Ahl az-Zikr Vers

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Ahl az-Zikr Vers (Arabisch: آية أهل الذكر), die Leute der Ermahnung oder as-Su'al Vers (Arabisch: آية السؤال) (Sure an-Nahl, Vers 43 und Sure al-Anbiya, Vers 7) lädt die Menschen zumal die Polytheisten dazu ein, die Kundigen bezüglich der Prophetie Muhammads (s.) zu befragen. Herabgesandt wurde der Vers als die Polytheisten Mekkas die Einladung des Propheten Muhammads (s.) ignorierten und meinten, Gott müsste aus den Reihen der Engel einen Gesandten auserwählt haben.

Nach den Koranexegeten sei mit Ahl az-Zikr in diesen Versen die jüdischen und christlichen Gelehrten gemeint oder die Kundigen über die Geschichte vergangener Völker, wobei mit "fragt" im zweiten Teil, das Fragen nach den Zeichen des Prophetentum Muhammads gemeint ist, welche auch in ihren Büchern vorhanden sind.

Exegeten beziehen sich hinsichtlich dieser beiden Verse auf zahlreiche Überlieferungen in schiitischen und sunnitischen Quellen und halten die Ahl al-Bait (a.) als klarste Übereinstimmung mit der Ahl az-Zikr, von denen die Gesetze der Religion und deren Interpretation zu erlernen ist.

In einigen Usuli-Büchern wurde die Beweisbarkeit von al-khabar al-wahid durch diesen Vers belegt.

Vers und Übersetzung

وَ مَا أَرْسَلْنَا مِن قَبْلِک إِلَّا رِجَالًا نُّوحِی إِلَیهِمْ فَاسْأَلُوا أَهْلَ الذِّکرِ إِن کنتُمْ لَا تَعْلَمُونَ

Und Wir haben vor dir nur Männer gesandt, denen Wir (Offenbarungen) eingegeben haben. So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wißt (Qur᾽ān: 16: 43)

Herabsendungsanlass

Von Ibn Abbas wurde überliefert, als Muhammad (s.) zum Propheten berufen wurde tat sich das Volk von Mekka damit schwer, woraufhin sie sein Prophetentum leugneten. Gott sei größer, als dass Er unter den Menschen einen Gesandten auserwählt, so die Ansicht der Polytheisten. Die Herabsendung dieses und des zweiten Verses der Sure Yunus (Ist es denn für die Menschen verwunderlich, daß Wir einem Mann von ihnen (als Offenbarung) eingegeben haben) diente als Antwort auf diese Behauptung.[1] Ebenfalls heißt es, dieser Vers sei auch eine Reaktion auf die Aussage der Polytheisten, weshalb der Gesandte Gottes kein Engel ist.[2]

Inhalt

at-Tabrisi hält, wie in seinem Tafsir Majma al-Bayan angegeben, den Anfang des Verses als Hinweis dafür, dass Gott seinen Gesandten aus den Menschen auserwählte, damit sie ihn sehen, mit ihm sprechen und seine Worte verstehen können, deshalb wäre es nicht richtig gewesen, statt eines Menschen, ein Engel als Propheten für die Vermittlung Seiner Botschaft zu beauftragen.[3]

Ähnlich sieht es auch Allamah Tabatabai, also als eine Angabe über die Modalität des Sendens von Gesandten, damit die Polytheisten verstehen, dass der Aufruf zur Religion ein normaler und gewöhnlicher ist, nur mit dem Unterschied, dass Gott den Tragenden dieser Einladung durch Offenbarung das, was zum diesseitigen und jenseitigen Wohl führt mitgegeben hat und keine unsichtbare Kraft vorhanden ist, die den Willen des Menschen aushebelt und sie dazu zwingt die Einladung ohne weiteres anzunehmen.[4] Obwohl der zweite Satz des Verses äußerlich gesehen, so Tabatabai, an den Propheten (s.) und sein Volk adressiert ist, so ist dieser jedoch an die Menschen allgemein gerichtet vorallem an die Polytheisten, auffordernd, wer die Wahrheit der prophetischen Mission Muhammads (s.) nicht anerkennen möchte, doch die Leute der Ermahnung darüber befragen soll.[5]

Makarem Shirazi sieht den zweiten Teil des Verses als Betonung und Bestätigung der Wahrheit an, dass es die Pflicht der Propheten ist, die Offenbarung den Menschen auf normale Art und Weise zu vermitteln und nicht, dass die Menschen durch eine übernatürliche Kraft und anhand Aushebelung der Naturgesetze dazu gezwungen werden, die Einladung anzunehmen, denn wenn es so wäre, wäre der Glauben ohne Würde und diene keiner Vervollkommnung mehr.[6]

Ahl az-Zikr, wer ist gemeint?

