieds-Hadj offenbart wurden.[10]
  2. Ortskriterien: Was in Mekka und seiner Umgebung, wie Mina, Arafat und Hudaybiyah offenbart wurde ist mekkanisch, auch wenn es nach der Auswanderung stattfand, und was in Medina und seiner Umgebung, wie Badr und Uhud, offenbart wurde ist medinensisch.[11]
  3. Kriterium des Adressaten: Einige achteten auf die „Adressaten der Offenbarung“ und sagten, dass alles, was den Menschen in Mekka offenbart wurde mekkanisch sei und alles, was den Menschen in Medina offenbart wurde medinensisch sei.[12] Das Kriterium des Adressaten funktioniert demnach so, dass wo der Ausdruck „O Volk“ (ya ayyuha an-nas/یا أیها الناس) vorkommt es um mekkanische Suren geht und wo der Ausdruck „O Ihr Gläubigen“(ya ayyuha allazin amenu/یا أیها الذین آمنوا) vorkommt es sich um medinensische Suren handelt.[13] Diese Ansicht wird Ibn Mas'ud zugeschrieben, einem der Gefährten des Propheten (s.).[14]

Es heißt aber auch, dass, wenn einige der Verse einer Sure mekkanisch und einige andere medinensisch sind, der mekkanische oder medanische Charakter der Sure durch die Berücksichtigung des Hauptteils dieser Sure bestimmt wird. Wenn beispielsweise davon ausgegangen wird, dass der Offenbarungsort einiger Verse der Sure al-An'am mit Medina in Zusammenhang steht, wird diese Sure aber in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten ihrer Verse in Mekka offenbart wurden, als mekkanisch angesehen.[15] Andererseits glauben wiederum einige, dass bei der Benennung solcher Suren auf die Anfangsverse geachtet wurde.[16]

Verbreitete Meinung

Das zeitliche Kriterium ist bekannter als die beiden anderen Maßstäbe und wird von den meisten Forschern der Koranwissenschaft akzeptiert.[17] Begründen tun sie das damit, dass dieses Kriterium im Gegensatz zu den anderen beiden Kriterien alle Verse des Korans umfasst;[18] aber das Ort-Kriterium ist nicht umfassend und alle Verse fließen dort nicht mit ein, da einige nicht in Mekka und auch nicht in Medina offenbart wurden, vielmehr wurden sie an entfernten Orten wie Tabuk und Bait al-Maqdis herabgesandt.[19] Das Kriterium des Adressaten ist nicht nur nicht umfassend, sondern auch mit dem Problem behaftet, dass einige Verse, die definitiv medinensisch sind, mit „ O Volk“ und einige Verse, die sicherlich mekkanisch sind mit „O Gläubige“ beginnen.[20]

„Ausgenommene Verse“

Einige Verse in mekkanischen Suren wurden in Medina herabgesandt. Außerdem gibt es in einigen medinensischen Suren Verse, welche in Mekka offenbart worden waren.[21] Diese Verse werden im Fachjargon „ausgenommene Verse“ genannt.[22] Allerdings lehnten einige Gelehrte der Koranwissenschaften diese Einteilung ab und sagten, dass es in keiner der Suren ausgenommene Verse gebe. Das bedeutet, dass alle Verse der Suren entweder mekkanischen oder medinensischen Ursprungs sind.[23]

Die Anzahl der mekkanischen und madanischen Suren

Die Zahl der medinensischen Suren beträgt 20 und die der mekkanischen beträgt 82. Es gibt allerdings Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich 12 Suren [24] . Medinensische Suren, die von allen akzeptiert werden, sind: al-Baqarah, Al-e Imran, an-Nisa, al-Ma'ida, al-Anfal, at-Tauba, an-Nur, al-Ahzab, Muhammad, al-Fath, al-Hujarat, al-Hadid, al-Mujadila, al-Haschr , al-Mumtahina, al-Jum'a, al-Munafiqun, at-Talaq, at-Tahrim und an-Nasr.[25] Die umstrittenen Suren sind: al-Fatiha, ar-Ra'd, ar-Rahman, as-Saf, al-Taqabun, al-Mutafifin, al-Qadr, al-Baiyyina, al-Zalzila, al-Ikhlas, al-Falaq und an-Nas.[26] Die übrigen Suren sind mekkanisch.[27]

Dennoch werden in den gedruckten Koranen, in denen normalerweise am Anfang der Suren angegeben wird, ob es sich um mekkanische oder medinensische Suren handelt, 28 medinensische Suren und 86 mekkanische Suren [28] angeführt.

