Sunna

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Die Sunna (Arabisch: السنة) oder die Tradition bezieht sich auf die Worte, Taten und auf die Zustimmung des Propheten des Islams (s.) und nach schiitischem Glauben auch auf die der Imame. Die Sunna ist eines der Vier Argumente zum Beweis der Religionsgesetze und gilt nach dem Koran als die zweite Quelle des Idschtihad's (Rechtsfindung). Muslimische Gelehrte legen großen Wert auf die Sunna und leiten daraus viele islamische Rechtsgrundsätze ab.

Nach dem Konsens der Muslime ist die Sunna des Propheten des Islams maßgeblich. Begründet wird es u.a. damit, dass der Prophet (s.) unfehlbar ist. Daher ist alles, was von ihm herausgegeben wird gültig und ist zu befolgen. Dies ist auch der Grund warum im Koran dazu aufgefordert wird dem Propheten (s.) Folge zu leisten.

Nach Ansicht der Schiiten sind die Imame (a.) ebenso unfehlbar wie der Prophet (s.), dahingehend ist sie hier ebenso verbindlich. Darüber hinaus beziehen sich die Gelehrten auch auf Verse des Korans und auf Überlieferungen; Darunter auf den at-Tathir Vers (Reinheitsvers), der ihrer Ansicht nach die Unfehlbarkeit der Ahl al-Bait (a.) anzeigt; Ebenso der ath-Thaqalain Hadith, der befiehlt, der Ahl al-Bait zu folgen.

Definition und Stellung

Laut muslimischen Gelehrten ist die Sunna eine der Quellen für die Ableitung von Rechtsgrundsätzen.[1] Im Sunnitentum bedeutet Sunna Worte, Verhalten und Zustimmung des Propheten (s.),[2] im Schiitentum jedoch sind es Worte, Verhalten und die Zustimmung der Unfehlbaren.[3] Laut Muhammad Reza Mozafar liegt der Ursprung des Begriffs „Sunna“ in den Überlieferungen des Propheten (s.), in denen er seinen Anhängern befahl, seiner Sunna (Tradition) zu folgen.[4] Aus Sicht der Usulis wird die Frage über die Maßgeblichkeit der Sunna als eine Quelle für die Rechtsfindung im Bereich der Wissenschaft Usul al-Fiqh (Methodenlehre) diskutiert.[5]

Der Begriff „Tradition“ wird auch in der Rechtsliteratur verwendet, was sich geringfügig von seiner Bedeutung innerhalb der Methodenlehre unterscheidet (als eine der Quellen für die Rechtsfindung).[6] Beispielsweise werden hier Praktiken empfohlen im Gegensatz zu den Geboten. Die Nafila-Gebete, die empfohlen sind werden mit Sunna bezeichnet, während die Pflichtgebete demgegenüber „fariza“ (arabisch: فریضة) genannt werden.[7] Manchmal findet sie auch gegenüber Neuerungen Verwendung. Neuerung bedeutet, dass etwas der Religion zugeschrieben wird, obwohl es in Wirklichkeit nicht in ihr enthalten ist.[8]

Der Unterschied zwischen Sunna und Hadith

Die Sunna, was Aussagen, Taten und Zustimmung des Propheten oder allgemein der Unfehlbaren bedeutet wird durch die Hadithe überliefert; Manchmal werden die beiden Begriffe „Sunna“ und „Hadith“ synonym verwendet.[9]

Die Bedeutung und Maßgeblichkeit der Tradition

Nach dem Koran ist laut aller muslimischen Rechtsgelehrten die Sunna die zuverlässigste Quelle für die Ableitung der islamischen Rechtsurteile.[10] Viele der islamischen Rechtsurteile sind im Koran kurzgefasst, werden jedoch durch die Sunna ausführlicher dargestellt.[11] Muslimische Gelehrte betrachten die Sunna als einen der wesentlichen Bestandteile der Religion[12] und sagen, dass deren Leugnung und das Anzweifeln derselben den Austritt aus dem Islam bedeutet.[13] Sie betrachten die Sunna auch als Schlüssel zum Verständnis des Korans und sie glauben, dass es notwendig ist sich auf sie zu beziehen, um den Koran zu begreifen.[14]