Im Zusammenhang mit dem Vers wurden von Koranexegeten über die Leute der Ermahnung und wen sie betreffen Überlegungen angestellt. Ihrer Ansicht nach sei, angesichts des Kontextes des Verses, mit den Leuten der Ermahnung Wissende gemeint, welche die größte Angehörigkeit und Gleichartigkeit mit Zikr (Koran, göttliche Schriften und ...) aufweisen. In den erwähnten Versen sind mit Leute der Ermahnung die jüdischen und christlichen Gelehrten [7] oder die Wissenden über die Nachrichten der vergangenen Nationen gemeint [8] und die Frage nach den Zeichen des Prophetentums, welche in ihren Büchern vorhanden sind.[9] Trotzdessen betrachten die Exegeten den Begriff Ahl az-Zikr als allgemein und beziehen auch andere Entsprechungen mit ein. Unter schiitischen und sunnitischen Exegeten gibt es bezüglich dessen, wer mit Ahl az-Zikr gemeint ist, zwei Meinungen:

Ahl al-Bait (a.)

Schiitische Koranexegeten sind unter Bezugnahme auf zahlreiche Überlieferungen[10] der Ansicht, dass ganz offensichtlich Ahl az-Zikr die Ahl al-Bait (a.) betrifft.[11] Einige Interpretationen der Sunniten stützen sich auf einen Teil von Überlieferungen, wie die Überlieferung von Ibn Abbas, die besagt, dass mit Ahl az-Zikr Muhammad, Ali, Fatima, al-Hasan und al-Husain gemeint sind.[12] al-Qurtubi und at-Tabari, sunnitische Koranexegeten, tradieren in Bezug auf Vers 7 der Sure al-Anbiya eine Überlieferung, die besagt, dass Ali als der Vers offenbart wurde sagte: „Wir sind die Ahl az-Zikr".[13]

Dazu gibt es in dem Buch Basa'ir ad-Darajat ein Kapitel namens „Über die Imame aus dem Haushalt von Muhammad – dass sie die Leute der Ermahnung sind, die Gott uns befohlen hat zu fragen.[14] al-Kulaini führt in al-Kafi ein Kapitel an mit dem Titel „Die Leute der Ermahnung sind die Imame, die Gott uns befohlen hat zu fragen“.[15] Auch al-Majlisi tradiert in einem Kapitel seines Buches Bihar al-Anwar namens „Sie (die Imame), Friede und Segen auf ihnen, sind die Ermahnung und die Leute der Ermahnung“, Überlieferungen, in denen die Imame der Schiitien als Ahl az-Zikr präsentiert werden.[16]

Diese Überlieferungen werden folgendermaßen erklärt: Die Imame meinten, als sie sagten, wir sind die Ahl az-Zikr, nicht die äußerliche Bedeutung des Verses, denn die Ungläubigen in Mekka würden niemals die Imame etwas fragen und wenn, so wären ihre Worte nicht maßgebend gewesen, genauso wie sie die Worte des Propheten (s.) ablehnten. Daher geht es in diesen Überlieferungen vielmehr um Gleichnisse, unter dem Motto, jedes muss von dessen Kundigen gefragt werden. Genauso wie man über das Menschsein der Propheten die Gelehrten vergangener Nationen befragen sollte, so müssten auch Fragen über die Interpretationen und die Rechtsurteile des Islam den unfehlbaren Imamen gestellt werden.[17]

Laut Makarem Schirazi steht die Annahme, dass die Ahl al-Bait die klarste Entsprechung für die Ahl az-Zikr ist nicht im Widerspruch zur Offenbarung dieses Verses über die Gelehrten der Leute der Schrift, denn in den Interpretationsüberlieferungen bezüglich des Koran wurde dies ständig wiederholt und es gibt bestimmte Entsprechungen, die die umfassende Bedeutung des Verses nicht einschränken.[18]

Gelehrte

Nach Najarzadegan deutet der Großteil der Exegeten unter Berücksichtigung des Kontextes des Verses Ahl az-Zikr auf die Leute der Schriften hin oder auf Wissende (Gelehrte).[19]

