As-Sadiqin Vers
Der as-Ṣādiqīn Vers (Arabisch: آیة الصادقين, Vers der Wahrhaftigen) (at-Tawba: 119) befiehlt den Gläubigen sich bei den Wahrhaftigen aufzuhalten und ihnen zu folgen. Muslimische Exegeten legten verschiedene Interpretationen über die Eigenschaften eines Wahrhaftigen vor und stützten sich dabei auf Quran-Verse, wie z.B. Scheich at-Tusi, welcher Vers 23 der Sure al-Ahzab als Vorlage nahm. Darin werden die Wahrhaftigen als diejenigen betrachtet, die in ihrem Bund mit Gott aufrichtig waren.
Es gibt Hadithe in schiitischen und sunnitischen Überlieferungsquellen, nach denen Ali b. Abi Talib als Beispiel für einen Wahrhaftigen erwähnt wurde, entweder er allein oder mit seinen Gefährten zusammen oder im Zusammenhang mit der Ahl al-Bait bzw. dem Propheten (s.) und seiner Ahl al-Bait. In vielen Hadithen werden alle von der Ahl al-Bait als die Wahrhaftigen vorgestellt.
'Allama al-Hilli nimmt den besagten Vers auch als einen Beweis für das Imamat von Imam Ali (a) und sieht ausschließlich die Unfehlbaren als die exemplaren Wahrhaftigen an. Nach Ansicht von Naser Makarem Schirazi bedeutet dieser Vers, dass man Muhammad (s.) und seiner Familie (a.) folgen soll. Auch Fakhr ar-Razi betrachtet den Vers als Nachweis für die Unfehlbarkeit eines Wahrhaftigen, fügt jedoch hinzu, dass das Beispiel des Wahrhaftigen eine „repräsentative Gesamtheit der Umma“ darstellt.
Text und Übersetzung des as-Sadiqin Verses
“ | يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا اتَّقُوا اللَّهَ وَكُونُوا مَعَ الصَّادِقِينَ
O ihr, die ihr glaubt, fürchtet Allah und seid mit den Wahrhaftigen! |
” |
— Sure Tauba, Vers 119 |
Bedeutung eines Wahrhaftigen und Beispiele dazu
Der Begriff "sadiqin" ist der Plural von "sadiq".[1] Laut Sayyid Muhammad Husain Tabatabai in seinem Werk Tafsir al-Mizan bezeichnet man eine Person, deren Glaube die Wirklichkeit widerspiegelt oder deren innere und äußere Identität harmoniert, als wahrhaftig.[2] Der sunnitische Kommentator Zamakhschari teilt die Ansicht, dass Wahrhaftigkeit in der Religion Gottes durch Glaube, Wort und Handeln zum Ausdruck kommt.[3]
Muslimische Exegeten sind sich jedoch nicht einig über die Merkmale der "Wahrhaftigen". In seinem Kommentar zu Majma' al-Bayan betont at-Tabrisi, dass die Wahrhaftigen die Eigenschaften besitzen, die in Vers 177 der Sure al-Baqara[Koran 1] erwähnt werden.[4]
Scheich at-Tusi betrachtet die Wahrhaftigen als diejenigen, die in Vers 23 der Sure al-Ahzab[Koran 2] beschrieben werden, d.h. es sind jene, die in ihrem Bund mit Gott ehrlich gehandelt haben.[5] Unter den sunnitischen Gelehrten hält al-Qurtubi die Auswanderer, die im achten Vers 8 der Sure al-Hashr[Koran 3] mit as-Sadiq bezeichnet werden für die Wahrhaftigen.[6]
In schiitischen und sunnitischen Büchern gibt es Hadithe, in denen Ali (a.) oder Ali (a.) zusammen mit seinen Gefährten oder Ali (a.) und seine Ahl al-Bait[7] oder Muhammad (s.) und seine Ahl al-Bait (a.) als die Wahrhaftigen wahrgenommen werden.[8] Gleichzeitig geben viele schiitische Hadithe die Ahl al-Bait (a.) als die Wahrhaftigen an.[9]
Bedeutung der Unfehlbarkeit und des Imamats der Wahrhaftigen
Verschiedene schiitische Gelehrte sind der Meinung, dass sich der as-Sadiqin Vers auf das Imamat und die Unfehlbarkeit von Imam Ali (a.) bezieht. 'Allama al-Hilli erläutert in seinem Kommentar zu den Ausführungen von al-Muhaqqiq at-Tusi, dass der Vers "Und seid mit den Wahrhaftigen" als ein Beweis für das Imamat von Ali (a.) aufzufassen sei und dass die Wahrhaftigen jene sind, deren Ehrlichkeit bekannt ist. Dies ist nur bei unfehlbaren Individuen gewährleistet, da die Wahrhaftigkeit einer fehlbaren Person nicht klar und deutlich erkennbar ist. Laut einhelliger Meinung der Muslime gibt es unter den Gefährten des Propheten (s.) niemanden außer Ali (a.), der diese Unfehlbarkeit besaß.[10]