Der Umfang der Tradition

Islamische Denkschulen unterscheiden sich folgenderweise: In der Zwölferschia-Denkschule wurden die unfehlbaren Imame (a.) von Gott durch den Propheten (s.) ernannt, um göttliche Verordnungen nach dem Propheten zu vermitteln und gelten daher als die Quelle der Gesetzgebung für die realen göttlichen Verordnungen.[15] So gesehen ist in dieser Religion neben der Sunna des Propheten (s.) auch die Sunna der Imame eine Autorität und zu befolgen.[16] Beim Sunnitentum umfasst die Sunna ausschließlich die Worte, das Verhalten und die Zustimmung des Propheten (s.).[17] Allerdings schreiben einige sunnitische Gelehrte, wie zum Beispiel Schatibi, auch der Sunna der Gefährten Autorität zu,[18] da ihrer Ansicht nach die Handlungen der Gefährten einer Tradition entsprachen, die bei ihnen festgelegt war, die uns aber nicht erreichte, oder diese ihrem Ijtihad entsprachen.[19]

Andere muslimische Konfessionen

Die Rechtsschulen der Abaziyya und Zaidiyyah gelten als der sunnitischen Rechtsprechung nahestehend, die sich auf die Sunna des Propheten als eine der Quellen für die Rechtsfindung stützen.[20] Zusätzlich zur prophetischen Sunna berücksichtigen die Abaziyyah aber auch die Worte und das Verhalten der Gefährten als Beweis.[21] Zusätzlich zur Sunna der Ahl al-Bait (a.) befolgen die Zaidiyya auch die Sunna der Gefährten als eine der Quellen für die Herleitung von Rechtsurteilen.[22]

Typen

Die Sunna wurde in drei Arten unterteilt: praktische, mündliche und schriftliche:[23]

Praktische Sunna

Eine Handlung, die der Prophet oder der Unfehlbare mit der Absicht ausführte ein islamisches Rechtsurteil zu erlassen, wie z. B. die rituelle Gebets-Waschung, das Pflichtgebet, die Durchführung der Hajj, dies wird mit praktische Sunna bezeichnet.[24] Dinge wie Signalisieren, Schreiben und Unterlassen einer Tat durch den Propheten oder einen anderen Unfehlbaren zählen ebenfalls zur praktischen Sunna.[25]

Wie aus der Tat des Propheten bzw. der Unfehlbaren Rechtsurteile abgeleitet werden gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Die Handlung des Propheten oder des unfehlbaren Imam ist mit Hinweisen begleitet, durch die klar hervorgehen welches Urteil der Prophet oder der unfehlbare Imam äußern will. Außerdem wird anhand dieser Beweise auch deutlich, ob diese Handlung obligatorisch, wünschenswert oder dergleichen ist.[26]
  • Der Handlung, die vom Propheten oder dem unfehlbaren Imam getätigt wurde, liegt kein Beweis bei, so dass nicht klar wird welches Urteil sie impliziert.[27] Hier gibt es mehrere Ansichten:[28] Einige sagen, dass sie die Verpflichtung dieser Handlung anzeigt.[29] Einige glauben, dass es nur darauf hinweist, dass sie wünschenswert ist[30] und laut der Ansichten anderer impliziert es keines dieser Möglichkeiten, lediglich werde nur verstanden, dass es für uns zulässig ist, es zu tun.[31]

Außerdem meinen die Usulis, dass, wenn die Handlung des Propheten oder des unfehlbaren Imams mit Hinweisen einhergeht, durch die offensichtlich wird, dass diese Handlung nur dem Propheten oder dem unfehlbaren Imam vorbehalten ist, wie etwa die Verpflichtung des Tahajjud für den Propheten, dann sei diese Handlung für andere Muslime nicht maßgeblich;[32] Wenn aber bei der Handlung des Propheten oder des unfehlbaren Imams nicht klar wird, ob diese nur ihnen vorbehalten ist oder alle Muslime miteinschließt gibt es Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Maßgeblichkeit dieser Handlung für den Rest der Muslime.[33] Einige sind der Meinung, dass ein solcher Akt nur ihnen vorbehalten sei, andere meinen, er sei für alle Muslime gültig und jeder könne ihn nachahmen.[34]

Die mündliche Sunna

Die Aussprüche des Propheten und der anderen Unfehlbaren gelten als mündliche Sunna.[35] Der größte Teil der Sunna umfasst die mündliche Sunna bzw. die Worte, die vom Propheten und den unfehlbaren Imamen überliefert wurden.[36]

