Munafiq

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Munafiq (Arabisch: المنافق) oder Heuchler ist jemand, der mit seinem Herzen den Islam nicht angenommen hat, sich aber nach außen hin als Gläubiger vorgibt. Nach der Auswanderung des Propheten (s.) und seines Erstarken in Medina zeichnete sich die Heuchelei (Nifaq) ab. In jener Zeit nannten sich diejenigen, die gegen den Islam gesinnt waren, aber dies nicht offen zeigen konnten, auch Muslime. Nifaq ist ein im Koran häufig vorkommender Begriff und die Sure al-Munafiqun befasst sich mit den Eigenschaften der Heuchler. Verlogen, Misstrauen säend, hochmütig, das Recht verspottend, sündhaft und der Frevelei zugewandt sind Eigenschaften, welche der Koran für die Heuchler aufzählt.

Abduallah b. Ubai, Abdullah b. Uyaiyna und die Ashab Aqaba zählen zu den bekanntesten Heuchlern. Historischen Berichten zufolge tolerierte der Prophet (s.) die Heuchler, machte aber ihre Unternehmungen unwirksam. Die Zirar Moschee war zu einer Basis für einen Teil der Heuchler in Medina geworden und wurde auf Befehl des Propheten (s.) zerstört. Gemäß des Verses 145 der Sure an-Nisa befinden sich die Heuchler auf der tiefsten Ebene der Hölle. Die Exegeten halten bezüglich dieses Verses die Heuchelei für schlimmer als den Unglauben. Das Ritualgebet für einen verstorbenen Heuchler ist anders als das für Gläubige und anstatt für sie um Vergebung zu bitten, werden diese verflucht.

Was bedeutet Nifaq

Ein Munafiq ist jemand, der seinen Unglauben versteckt und nach außen hin das Gegenteil vorgibt, also gläubig zu sein.[1] Laut Morteza Motahhari ist der Gläubige jemand, der mit seinem Herzen, mit seinen Worten und mit seinen Taten den Islam lebt, ein Ungläubiger dagegen ist jemand, der sowohl im Inneren, als auch im Äußeren den Islam nicht angenommen hat, und Heuchler nennt man jemanden, der in seinem Herzen dem Islam gegenüber verfeindet ist, aber nach Außen vorgibt, an den Islam zu glauben.[2]

Der Unterschied zwischen Nifaq (Heuchelei) und Fisq (Frevelei)

Glaube bedeutet innerlich überzeugt zu sein, es mit der Zunge zu bezeugen und den Pflichten nachzugehen, aufgrunddessen ist natürlich jemand der all diese drei Dinge vorweisen kann ein Gläubiger und wer diese drei Dinge entbehrt ein Ungläubiger, aber wer mit der Zunge gesteht (verlogen/heuchlerisch) zu glauben, aber im Herzen nicht glaubt ist ein Heuchler und wer wahrhaftig glaubt, dies auch mit Worten äußert, aber in seinen Taten zu kurz kommt bzw. nachlässig ist, ist ein Frevler.[3]

Allamah Tabatabai differenziert Nifaq und Glaubensschwäche, ersteres ist, dass der Mensch etwas sagt, an das er selbst nicht glaubt und keine Taten folgen lässt, und letzteres ist, dass der Mensch etwas sagt, daran auch glaubt, aber aufgrund seiner Willensschwäche nicht nach seinem Glauben handelt.[4]

Die Bedeutsamkeit der Heuchler in der islamischen Geschichte

Laut Tafsir Nemuneh kam die Frage über Nifaq und die Heuchler im Islam erst nach der Auswanderung des Propheten (s.) nach Medina auf. In „Mekka“ stellten sich die Gegner offen gegen den Islam, aber mit der Machtergreifung der Muslime in Medina und der schwach gewordenen Feinde, mussten andere Pläne geschmiedet werden, um gegen den Propheten (s.) und die Muslime vorgehen zu können, so nahmen sie nur äußerlich den islamischen Glauben an und schlossen sich so den Reihen der Muslime an, während sie in Wirklichkeit den Glauben nicht angenommen hatten.[5]

Sure al-Munafiqun wurde bezüglich der Heuchler herabgesandt. In dieser Sure werden die Heuchler beschrieben und es wird über ihre vehemente Feindseligkeit gegenüber den Muslimen gesprochen. Auch wurde in dieser Sure dem Propheten (s.) befohlen, die Gefahr, die von den Heuchlern ausgeht zu vereiteln. [6] In der Sure at-Tauba gibt es mehrere Verse über die Heuchler.[7]