Naser Makarem Schirazi, ein schiitisches Vorbild der Nachahmung und ein Exeget, sagte, dass die Bedeutung des Verses "Sei mit Muhammad und seiner Ahl al-Bait" ist, denn sollte ein Mensch nicht unfehlbar sein wie kann man dann befehlen ihm ohne jegliche Bedingung zu folgen und mit ihm Schritt zu halten?[11]
Unter den sunnitischen Gelehrten sah Fakhr ar-Razi den Vers als ein Beweis für die Unfehlbarkeit des Wahrhaftigen an und sagt, dass aus diesem Satz klar hervorgeht, dass Gläubige nicht unfehlbar sind und dass sie, um vor dem Irrtum sicher zu sein denen folgen müssen, die weit vom Irrtum entfernt und wahrhaftig sind.[12] Allerdings betrachtet er "die Summe der Umma" als Beispiel für einen Wahrhaftigen.[13]
Koranverse
- ↑ لَيْسَ الْبِرَّ أَنْ تُوَلُّوا وُجُوهَكُمْ قِبَلَ الْمَشْرِقِ وَالْمَغْرِبِ وَلَكِنَّ الْبِرَّ مَنْ آمَنَ بِاللَّهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ وَالْمَلَائِكَةِ وَالْكِتَابِ وَالنَّبِيِّينَ وَآتَى الْمَالَ عَلَى حُبِّهِ ذَوِي الْقُرْبَى وَالْيَتَامَى وَالْمَسَاكِينَ وَابْنَ السَّبِيلِ وَالسَّائِلِينَ وَفِي الرِّقَابِ وَأَقَامَ الصَّلَاةَ وَآتَى الزَّكَاةَ وَالْمُوفُونَ بِعَهْدِهِمْ إِذَا عَاهَدُوا وَالصَّابِرِينَ فِي الْبَأْسَاءِ وَالضَّرَّاءِ وَحِينَ الْبَأْسِ أُولَئِكَ الَّذِينَ صَدَقُوا وَأُولَئِكَ هُمُ الْمُتَّقُونَ (Nicht darin besteht die Güte, daß ihr eure Gesichter gegen Osten oder Westen wendet. Güte ist vielmehr, daß man an Allah, den Jüngsten Tag, die Engel, die Bücher und die Propheten glaubt und vom Besitz – obwohl man ihn liebt – der Verwandtschaft, den Waisen, den Armen, dem Sohn des Weges, den Bettlern und für (den Loskauf von) Sklaven hergibt, das Gebet verrichtet und die Abgabe entrichtet; und diejenigen, die ihre Verpflichtung einhalten, wenn sie eine eingegangen sind, und diejenigen, die standhaft bleiben in Not, Leid und in Kriegszeiten, das sind diejenigen, die wahrhaftig sind, und das sind die Gottesfürchtigen)
- ↑ مِنَ الْمُؤْمِنِينَ رِجَالٌ صَدَقُوا مَا عَاهَدُوا اللَّهَ عَلَيْهِ فَمِنْهُمْ مَنْ قَضَى نَحْبَهُ وَمِنْهُمْ مَنْ يَنْتَظِرُ وَمَا بَدَّلُوا تَبْدِيلًا (Unter den Gläubigen gibt es Männer, die das wahr gemacht haben, wozu sie sich Allah gegenüber verpflichteten. Unter ihnen gibt es manche, die ihr Gelübde erfüllt haben; und unter ihnen gibt es manche, die noch warten (müssen). Und sie haben keine Änderung vorgenommen)
- ↑ لِلْفُقَرَاءِ الْمُهَاجِرِينَ الَّذِينَ أُخْرِجُوا مِنْ دِيَارِهِمْ وَأَمْوَالِهِمْ يَبْتَغُونَ فَضْلًا مِنَ اللَّهِ وَرِضْوَانًا وَيَنْصُرُونَ اللَّهَ وَرَسُولَهُ أُولَئِكَ هُمُ الصَّادِقُونَ ((Das gehört) den armen Auswanderern, die aus ihren Wohnstätten und von ihrem Besitz vertrieben worden sind, weil sie nach Huld von Allah und Wohlgefallen trachten und Allah und Seinem Gesandten helfen. Das sind die Wahrhaftigen)
Fußnoten
- ↑ Jorjani, At-Ta'rifat, S.95
- ↑ Tabatabaee, Al-Mizan, B.9, S.402
- ↑ Zamakhschari, Al-Kaschaf, B.2, S.220
- ↑ Tabrisi, Majma al-Bayan, B.3, S.81
- ↑ Tusi, At-Tebyan, B.5, S.318
- ↑ Qurtubi, Al-Jame le-Ahkam al-Koran, B.8, S.288
- ↑ Soyuti, Ad-Dorr al-Manthur, B.4, S.287; Amodi, Qayat al-Maram, B.3, S.50-51; Amini, Al-Ghadir, B.2, S.306
- ↑ Hakim Haskani, Schawahid at-Tanzil, B.1, S.262
- ↑ Kulaini, Al-Kafi, B.1, S.208; Amodi, Qayat al-Maram, B.3, S.52
- ↑ Uilli, Kaschf al-Morad, S.503
- ↑ maaref.makarem.ir
- ↑ Fakhr Razi, Mafatih al-Ghaib, B.16, S.166
- ↑ Fakhr Razi, Mafatih al-Ghaib, B.16, S.166