Sunna basiert auf Zustimmung

Hauptartikel: Zustimmung des Unfehlbaren

Die Zustimmung des Propheten oder anderer Unfehlbarer betrifft ihr Schweigen hinsichtlich der Aussagen oder des Verhaltens anderer.[37] Es heißt, dass die Zustimmung des Unfehlbaren bzw. sein Schweigen die Richtigkeit einer Aussage oder eines Verhaltens bestätigt, das in seiner Anwesenheit getätigt wurde.[38] Mit der Begründung, dass der Unfehlbare verpflichtet ist einen Übeltäter daran zu hindern etwas Schlechtes zu tun, und wenn dieser unwissend ist ihm den richtigen Weg zu zeigen.[39]

Gründe für die Maßgeblichkeit und Autorität der Sunna

Muslimische Gelehrte beziehen sich um die Maßgeblichkeit der Sunna zu beweisen auf den Koran und den Konsens und führen auch rationale Argumente an. Zu den in diesem Zusammenhang herangezogenen Koranversen gehören auch diejenigen, die auf die Verpflichtung hinweisen dem Propheten zu gehorchen.[40] Bezüglich des Konsens wird gesagt, dass alle muslimischen Strömungen sich über die Authorität der Worte, Taten und Zustimmung des Propheten einig sind.[41] Das rationale Argument ist wie folgt: Es wurde in der Theologie bewiesen, dass der Prophet frei von Sünde, Irrtum und Nachlässigkeit ist; Daher sind seine Worte und Taten sowie seine Zustimmung maßgeblich und zuverlässig.[42] Zusätzlich zu diesen Argumenten liefern schiitische Gelehrte Beweise aus drei Quellen - Koran, Sunna des Propheten und Vernunft -, um die Gültigkeit der Sunna der unfehlbaren Imame zu beweisen:[43]

  • Koran: Gemäß dem Reinheitsvers (at-Tathir Vers) und des Ulu l-Amr Verses sind die Imame unfehlbar und daher ist ihre Sunna zuverlässig und zu befolgen.[44]
  • Sunna des Propheten: In dem Hadith ath-Thaqalain, der vom Propheten (mutawatir) überliefert wurde wird darauf verwiesen den Koran und die Ahl al-Bait gemeinsam zu befolgen, um nicht in die Irre zu gehen.[45]
  • Verstand: Das logische Kriterium für die Autorität der Sunna des Propheten ist seine Unfehlbarkeit. Andererseits wurde in der Theologie nachgewiesen, dass auch die Ahl al-Bait unfehlbar sind. Daher ist auch ihre Sunna authentisch.[46]

Fußnoten

  1. Schokani, Irschad al-Fohul, B.1, S.96; Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.178; Zargha, Al-Madkhal al-Fiqhi al-Am, B.1, S.76
  2. Schokani, Irschad al-Fohul, B.1, S.95
  3. Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.122; Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.178
  4. Siehe: Malik b. Anas, Al-Muwatta, B.2, S.899
  5. Akhund Khorasani, Kifayat al-Usul, B.1, S.22-24
  6. Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.179
  7. Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.179
  8. Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.180
  9. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.58
  10. Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.178
  11. Zargha, Al-Madkhal al-Fiqhi al-Am, B.1, S.76; Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.178
  12. Schokani, Irschad al-Fohul, B.1, S.97; Khezri Bek, Usul al-Fiqh, S.239
  13. Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.126
  14. Zargha, Al-Madkhal al-Fiqhi al-Am, B.1, S.75-76
  15. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.57
  16. Haschemi Golpayegani, Mabahith al-Alfaz, B.1, S.47
  17. Zargha, Al-Madkhal al-Fiqhi al-Am, B.1, S.75
  18. Schatebi, Al-Mowafighat, B.4, S.290-293; Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.122
  19. Schatebi, Al-Mowafighat, B.4, S.290
  20. Zargha, Al-Madkhal al-Fiqhi al-Am, B.1, S.191
  21. Harethi, Al-Ughud al-Fezziyya, S.2; Ziyaie, Fiqh Abazi, S.26
  22. Abu Zohreh, Al-Imam Zaid, S.233
  23. Jizani, Ma'alim Usul al-Fiqh, S.119; Zohaili, Usul al-Fiqh al-Islami, B.1, S.450
  24. Zohaili, Usul al-Fiqh al-Islami, B.1, S.450
  25. Ibn Najjar, Mokhtasar al-Tahrir, B.2, S.160-166
  26. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.59
  27. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.59
  28. Mirzaye Qommi, Al-Ghawanin, B.2, S.553
  29. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.59
  30. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.59
  31. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.59
  32. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.61
  33. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.61
  34. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.61
  35. Zohaili, Usul al-Fiqh al-Islami, B.1, S.450
  36. Abu Zohreh, Usul al-Fiqh, S.105
  37. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.61
  38. Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.61
  39. Schirwani, Tahrir Usul al-Fiqh, S.210-211; Mozafar, Usul al-Fiqh, B.2, S.61-62
  40. Sure Al Imaran, Vers 32; Sure Nisa, Vers 59; Sure Maida, Vers 92; Sure Anfal, Vers 20 und 46; Sure Noor, Vers 54; Sure Mohammad, Vers 32; Nimla, Al-Mohazzab, B.2, S.638
  41. Nimla, Al-Mohazzab, B.2, S.638
  42. Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.128; Nimla, Al-Mohazzab, B.2, S.638
  43. Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.148
  44. Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.149-159
  45. Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.164-167
  46. Bahrani, Al-Mu'jam al-Usuli, B.2, S.179; Hakim, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, S.187