Allamah Tabatabai ist der Ansicht, man sollte anhand der Koranverse eine historische Analyse durchführen, um die Korruption und Verdorbenheit, welche diese in der islamischen Gesellschaft zustandebrachten offen zu legen.[8]

Persönlichkeiten bei den Heuchlern in der frühislamischen Zeit

In den historischen Überlieferungsquellen werden einige der Heuchler zu Beginn des Islam vorgestellt. Bei Maqrizi in dem Buch „Imta' al-Isma'“ werden die Heuchler der Stämme 'Aus' und 'Khazraj' vorgestellt und ihre Unternehmungen gegen den Islam und den Propheten (s.) erwähnt, wie Abdullah b. Ubaiy, der den Auswanderern mit der Vertreibung aus Medina drohte und Abdullah b. Uyaiyna, der seine Anhänger zur Ermordung des Propheten (s.) anspornte.[9]

Die Gefährten von Aqaba (Ashab al-Aqaba) zählen auch zu den Heuchler. Es war eine Gruppe von Gefährten, die auf dem Rückweg des Propheten (s.) von der Tabuk-Schlacht den Plan hatten, ihn zu töten, was ihnen jedoch nicht gelang.[10] Historiker und Sira-Schreiber geben die Zahl der Gefährten von Aqaba mit 12 bis 15 Personen an.[11] Einer Überlieferung von Imam al-Baqir (a.) zufolge bestand ihre Gruppe aus 12 Personen, acht davon waren von den Quraisch.[12] Scheich as-Saduq attestiert angesichts eines Hadithes, dass es 12 Umayyaden waren und 5 von anderen Stämmen.[13] as-Suyuti, sunnitischer Gelehrter, nennt die Namen der Ashab al-Aqaba, u.a. Sa'd b. Abi Sarh, Abu Hazir A'rabi, Julas b. Suwaid, Majma' b. Jaria, Mulaih Taimi, Husain b. Numair, Tu'aymat b. Ubairiq und Murrat b. Rabi'.[14]

Der Umgang des Propheten (s) mit den Heuchlern

Den Forschern zufolge lässt sich von der Gesamtheit der historischen Befunde über die Umgangsart des Propheten (s.) mit den Heuchlern erschliessen, dass er soweit wie nur möglich tolerant und vergebend mit ihnen umging.[15]

Der Prophet (s.) wusste von dem versteckten Unglauben der Heuchler und in vielen Fällen wurden sie im Koran sogar vorgestellt.[16] Mehrmals riet er jenen, die ihm vorschlugen die Heuchler zu töten, von solchen Unternehmungen abzusehen.(Quelle benötigt) Trotzalledem heißt es, dass die Vergebung und Toleranz des Propheten (s.) nicht dazu führte, dass er die islamische Gesellschaft auger Acht liess. Er beobachtete jede Bewegung der Heuchler, machte ihre Pläne unwirksam und wenn sie Gerüchte verbreiteten setzte der Prophet die Muslime bezüglich der Wahrheit darüber in Kenntnis. Allerdings handelte er in einigen wenigen Fällen auch offen und mit Härte gegenüber den Heuchlern, wie beispielsweise mit der Zerstörung der Zirar Moschee.[17]

Die Eigenschaften der Heuchler im Koran

Im Koran und in den Überlieferungen sind Eigenschaften und Zeichen der Heuchler angeführt. Nach Tafsir Nemuneh wurden in der Sure al-Munafiqun zehn Eigenschaften für die Heuchler angegeben. Verlogen, unwahre Schwüre, inkorrektes Verständnis bezüglich der Wahrheit, Schmeichelei, Hartnäckigkeit gegenüber wahrhaftigen Worten, misstrauisch, ängstlich vor jedem Ereignis, das Recht verspottend, Frevelei und Sünde, die Vorstellung alles zu besitzen, alles im Griff zu haben und die anderen abhängig von sich zu sehen, und letztendlich Hochmut und Verachtung der anderen.[18] Im Tafsir al-Mizan wird der Ausdruck „khuschubun musannadah“ für die Heuchler erwähnt, wie in der gleichnamigen Sure und gilt als Tadel für sie, "die obwohl sie schöne und lobenswerte Körper, eine süße und geschwätzige Zunge haben, so sind sie doch wie leblose an Mauern gestützte Hölzer und seelenlose Geister, in denen kein Segen und kein Vorteil existiert, denn ihnen fehlt das Verständnis.[19]