Ahl az-Zikr umfasst all jene, die wissender und kundiger sind. Diesen Vers betrachtet man auch als Verweis auf ein Rationalprinzip und allgemeines Urteil der Vernunft, welches von der Notwendigkeit des Zuwandes des Unwissenden an den Kundigen (im entsprechenden Bereich und Feld) abhängt und deshalb auch kein taabudi Befehl beinhaltet bzw. kein authorativen (mawlawi) imperativen.[20]

Sunnitische Koranexegeten führten 15 Bedeutungen für Ahl az-Zikr an,[21] die sich auf drei Gruppen beziehen: „Die Leute der Schrift im Allgemeinen (einschließlich aller Schriften außer der Tora und des Evangeliums) oder Leute des Buches in einem bestimmten Sinne (beschränkt auf die Tora und das Evangelium), Leute des Korans [22] oder Gelehrte aus dem Haushalt des Propheten.[23]

Rechtswissenschaftliche Anwendung: 'Zuverlässigkeit von Einzelmeldungen

In den Grundsätzen der Rechtswissenschaft wurde der Ahl az-Zikr-Vers als Beweis für die Zuverlässigkeit von al-Khabar al-Wahid (einzelnen Berichten) angeführt. Das Argument geht weiter: Wenn der Vers es zwingend vorschreibt, die „Leute der Ermahnung“ zu fragen, sollte dies auch für die Annahme ihrer Antworten bindend sein; andernfalls wäre die Verpflichtung zu fragen absurd.[24] Gegen diese Argumentation wurden Einwände erhoben. Zum Beispiel wandte Murtada al-Ansari ein, dass sich „Ahl al-Zikr“ in diesen Versen eher auf die Imame der Schiiten als auf Übermittler ihrer Hadithe bezieht.[25]

Fußnoten

  1. Mohaqqeq, Nemuneh Bayanat dar Scha’n Nuzul-e Ayat, 1361 n.i.S., S.481.
  2. Wahidi, Asbab Nuzul al-Quran, 1411 n.H., S.286.
  3. at-Tabrisi, Majma’ al-Bayan, 1371 n.i.S., B.6, S.557.
  4. Tabatabai, al-Mizan, 1390 n.H., B.12, S.256.
  5. Tabatabai, al-Mizan, 1390 n.H., B.12, S.257.
  6. Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1371 n.i.S., B.11, S.241.
  7. Abu Hayyan, al-Bahr al-Muhit, 1420 n.H., B.6, S.533; Tabatabai, al-Mizan, 1390 n.H., B.12, S.258; Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1371 n.i.S., B.11, S.244.
  8. at-Tabrisi, Majma’ al-Bayan, 1372 n.i.S., B.6, S.557; Tabatabai, al-Mizan, 1390 n.H., B.12, S.258; Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1371 n.i.S., B.11, S.244.
  9. Asqarpur Qaramaleki, „Ahl az-Zikr“, S.132.
  10. al-Kulaini, al-Kafi, 1407 n.H., B.1, S.210-211.
  11. al-Huwaizi, Nur ath-Thaqalain, 1415 n.H., B.3, S.55; Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1371 n.i.S., B.11, S.244.
  12. al-Hasakani, Schawahid at-Tanzil, 1411 n.H., B.1, S.432.
  13. al-Qurtubi, al-Jami’ li Ahkam al-Quran, 1364 n.i.S., B.11, S.272; at-Tabari, Jami’ al-Bayan, 1412 n.H., B.17, S.5.
  14. Safar Qummi, Basa’ir ad-Darajat, Bab 19.
  15. al-Kulaini, al-Kafi, 1407, B.1, S.303.
  16. al-Majlisi, Bihar al-Anwar, 1403 n.H., B.23, S.172.
  17. Scha’rani, Nathr Tuba, 1398 n.H., B.1,S.276.
  18. Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1371 n.i.S., B.11, S.244.
  19. Makarem Schirazi, Tafsir Nemuneh, 1371 n.i.S., B.11, S.244.
  20. Tabatabai, al-Mizan, 1390 n.H., B.12,S.259.
  21. Baschwi, “Naqd wa Barrasi Didgah Fariqain darbare-ie Ahl Zikr”, S.57.
  22. al-Qurtubi, al-Jami’ li Ahkam al-Quran, 1364 n.i.S., B.10, S.108.
  23. Ibn Kathir, Tafsir al-Quran al-Azim, 1419 n.H., B.4, S.492.
  24. Ansari, Fara’id al-Usul, 1416 n.H., B.1, S.132; Akhund Khorasani, Kifayat al-Usul, 1409 n.H., B.1, S.300.
  25. Ansari, Fara’id al-Usul, 1416 n.H., B.1, S.132.

