Eroberung Mekkas

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Die Eroberung Mekkas im Jahre 8 n.H. zählt zu den wichtigsten Feldzügen (Ghazwas) des Propheten (s.). Mit der Einnahme Mekkas nahmen bis zum 10. Jahr n.H. die Stämme auf der Arabischen Halbinsel mehrheitlich den Islam an, was zu Vorherrschaft dieser Religion auf der Halbinsel führte. Der Feldzug ereignete sich als Reaktion auf die Verletzung des Friedensvertrages von Hudaibiya seitens des Quraisch-Stammes.

Muhammad (s.) gelang es, mit einer auf dem Prinzip des Überraschungsangriffs beruhender Strategie, Mekka ohne Blutvergiessen zu erobern. Der Prophet (s.) verkündete den Sieg durch seinen Ausruf „al-Yaum Yaum al-Marhama“ (Heute ist der Tag der Barmherzigkeit) und erließ eine allgemeine Amnestie, von der nur einige wenige Personen darunter Ikrama b. Abi Jahl, Safwan b. Umayya und Hind die Tochter von Utba ausgeschlossen wurden.

Laut einigen Berichten stieg Ali (a.) auf Vorschlag des Propheten (s.) auf seine Schultern und warf die Götzen zu Boden. Diese wurden dann am Bani Schaiba Eingang (einer der Eingänge der al-Haram Moschee) begraben. Auch schickte der Prophet (s.) Kräfte in die umgebenden Gebiete Mekkas zur Zerstörung der Götzentempel. Mit der Eroberung Mekkas wurden alle Verträge, Abkommen und Positionen bis auf die, welche die Verwahrung der Kaaba und die Bereitstellung von Wasser für die Hajj-Pilger beinhalteten aufgehoben.

Bedeutung des Ereignisses in der islamischen Geschichte

Die Eroberung von Mekka wird als eines der wichtigsten Ereignisse der frühislamischen Zeit befunden, das die Herrschaft der Polytheisten in Mekka beendete, woraufhin auf der Arabischen Halbinsel der Islam vorzuherrschen begann.[1] Nach der Eroberung Mekkas nahm der Großteil der arabischen Stämme bis zum 10. Jahr n.H. den Islam an, was in der vollständigen Entmachtung der Polytheisten mündete.[2] Muhammad Husain Tabatabai und Naser Makarem Schirazi, schiitische Koranexegeten, meinen, wenn die Sure an-Nasr mit der Eroberung von Mekka verbunden wird, so erschliesst sich, es stelle den größten Sieg des Propheten (s.) dar, da dieser den Polytheismus komplett aus der Arabischen Halbinsel verbannte und die Bewohner in Scharen den Islam annahmen.[3]

Der Prophet (s.) konnte Mekka ohne Blutvergiessen und Beschädigungen einnehmen.[4] Laut Seyyed Ja'far Schahidi, dem Autor des Buches „Analytische Geschichte des Islam“, illustriert das Verhalten des Propheten (s.) gegenüber den Mekkanern die Toleranz des Islam und den Edelmut des Propheten (s.) in den Augen der Gegner, insbesondere im Hinblick auf die zwanzig Jahre lange Verfolgung der Muslime durch die Quraisch, die daher vermutlich einen Racheakt des Propheten (s) fürchteten.[5]

Grund des Feldzuges

Hauptartikel: Friedensvertrag von Hudaibiya

Die Verletzung des Friedensvertrages von Hudaibiya seitens der Quraisch war der Hauptgrund, weswegen der Prophet (s.) nach Mekka zog und diese Stadt eroberte.[6] Im 6. Jahr n.H. schlossen die Muslime und die Polytheisten in der Region Hudaibiya ein zehnjähriges Abkommen.[7] Kurze Zeit später verbündete sich der Stamm der Bani Khuza'a mit den Muslimen und der Stamm der Bani Bakr jedoch mit den Quraisch.[8] In der Schlacht, die im 8. Jahr n.H. zwischen diesen beiden Stämmen stattfand, töteten die Quraischis einige aus dem Bani Khuza'a Stamm zugunsten der Bani Bakr,[9] wodurch der Friedensvertrag von Hudaybiyah verletzt wurde.[10] Obwohl Abu Sufyan sich persönlich zur Entschuldigung nach Medina begeben hatte, wurde sie nicht akzeptiert.[11] Eine Weile später zog der Prophet (s.) mit einer Armee von zehntausend Mann nach Mekka.[12]