Quellenverzeichnis

  • Abu Zohreh, Mohammad, Al-Imam Zaid, Cairo, Dar al-Fikr al-Arabi, 1425n.H
  • Abu Zohreh, Mohammad, Usul al-Fiqh, Damaskus, Dar al-Fikr al-Arabi
  • Akhund Khorasani, Mohammad Kazim, Kifayat al-Usul, Qom, Majma al-Fikr al-Islami, 1437n.H
  • Bahrani, Mohammad Sanghur, Al-Mu'jam al-Usuli, Qom, Itrat, 1426n.H
  • Hakim, Mohammad Taghi, Al-Usul al-Amma li-l-Fiqh al-Mogharen, Qom, Muassisa Al al-Bait, 1979
  • Harethi, Salim, Al-Ughud al-Fezziyya fi Usul al-Abaziyya, Oman
  • Haschemi Golpayegani, Haschim, Mabahith al-Alfaz: Taghrirat Dars Usul Ayatullah Sistani, Qom, Ismailian, 1441n.H
  • Ibn Najjar, Mohammad b. Ahmad, Mokhtasar al-Tahrir Scharh Kaukab al-Monir, Naschr Abikan, 1418n.H
  • Jizani, Mohammad b. Hossein, Ma'alim Usul al-Fiqh Ind Ahl al-Sunna wa al-Jama'a, Riad, Dar Ibn al-Jozi, 1429n.H
  • Khezri Bek, Mohammad, Usul al-Fiqh, Ägypten, Al-Maktaba al-Tijariyya al-Kobra, 1389n.H
  • Malik b. Anas, Al-Muwatta, Beirut, Dar Ihya al-Turath al-Arabi, 1406n.H
  • Mirzaye Qommi, Abulqasim, Al-Ghawanin al-Mohkama fi al-Usul, Qom, Ihya al-Kotob al-Islamiyya, 1430n.H
  • Mozafar, Mohammad Riza, Usul al-Fiqh, Qom, Naschr Danesch Islami, 1405n.H
  • Nimla, Abdulkarim, Al-Mohazzab fi Ilm Usul al-Fiqh al-Mogharen, Riad, Dar al-Naschr, 1420n.H
  • Schatebi, Ibrahim b. Musa, Al-Mowafighat, Intescharat Ibn Affan, 1417n.H
  • Schirwani, Ali, Tahrir Usul al-Fiqh, qom, Dar al-Ilm, 1385n.i.S
  • Schokani, Mohammad b. Ali, Irschad al-Fohul, Damaskus, Dar al-Kotob al-Arabi, 1419n.H
  • Zargha, Mostafa Ahmad, Al-Madkhal al-Fiqhi al-Am, Damaskus, Dar al-Qalam, 1418n.H
  • Ziyaie, Ali Akbar, Fiqh Abazi, Teheran, Intescharat Amin
  • Zohaili, Wahabah, Usul al-Fiqh al-Islami, Damaskus, Dar al-Fikr, 1406n.H