Quellenverzeichnis


  • Ibn Kathir, Isma'il b. Umar, Tafsir al-Quran al-Azim, Forschung: Muhammad Husain Schams ad-Din, Beirut, Dar al-Kutub al-Ilmiya, 1. Auflg., 1419 n.H.
  • Abu Hayyan, Muhammad b. Yusuf, al-Bahr al-Muhit fi at-Tafsir, Beirut, Dar al-Fikr, 1420.
  • Akhund Khorasani, Muhammad Kazim, Kifayat al-Usul, Qom, Mo'asese-ie Al-I al-Bait, 1409 n.H.
  • Asqarpur Qaramaliki, Muhsin, “Ahl az-Zikr”, Da'irat al-Ma'aref-e Quran Karim, Qom, Bustan-e Ketab, 1383 n.i.S.
  • Ansari, Morteza, Fara'id al-Usul, Qom, Mo'asese-ie Naschr-e Eslami, 1416 n.H.
  • Baschwi, Muhammad Ya'qub, “Naqd wa Barrasi Didgah Fariqain darbare-ie Ahl Zikr”, Majale-ie Pajuheschnameh Hekmat wa Falsafe-ie Eslami, Qom, Jami'at al-Mustafa al-Alimiya, Nr. 7, Herbst 1382 n.i.S.
  • Hurr al-Amili, Muhammad b. Hasan, Wasa'il asch-Schi'a, Qom, Mu'asisa Al-i al-Bait li Ihya' at-Turath, 1414 n.H.
  • al-Hasakani, Ubaidullah b. Abdullah, Schawahid at-Tanzil li Qawa'id at-Tafzil, Teheran, Wezarat-e Farhang wa Erschad Eslami, 1411 n.H.
  • al-Huwaizi, Abd Ali b. Jum'a, Tafsir Nur ath-Thaqalain, Korrektur: Haschem Rasuli, Qom, Isma'iliyan, 1415 n.H.
  • Scha'rani, Abulhasan, Nathr-e Tuba, Teheran, Dar al-Kutub al-Islamiya, 1398 n.H.
  • Safar Qummi, Muhammad b. al-Hasan, Basa'ir ad-Darajat fi Faza'il Ali Muhammad s., Korrektur: Mirza Muhsin Kuche-ie Baghi Tabrizi, Qom, Entescharat-e Ketabkhane-ie Ayatullah al-Uzma Mar'aschi Najafi, 1404 n.H.
  • Tabatabai, Sayyid Muhammad Husain, al-Mizan fi Tafsir al-Quran, Beirut, Mu'asisat al-A'lami lil Matbu'at, 1390 n.H.
  • at-Tabrisi, Fazl b. Hasan, Majma' al-Bayan, Teheran, Naser Khosrow, 1372 n.i.S.
  • at-Tabari, Muhammad b. Jarir, Jami' li Ahkam, al-Quran, Beirut, Dar al-Ma'rifat, 1412 n.H.
  • al-Qurtubi, Muhammad b. Ahmad, al-Jami' li Ahkam al-Quran, Teheran, Naser Khosrow, 1364 n.H.
  • al-Kulaini, Muhammad b. Ya'qub, al-Kafi, Teheran Dar al-Kutub al-Islamiya, 1407 n.H.
  • al-Majlisi, Muhammad Baqir, Bihar al-Anwar, Beirut, Dar Ihya at-Turath al-Arabi, 1403 n.H.
  • Mohaqqeq Muhammad Baqir, Nemuneh Bayanat dar Scha'n-e Nuzul-e Ayat, Teheran, Eslami, 1361 n.i.S.
  • Makarem Schirazi, Naser, Tafsir Nemuneh, Teheran, Dar al-Kutub al-Islamiya, 1371 n.i.S.
  • Najarzadegan, Fathullah und Hadilu, Sumaiy-e, „Barrasi wa Arzyabi Wujuh-e Jam' Beyn Rewayat-e Ahl az-Zikr“, Majale-ie Ulum-e Hadith, Ausg. 65, Herbst 1391.
  • Wahidi, Ali b. Ahmad, Asbab Nuzul al-Quran, Forschung: Kamal Basiuni Zaghlul, Beirut, Dar al-Kutub al-Ilmiya, 1411 n.H.