Sieg der Muslime ohne Blutvergießen

Historikern zufolge konnte der Prophet (s.) mit seiner Strategie Mekka ohne Blutvergießen erobern.[13] Auf Befehl des Propheten (s.) verliess die muslimische Armee am 10. Ramadan im Jahre 8 n.H.,[14] das Prinzip der Überraschung einhaltend, bevor der Feind seine Verteidigungsposition einnehmen kann, Medina.[15] Das Hauptziel war nicht einmal der Islamischen Armee bekannt.[16] Bis die Armee Mar-az-Zahran (heute das Fatimah-Tal, 24 Kilometer von Mekka entfernt) erreichte,[17] wussten die Mekkaner und ihre Spione nichts über über den Feldzug der Muslime.[18]

Nachdem Abu Sufyan von der Präsenz der Islamischen Armee um Mekka herum erfahren hatte, brachte Abbas b. Abd al-Muttalib auf Befehl des Propheten (s.) Abu Sufyan an den Anfang eines Tals, dort sah er die große Anzahl der Muslime,[19] was jeglichen Gedanken an Widerstand bei ihm auslöschte, nur so konnte Mekka ohne Krieg erobert werden.[20] Abu Sufyan ging zum Propheten (s.) und nahm den Islam an.[21]

Einigen Berichten zufolge setzten sich die Muslime am 20. Ramadhan[22] mit der Parole „Nahnu Ibadullah haqqan haqqa“ (نَحْنُ عِبَادُ اللَّهِ حَقّاً حَقّا/Wir sind wahrlich die Diener Gottes) in Bewegung.[23] Die Historiker sind sich jedoch nicht einig darüber an welchem Tag die Muslime Mekka betraten, auch andere Tage des Monats Ramadhan wurden für dieses Ereignis aufgezeichnet.[24]

Der Prophet (s.) gewährte den in der Masjid al-Haram anwesenden Menschen, den Leuten im Hause von Abu Sufyan und denjenigen, die in ihren Häusern blieben Schutz.[25] Am Tag der Eroberung Mekkas wurde keiner der Muslime getötet, außer zwei namens Kurs b. Jabir[26] und Khunais b. Khalid Asch'ari[27] (oder Khalid Asch'ari),[28] die sich verirrt hatten. Diese beiden hatten einen anderen Weg genommen und wurden unterwegs von den Polytheisten getötet.[29]

Allgemeine Amnestie

Nach seinem Einzug in Mekka verkündete der Prophet (s.) eine allgemeine Amnestie[30] und befahl seinen Kommandeuren Gefechte und Blutvergießen zu unterlassen und sich nur gegen die zu wehren, die unbedingt kämpfen wollen.[31] Sa'd b. Ubada, der die Flagge der muslimischen Armee in den Händen hielt versetzte die Menschen in Mekka in Panik, als er sagte: „Heute ist der Tag der Rache.“[32] Sa'ds Worte kränkten den Propheten (s.),[33] deshalb nahm er ihm mit den Worten „Heute ist der Tag der Barmherzigkeit“[34] die Flagge aus der Hand und gab sie Imam Ali (a.)[35] oder dem Sohn von Sa'd.[36] Der Prophet (s.) nahm keine Mekkaner in Gefangenschaft, er nannte sie Tulaqa (Befreite) und ließ sie gehen.[37]

Auch Abu Sufyan gehörte zu den Tulaqa.[38] Einigen Forschern zufolge impliziert der Ausdruck etwas abwertendes, da die Mekkaner dem Propheten (s.) nur widerstrebend die Treue geschworen hatten.[39] Nach der Eroberung von Mekka hob der Prophet alle getroffenen Vereinbarungen, Verträge und Positionen auf, mit Ausnahme der Sidanat der Kaaba und der Siqayat al-Hajj.[40]

