Verse der Aufkündigung

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Verse der Aufkündigung (arabisch: آیات برائت/Ayat Bara’at) sind die ersten drei Verse der Sure at-Tauba, die die endgültigen Anordnungen über die Beziehung von Muslimen zu Polytheisten darlegen. Gott weist in diesen Versen seinen Propheten Muhammad und die Muslime an, ihren Hass auf Polytheisten zu offenbaren und von den Vereinbarungen zurückzutreten, die sie mit ihnen trafen und wenn sie nicht zum Islam konvertieren ihnen den Krieg zu erklären. Diese Verse wurden den Polytheisten von Imam Ali (a.) am Tag des Opferfestes übermittelt.

Koran-Exegeten zufolge erfolgte die einseitige Aufkündigung der Tribut-Vereinbarung mit den Polytheisten nicht ohne Vorwarnung. Verstöße gegen die Vereinbarung kamen vielmehr zuerst von Seiten der Polytheisten. Aus diesem Grund wurde diesen Versen zufolge der Pakt mit den Polytheisten, die die Vereinbarungen einhielten von den Muslimen bis zum Ende der Laufzeit respektiert. Auch wird gesagt, dass diese Vereinbarungen befristet waren.

Laut Muhammad Javad Mughniyeh liegt der Schwerpunkt der «Verse der Aufkündigung» auf den Zwang die Polytheisten der arabischen Halbinsel den Islam anzunehmen und diese Vorbereitung auf den Krieg steht nicht im Widerspruch zu der in anderen Versen genannten Glaubensfreiheit, weil die Polytheisten der arabischen Halbinsel ständig gegen ihre Vereinbarungen verstießen und somit die entstehende islamische Gesellschaft bedrohten. Daher war diese Anordnung nur gegen die Vertragsbrüchigen.

Text und Übersetzung

Die ersten drei Verse der Sure at-Tauba werden «Aufkündigungs-Verse» genannt.[1]

Ereignisse zur Offenbarung und Übermittlung der Verse

Die Aufkündigungs-Verse wurden am Ende des 9. Jahres des Mondkalenders und nach der Rückkehr der Muslime aus der Schlacht von Tabuk offenbart.[2] Der edle Prophet Muhammad (s.) wurde beauftragt im Monat Dhu al-Hijjah desselben Jahres den Polytheisten in Mekka während der Versammlung diese Verse zu überbringen.[3] Über den Grund der Offenbarung der Verse der Aufkündigung trotz der blutlosen Eroberung Mekkas durch die Muslime im 8. Jahr nach der Hijra ist zu sagen,[4] dass einige Stämme und Polytheisten sich dem Islam widersetzten[5] und die Polytheisten, die einen Pakt mit dem Propheten (s.) vereinbarten brachen diesen wiederholt.[6] Mit der Veränderung der Verhältnisse und der Ausbreitung des Islam[7] wurden diese Verse offenbart und die Existenz des Polytheismus als unerträglich angesehen.[8]

Über die Geschichte der Übermittlung dieser Verse an die Polytheisten wird sowohl in schiitischen als auch sunnitischen historischen und Überlieferungs-Quellen erwähnt, dass nach Offenbarung der ersten Verse der Sure at-Tauba der Prophet (Friede sei mit ihm) ) zunächst Abu Bakr bin Abi Quahafa sandt um den Leuten Mekkas die Botschaft dieser Verse zu überbringen. Aber nachdem Abu Bakr Medina verlassen hatte kam Erzengel Gabriel zum Propheten (s.) und sagte, dass nur der Prophet selbst oder jemand aus seiner Familie diese Verse den Polytheisten übermitteln darf. Diesem Befehl Gottes folgend schickte der Prophet (s.) Imam Ali (a.) Abu Bakr hinterher damit der Imam (a.) die Botschaft den Leuten Mekkas überbringt. Ahmad bin Abi Yaqub sagt in «Tarikh Yaqoubi», dass Ali (AS) am Nachmittag des Tages des Opferfestes (arabisch: Eid al-Adha) in Mekka ankam und unter den Menschen die Verse der Aufkündigung und die Botschaft des Propheten (SAS) rezitierte und sagte dann, dass von nun an niemand mehr nackt die Kaaba umrunden darf und kein Polytheist das Recht hat im nächsten Jahr die Kaaba zu besuchen. Laut Yaqoubi gab Ali (as) dem Volk danach Sicherheit und sagte, dass jeder von den Polytheisten, der einen Pakt mit dem Gesandten Gottes abschloss dieser vier Monate lang gültig sein wird und wer keinen Pakt hat eine Gnadenfrist von fünfzig Nächten gegeben wird.[10]