Muhammad Taqi Misbah Yazdi verweist auf die 194. Predigt der Nahj al-Balaqa und zählt folgende Eigenschaften auf :heimliche Handlungen der Heuchler, gepflegtes Äußeres aber innerer Schmutz, Misswollen für die Gläubigen und Opportunismus in ihren Beziehungen zu den anderen.[20]

Analyse der Verlogenheit der Heuchler

Der Koran zitiert die Worte der Heuchler wie folgt: sie bezeugten die Mission des Propheten (s.), er aber nannte sie Lügner,[21] d.h. der Prophet war definitiv der Gesandte Gottes, aber ein Heuchler bezeugt dessen Prophetentum, glaubt aber nicht an das was er sagt, ist also im Grunde ein Lügner bzw. Heuchler. Diese Verlogenheit der Heuchler betrifft nur das an was sie nicht glauben, ihr Zeugnis selbst über das Prophetentum Muhammads ist keine Lüge, nur das sie es aussprechen und nicht daran glauben ist eine Lüge.[22] Laut dem Verfasser des Tafsirs Nur ist Nifaq eigentlich eine praktische Lüge, also die Leugnung des Unglaubens und eine verlogene Äußerung des Glaubens.)[23]

Die seelische Verfassung des Heuchlers

Gemäß den Versen 17 bis 19 der Sure al-Baqara ist ein Heuchler wie jemand, der sich in einer blind machenden Finsternis befindet und er den Weg nicht erkennen kann. Er schaut umher und sucht nach Helligkeit, zündet dann ein Feuer an, Gott aber löscht ihr Feuer mit etwas wie Wind oder Regen aus und er taucht wieder in dieselbe Finsternis ein. Da der Heuchler nach Außen hin vom Glauben spricht, kommen ihm einige Vorteile der Religion zu, er erbt beispielsweise von den Gläubigen, kann sie heiraten etc., aber wenn der Tod zu ihm kommt, so nimmt ihm Gott sein Licht, erklärt das, was er als Religion umsetzte für ungültig und setzt ihn zwischen zwei Finsternisse, auf der einen Seite seine eigene Finsternis und auf der anderen Seite die Finsternis, welche seine Taten mit sich brachte. Ein Gleichnis besagt, der Heuchler gleicht jemandem, der von einem finsteren Regensturm heimgesucht wird, von angsteinflössenden Blitzen und Donnern, welches von allen Seiten herkommend ihn erschrecken wird, währenddessen er keine Zuflucht findet. In dieser Finsternis sieht er nicht einmal den Platz vor seinen Füßen und er vermag nichts zu erkennen, die Heftigkeit des Regensturms zwingt ihn zu fliehen, die Finsternis aber lässt es nicht zu, so dass er nicht einen Schritt vorwärts nehmen kann. Er will die Helligkeit der Blitze am Himmel nutzen, doch sobald er einen Schritt machen will, überkommt ihn wieder die Dunkelheit, in die er versinkt. Diese Gleichnisse zeigen, dass der Heuchler den Glauben nicht liebt, ihn nur gezwungenermaßen nach außen hin vorgibt, sein Herz und seine Zunge sind nicht eins, so kann er nicht den Weg des Lebens finden. So eine Person verfällt immer wieder in Fehler und Irrtümer, einen Schritt begleitet er die Muslime, aber dann bleibt er wieder stehen.[24]

Der Platz der Heuchler in der Hölle

Gemäß des Verses 145 der Sure an-Nisa befinden sich die Heuchler am auf dem untersten Grund des (Höllen)feuers. In diesem Vers wird das Ende der Heuchler erwähnt.[25] Laut Nasser Makarem Schirazi, schiitischer Koranexegete, ist Nifaq laut der Koranverse schlimmer als der Unglaube und die Heuchler, die von Gott entferntesten Geschöpfe.[26]