Von der Amnestie ausgeschlossen

Der Prophet (s.) nahm einige Menschen von der allgemeinen Amnestie aus und befahl sie zu töten, selbst wenn sie sich unter dem Vorhang der Kaaba verstecken würden.[41] In historischen Quellen variiert die Anzahl dieser Personen, man gibt bis zu zwanzig an.[42] Die Namen einiger von ihnen sind laut Seyyed Ja'far Morteza Aamili (Sahih-Buch Sirat al-Nabi al-'Azam) folgende:[43]

Männer

  • Ikrama b. Abi Jahl: Er floh vor der Ankunft der Muslime aus Mekka, seine Frau, die bereits zum Islam konvertiert war ging zum Propheten (s.) und erhielt für ihn Schutz.[44]
  • Safwan b. Umayya: Er floh aus Mekka, doch nachdem Umair b. Wahb Schutz für ihn erlangt hatte, kehrte er zum Propheten zurück. Er bat den Propheten (s.) ihm zwei Monate Zeit zu geben, um den Islam anzunehmen, was der Prophet (s.) auch akzeptierte. Einige Zeit später konvertierte er zum Islam.[45]
  • Abdullah b. Abisarh: Uthman b. Affan, sein Pflegebruder, erhielt einen Schutzbrief für ihn.[46]
  • Abdullah b. Khatal: Nachdem er zum Islam konvertiert war tötete er einen Muslim und wurde abtrünnig.[47] Nach der Eroberung von Mekka wurde er durch Muslime neben der Kaaba getötet.[48]
  • Muqais b. Sabatah: Er tötete einen der Muslime und wurde ein Abtrünniger. Namila b. Abdullah Kanani tötete ihn.[49]
  • Vahschi b. Harb: Er war der Mörder von Hamzah b. Abdul Muttalib, dem Onkel des Propheten (s.). Nach einiger Zeit kam er zum Propheten (s.) und wurde Muslim.[50]

Frauen

  • Hind, die Tochter von Utbah: Sie war die Mutter von Muawiya, die in der Schlacht von Uhud den Bauch von Hamza b. Abd al-Muttalib aufriss und in seine Leber biss. Sie bedeckte ihr Gesicht, gelobte dem Propheten (s.) zusammen mit anderen Frauen die Treue und nahm den Islam an.[51]
  • Sarah, die Sklavin von Amr b. Hischam: Sie war eine Spionin der Polytheisten, schon bevor sich die Islamische Armee in Bewegung setzte.[52] Sie wurde am Tag der Eroberung von Mekka getötet.[53]
  • Qaribah und Fartana, zwei Dienerinnen von Abdullah bin Khatal: Diese beiden Dienerinnen waren Sängerinnen, die den Propheten (s.) mit ihren Liedern verspotteten.[54] Qaribah wurde getötet, aber Fartana nahm den Islam an und lebte bis zur Zeit Uthmans.[55]

Zerbrechen der Götzen

Hauptartikel: Ereignis des Zerbrechens der Götzen

Einigen Berichten zufolge zerbrach der Prophet (s.) nach der Eroberung von Mekka die Götzen auf dem Dach der Kaaba.[56] Auf Anregung des Propheten (s.) stieg Ali (a.) auf die Schultern des Propheten (s.) und warf die Götzen herunter auf den Boden.[57]

Einigen Überlieferungen zufolge wurde, nachdem Imam Ali (a.) den Götzen Hubal (der größte und wichtigste Götze auf der al-Haram Moschee) oben von der Kaaba herabgeworfen hatte, diese Statue am Eingang von Bani Schaiba (einer der Eingänge der al-Haram Moschee) begraben.[58] Nach der Eroberung von Mekka sandte der Prophet (s.) Gruppen in die umliegende Umgebung Mekkas, um die Götzentempel zu zerstören.[59] Am Mittag des Tages der Eroberung von Mekka begab sich Bilal Habaschi auf Befehl des Propheten (s.) auf das Dach der Kaaba und rief von dort den Gebetsruf aus, was die Ungläubigen Mekkas äußerst kränkte.[60]