Inhalt

Muhammad Javad Mughniyeh sagt in «Tafsir al-Kashhif», dass die Aufkündigungs-Verse in der Sure at-Tauba offenbart wurden um die endgültigen Anordnungen der Beziehungen zwischen Muslimen und Polytheisten zu klären.[11] Laut den Koran-Exegeten befiehlt Gott in den ersten Versen der Sure at-Tauba seinem Propheten und den Muslimen ihren Hass auf Polytheisten und andere zu offenbaren. Die mit ihnen geschlossenen Vereinbarungen sollen aufgekündigt werden und wenn sie nicht zum Islam konvertieren ihnen den Krieg erklärt. Diese Warnung umfasste alle Polytheisten und sogar diejenigen, die ein Friedens- und Kompromissabkommen mit dem Propheten Gottes Muhammed (s.) unterzeichneten. Er kündigte an, dass sie eine viermonatigen Bedenkzeit haben um ihre Situation und Pflichten bezüglich der Konvertierung zum Islam haben und bei Ablehnung sich mit einem Krieg mit den Muslimen konfrontiert sehen.[12]

Grund der einseitigen Aufkündigung der Vereinbarung

Die Anordnung den Bund mit Polytheisten trotz der Betonung der Vertragstreue mittels den Aufkündigungs-Versen einseitig beenden wirft Fragen auf.[13] Seyyed Mohammad Hossein Tabatabai betrachtet den Vertragsbruch der Polytheisten als Grund für die Aufhebung ihres Schutzes und somit eine Erlaubnis für Muslime zum «Kampf um Gleiches», d.h. Aufkündigung der mit Polytheisten geschlossenen Pakte wegen deren Vertragsbruch.[14]

Gemäß Fazl bin Hasan Tabrisi in «Majma al-Bayan fi Tafsir al-Qur'an» hatte die einseitige Aufkündigung des Friedensvertrags durch den Propheten (s.) drei Gründe:

  • Friedensvertrag mit Polytheisten war lediglich vorübergehend
  • Bedingung des Nichterhalts einer Order Gottes
  • Vertragsbruch seitens der Polytheisten.[15]

Nasser Makarem Shirazi ist der Ansicht, dass die Aufhebung des Vertrags durch die Muslime nicht ohne Vorbereitung erfolgte, denn den Belegen zufolge war klar, dass die Polytheisten den Muslimen wenn sie könnten einen Schlag versetzt hätten und daher gegen die Vereinbarung verstoßen. Ihm zufolge besteht die Möglichkeit, dass Vereinbarungen, die einer Nation unter besonderen Umständen auferlegt werden gebrochen werden sobald sich die Machtverhältnisse ändern.[16] Koran-Exegeten zufolge ist die öffentliche Ankündigung der Aufkündigung des muslimischen Tributvertrages mit den Polytheisten im Zentrum ihrer Gemeinde in Mekka am Tag von Eid al-Adha sowie einer Frist von vier Monaten darüber nachzudenken für die Polytheisten nicht überraschend und dies ist ein Zeichen dafür, dass der Islam humane Prinzipien hat.[17] Laut Allameh Tabatabai verbat Gott den Muslimen mit diesem Befehl selbst in diesem extremen Ausmaß (ständiges Brechen der Vereinbarung seitens der Polytheisten) das Brechen von Verträgen.[18]

Grund des Zwangs zur Annahme des Islams

Bezüglich des Grundes Polytheisten zur Annahme der Religion des Islam zu zwingen wurde gesagt, dass die Religion, obwohl Verse wie Vers 256 der Sure Baqara den Zwang zur Annahme der Religion negieren. Der Islam führt die Menschen nur mit Weisheit und Vernunft zur Religion. Er ruft dazu auf aber zwingt niemanden die Religion anzunehmen. Aber manchmal erfordern die Interessen der islamischen Gesellschaft, dass Polytheisten unter bestimmten Umständen nicht anwesend sein dürfen weil durch sie in der Gesellschaft Schaden und Korruption entsteht. Laut Mohammed Javad Mughniyeh war die Order die Annahme des Islam zu erzwingen den Polytheisten der Arabischen Halbinsel vorbehalten, denn obwohl sie ein Friedensabkommen abschlossen schadeten sie der entstehenden islamischen Gesellschaft durch wiederholten Verstoß und so lautete Gottes Urteil über sie, dass sie hingerichtet werden wenn sie nicht zum Islam konvertieren.[19]

Respekt der Tributvereinbarung

Seyyed Mohammad Hossein Tabatabai unterscheidet unter Bezugnahme auf Vers 4 der Sure Tauba zwischen Ungläubigen, die sich an die Tributvereinbarung halten oder nicht. Wenn sie die Vereinbarung mit den Muslimen nicht brachen weder direkt noch indirekt sind sie von der allgemeinen Aufkündigung ausgenommen und Muslime müssen die Vereinbarung mit ihnen respektieren und den Tributvertrag bis zum vereinbarten Ende einhalten.[20] Seiner Ansicht nach hatten die meisten Polytheisten ihre Vereinbarung gebrochen und können somit nicht als vertrauenswürdig angesehen werden.[21]

Fußnoten

Quellenverzeichnis