Fußnoten

  1. 1Tarihi, Majma’ al-Bahrain, 1416 n.H., B.5, S.241.
  2. Motahhari, Majmu’e Athar, 1390 n.i.S., B.25, S.206.
  3. Husaini Schah Abdulazimi, Tafsir athna ‘aschari, 1363 n.i.S., B.13, S.177; Qera’ati, Tafsir Nur, 1383 n.i.S., B.10, S.50.
  4. Tabatabai, al-Mizan fi Tafsir al-Qur’an, B.19, S.249.
  5. Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1374 n.i.S., B.24, S.146.
  6. Tabatabai, al-Mizan, 1417 n.H., B.19, S.278.
  7. Siehe: Qawidel, Munafeqan dar Quran.
  8. Tabatabai, al-Mizan, 1391 n.H., B.9, S.414.
  9. al-Maqrizi, Imta’ al-Isma’, 1420 n.H., B.14, S.343-364.
  10. al-Maqrizi, Imta’ al-Isma’, 1420 n.H., B.2, S.74.
  11. al-Waqidi, al-Maghazi, 1409 n.H., B.3, S.1044-1045; Ibn Kathir, al-Bidaya wa an-Nihaya, 1398 n.H., B.5, S.20.
  12. at-Tabrisi, Majma’ al-Bayan, 1372 n.i.S., B.5, S.79.
  13. Scheich as-Saduq, al-Khisal, 1362 n.i.S., B.2, S.398.
  14. as-Suyuti, ad-Durr al-Manthur, Daral-Fikr, B.4, S.243.
  15. Danesch, “Rasul Khoda wa Estradeji ischan dar barabar khat-e nefaq“, S.23.
  16. Danesch, “Rasul Khoda wa Estradeji ischan dar barabar khat-e nefaq“, S.23.
  17. Ja’farian, Tarikh-e siyasi Eslam, 1380 n.i.S., S.650; Danesch, “Rasul Khoda wa Estradeji ischan dar barabar khat-e nefaq“, S.21-22.
  18. Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1374 n.i.S., B.24, S.164.
  19. Tabatabai, al-Mizan, 1394 n.H., B.19, S.281.
  20. Misbah Yazdi, “Akhlaq Eslami”, S.4.
  21. Sure al-Munafiqin Vers 1.
  22. Tabatabai, al-Mizan fi Tafsir al-Quran, B.9, S.315, und 19 B., S.279.
  23. Qera’ati, Tafsir Nur, 1383 n.i.S., B.10, S.49.
  24. Tabatabai, Tarjome Tafsir al-Mizan, 1374 n.i.S., B.1, S.89.
  25. Makarem, al-Amthal fi Tafsir, 1421 n.H., B.3, S.505.
  26. Makarem, al-Amthal fi Tafsir, 1421 n.H., B.3, S.504.

Quellenverzeichnis

  • Ibn Kathir, al-Bidaya wa an-Nihaya, Beirut, Dar al-Fikr, 1398 n.H.
  • Ja'farian, Rasul, Tarikh Siyasi Eslam, Qom, Dalil-e Ma, 1380 n.i.S.
  • دانش، محمدقدیر، «رسول خدا(ص) و استراتژی ایشان در برابر خط نفاق»، مجله معرفت، شماره ۱۲۹، ۱۳۸۷ش.
  • as-Suyuti, Jalal ad-Din, ad-Durr al-Manthur fi at-Tafsir bilma'thur, Beirut, Dar al-Fikr, Bita.
  • Scheich as-Saduq, Muhammad b. Ali, al-Khisal, Korrektur: Ali Akbar Ghafari, Jame'e-ie Mudarrisin, Qom, 1362 n.i.S.
  • Tabatabai, Sayyid Muhammad Husain, al-Mizan fi Tafsir al-Quran, Qom, Entescharat Eslami, 1417 n.H.
  • Tabatabai, Sayyid Muhammad Husain, Tarjome-ie Tafsir al-Mizan, Qom, Daftar-e Entescharat Eslami, B.5, S.1374 n.i.S.
  • at-Tabrisi, Fazl b. Hasan, Majma' al-Bayan fi Tafsir al-Quran, Einleitung: Muhammad Jawad Balaghi, Naser Khosrow, Teheran, 1372 n.i.S.
  • Tarihi, Fakhr ad-Din, Majma' al-Bahrain, Forschung: Sayyid Ahmad Husaini, Teheran, Ketabforuschi Mortazawi, 1416 n.H.
  • Qawidel, Mostafa, Munafeqan dar Quran, Pasdar Eslam, Nr. 270, 1383 n.i.S.
  • Misbah Yazdi, Muhammad Taqi, “Akhlaq Islami”, Majale-ie Ma'refat, Nr. 4, 1372 n.i.S.
  • Motahhari, Morteza, Majmu'eh Athar, Teheran, Entescharat Sadra, 1390 n.i.S.
  • al-Maqrizi, Ahmad b. Ali, Imta' al-Asma' bimal lilnabi min al-ahwal wa al-amwal wa al-hafdat wa al-mita', Forschung Muhammad Abdulhamid an-Nasimi, Beirut, Dar al-Kutub al-Ilmiya, 1420 n.H.