Fußnoten

  1. Komsari, «Dastawordhaye Siyasi Fath Mekka», S.116
  2. Ja'farian, Tarikh Siyasi Islam, S.200
  3. Tabatabaee, Al-Mizan, B.20, S.376; Makarim Schirazi, Tafsir Nemune, B.27, S.394
  4. Motahari, Majmue Athar, B.4, S.758
  5. Schahidi, Tarikh Tahlil Sadr Islam, S.101-102
  6. Ja'farian, Tarikh Siyasi Islam, S.199
  7. Ibn Hischam, Al-Sirah al-Nabawiyyah, B.2, S.317
  8. Ibn Hischam, Al-Sirah al-Nabawiyyah, B.2, S.318
  9. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.781-784
  10. Sobhani, Forugh Abadiyyat, S.787
  11. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.792
  12. Beihaghi, Dalail an-Nubuwwah, B.5, S.24
  13. Sobhani, Forugh Abadiyyat, S.786
  14. Ibn Hischam, Al-Sirah al-Nabawiyyah, B.2, S.399
  15. Sobhani, Forugh Abadiyyat, S.792
  16. Ameli, As-Sahih Men Sirat an-Nabi al-A'zam, B.21, S.223
  17. Baladi, Ma'alim al-Mekka at-Tarikhiyya al-Athariyya, S.25
  18. Tabari, Tarikh al-Tabari, B.3, S.50
  19. Ibn Hischam, Al-Sirah al-Nabawiyyah, B.2, S.403-404
  20. Khitab, As-Sarsul al-Qaid, S.337
  21. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.818
  22. Majlisi, Bihar al-Anwar, B.21, S.143
  23. Kulaini, Al-Kafi, B.5, S.47
  24. Ameli, As-Sahih Men Sirat an-Nabi al-A'zam, B.21, S.15-17
  25. Beihaghi, Dalail an-Nubuwwah, B.5, S.34
  26. Ibn Abd al-Birr, Al-Isti'ab, B.3, S.1310
  27. Ibn Athir, Usd al-Ghaba, B.1, S.612
  28. Miqrizi, Imta al-Isma', B.1, S.388
  29. Ibn Abd al-Birr, Al-Isti'ab, B.3, S.1310
  30. Sobhani, Forugh Abadiyyat, S.815
  31. Ayati, Tarikh Payambar Islam, S.460
  32. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.821
  33. Sobhani, Forugh Abadiyyat, S.814
  34. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.822
  35. Mofid, Al-Irschad, B.1, S.60
  36. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.822
  37. Himyari, Qurb al-Asnad, S.384
  38. Tabari, Tarikh al-Tabari, B.3, S.61
  39. Jawadi, «Tulaqa wa Naghsch-e Anan Dar Tarikh-e Islam», S.7
  40. Baladhuri, Ansab al-Aschraf, B.5, S.16
  41. Tabari, Tarikh al-Tabari, B.3, S.58
  42. Ameli, As-Sahih Men Sirat an-Nabi al-A'zam, B.23, S.9
  43. Ameli, As-Sahih Men Sirat an-Nabi al-A'zam, B.23, S.9-10
  44. Ibn Jauzi, Al-Montazam, B.4, S.155
  45. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.853-855
  46. Beihaghi, Dalail an-Nubuwwah, B.5, S.63
  47. Masoudi, Al-Tanbih wa Al-Ishraf, S.233
  48. Ibn Sa'd, Al-Tabaghat al-Kobra, B.7, S.259
  49. Baladhuri, Futuh al-Boldan, S.49-50
  50. Ibn Abd al-Birr, Al-Isti'ab, B.3, S.1564
  51. Diarbakri, Tarikh al-Khamis, B.2, S.94
  52. Baladhuri, Ansab al-Aschraf, B.1, S.354
  53. Waqidi, Al-Maghazi, B.2, S.860
  54. Ya'ghubi, Tarikh al-Ya'ghubi, B.2, S.60
  55. Salihi Schami, Sobol al-Hoda, B.5, S.225
  56. Ibn Tawus, At-Tara'if, B.1, S.80
  57. Ibn Schahr Aschub, Manaqib, B.2, S.135
  58. Saduq, Man La Yahzuruh al-Faqih, B.2, S.238
  59. Fayyaz, Tarikh Islam, S.98
  60. Qutb Rawandi, Al-Kharaij wa al-Jawarih, B.1, S.97-98

Quellenverzeichnis