Merkmale der mekkanischen Suren und Verse

Die Merkmale der mekkanischen Suren und Verse sind:

Merkmale der medinensischen Suren und Verse

Folgende Merkmale werden für die medinensischen Suren und Verse angegeben:

  • Erklärung religiöser Pflichten und ihre Grenzen;[29]
  • Lange Suren und Verse;[30]
  • Wiedergabe wirtschaftlicher und politischer Gesetze;[31]
  • Sanfte Sprache mit den Gläubigen;[32]
  • Thematisierung der Fragen bezüglich der Heuchler;[33]
  • Wiedergabe der Zustände und der Unternehmungen der Heuchler und die Haltung der Muslime und des Propheten (s.) ihnen gegenüber;[34]
  • Kontroverse mit den Leuten des Buches;[35]
  • Erläuterung der Frage Dschihad und dessen Urteile bzw. Regeln.[36]

Der Standpunkt der Orientalisten

Ab Mitte 13. Jahrhundert n.H. begannen Orientalisten wie Theodor Nöldeke und Régis Blachère den Koran zu datieren.[37] Einige von ihnen teilten die Suren des Korans hinsichtlich ihrer Offenbarungszeit in drei, vier oder fünf Typen ein, nicht in mekkanisch und medinensisch.[38] Aber sie alle ordneten die medinensischen Suren einer Gruppe zu.[39]

Einige Orientalisten[40] und Intellektuelle wie Taha Husain vertraten angesichts der äußerlichen und inhaltlichen Unterschiede der mekkanischen und medinensischen Suren die Ansicht, dass der Koran ein Menschenwerk und nicht von Gott sei, denn der Koran (mekkanische wie medinensische Suren) wäre von der vorherrschenden Atmosphäre beeinflusst, während er, wäre er von Gott nicht seiner Umgebung unterworfen.[41]

Als Reaktion auf diesen Einwand sagte Mohammad Hadi Marafet, der Autor des Buches At-Tamhid, dass es einen Unterschied gibt, ob nun eine blosse Beeinflussung durch die Umgebung stattfindet oder man sich mit dieser in Einklang bringt, wichtig ist was eine grössere Auswirkung hat. Der oben genannte Einwand wird nur dann erhoben, wenn der Unterschied bei den Merkmalen auf die Umgebung zurückzuführen ist; Aber der Koran wurde im Einklang mit den Realitäten in Mekka und Medina offenbart, damit er die Menschen wo auch immer besser beeinflussen konnte.[42]

Fußnoten

  1. Rokni, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.111
  2. Dolati, Taghsimat Qurani, S.65
  3. Rokni, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.110
  4. Soyuti, Al-Itghan, B.1, S.54
  5. Tabatabaee, Al-Mizan, B.13, S.235
  6. Soyuti, Al-Itghan, B.1, S.54
  7. Ma'rifat, Tarikh-e Quran, S.47
  8. Ramyar, Tarikh-e Quran, S.602
  9. Khamegar, Sakhtar Hindisi Surehaye Koran, S.152
  10. Ma'rifat, Al-Tamhid, B.1, S.120
  11. Soyuti, Al-Itghan, B.1, S.55
  12. Soyuti, Al-Itghan, B.1, S.56
  13. Soyuti, Al-Itghan, B.1, S.81
  14. Soyuti, Al-Itghan, B.1, S.56
  15. Dolati, Taghsimat Qurani, S.72
  16. Ramyar, Tarikh-e Quran, S.613
  17. Ma'rifat, Al-Tamhid, B.1, S.131
  18. Dolati, Taghsimat Qurani, S.71
  19. Ramyar, Tarikh-e Quran, S.602
  20. Ramyar, Tarikh-e Quran, S.602
  21. Radmanesch, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.171
  22. Radmanesch, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.171
  23. Radmanesch, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.171
  24. Rokni, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.111
  25. Mazlumi, Pazhuheschi Piramun-e Akharin Kitab Ilahi, B.1, S.188
  26. Mazlumi, Pazhuheschi Piramun-e Akharin Kitab Ilahi, B.1, S.188
  27. Mazlumi, Pazhuheschi Piramun-e Akharin Kitab Ilahi, B.1, S.188
  28. Mazlumi, Pazhuheschi Piramun-e Akharin Kitab Ilahi, B.1, S.188
  29. Radmanesch, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.172
  30. Radmanesch, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.172
  31. Radmanesch, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.172
  32. Rokni, Aschnaee Ba Ulum Qurani, S.111
  33. Mazlumi, Pazhuheschi Piramun-e Akharin Kitab Ilahi, B.1, S.189
  34. Ramyar, Tarikh-e Quran, S.607
  35. Jawan Araste, Darsname Ulum Qurani, S.132
  36. Jawan Araste, Darsname Ulum Qurani, S.132
  37. Nekunam, Daramadi Bar Tarikhgozari Quran, S.11
  38. Nekunam, Daramadi Bar Tarikhgozari Quran, S.12
  39. Dehghani und Mahdawi Rad, «Seir Tarikhi Schenakht Suwar wa Ayat Makki wa Madani», 69
  40. Ma'rifat, Tarikh-e Quran, S.52
  41. Abu al-Schubha, Al-Madkhal le-Dirasat al-Quran, S.233-234
  42. Ma'rifat, Tarikh-e Quran, S.52

Quellenverzeichnis